Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Band Stay Homas aus Barcelona: Alles wird kommen
> Ihre Coronahymne, ein Reggea, wurde mehr als eine Million Mal geklickt.
> Die WG-Band Stay Homas entstand während der Ausgangssperre.
Bild: Die Stay Homas: Klaus Stroink, Guillem Boltó, Rai Benet auf ihrer Dachte…
Auch schlechte Zeiten haben ihre Hymne: „Please stay homa, don’t want the
corona“, trällert halb Spanien im Reggae-Rhythmus. Es ist der „Confination
Song II“ – Spanisch-Englisch für „Ausgangssperrenlied II“. Das Stück …
wahrsten Sinne des Wortes hausgemacht. Es entstand in der Wohngemeinschaft
der drei Musiker Klaus Stroink, Guillem Boltó, Rai Benet in Barcelona, die
sich aus Studienzeiten an den beiden Musikhochschulen Barcelonas kennen.
Eine Gitarre, ein Putzeimer als Trommel, leere Flaschen für die
Perkussion, hin und wieder eine Trompete – das Ganze aufgenommen mit einem
Handy auf der Dachterrasse einer Wohnung über dem Eixample, dem
modernistischen Teil der katalanischen Hauptstadt.
## Jeden Tag ein Lied
„Alles begann bei einem Bierchen. Wir saßen rum und probierten an
verschiedenen Rhythmen und Melodien, um die Zeit totzuschlagen“, sagt Klaus
Stroink. Heraus kam „Confination-Song I“, ein Bossa nova. Es war der 14.
März, der erste Tag des Anti-Coronavirus-[1][Ausnahmezustands in Spanien].
„Wir schickten das Lied per WhatsApp an Freunde und Bekannte“, erinnert
sich der junge Deutschkatalane. Alle waren begeistert und wollten mehr.
„Wir nahmen die Herausforderung an. Jeden Tag ein Lied, solange wir nicht
hinauskönnen“, erklärt er.
Sie veröffentlichen ihre Werke im Netz. Jetzt, neun Wochen und 28 Songs
später, [2][sind die Stay Homas, wie sich die drei im Alter von 25 bis 28
Jahren nennen], weit über die Iberische Halbinsel hinaus bekannt.
Knapp 80.000 haben mittlerweile ihren Youtube-Kanal abonniert, [3][bei
Instagram sind es 385.000]. „Confination Song II“ wurde über eine Million
Mal geklickt. Eine besser aufgenommene Version gibt es bei Spotify unter
Regie einer internationalen Plattenlabels. Jeden Sonntag spielt Stay Homas
ein Onlinekonzert auf der Dachterrasse.
## Manu Chao kam als Gast
„Jetzt schreiben wir nur noch zwei oder drei die Woche“, erklärt Stroink.
Jeder Song bedient sich anderer Stilelemente. Auf Spanisch, Englisch,
Portugiesisch und Katalanisch singen sie über Sehnsucht, Liebe,
Freundschaft, die verlorene Freiheit. Gastmusiker werden per Handy
eingespielt. Rapper, Flamencomusiker, Reggae- und Soulsänger. „Entweder wir
suchen sie in unserem Umfeld, oder es sind Musiker, die von sich aus auf
uns zukommen“, sagt Stroink.
Der international wohl bekannteste Gast tritt in Nummer XXV auf. [4][Es ist
Manu Chao,] der selbst immer wieder längere Zeit in Barcelona verbringt.
„Ich kämpfe jeden Tag, um nicht unterzugehen, ich lache jeden Tag, um die
Würde zu behalten“, singt der einstige Frontmann von Mano Negra.
„Confination Song XXV“ entstand am Tag, [5][bevor erstmals wieder die
Kinder auf die Straße durften]. Es war der Beginn eines langsamen
Öffnungsprozesses, der Ende Juni in die „neue Normalität“ münden soll. �…
werden wir jetzt mit der Stille machen, wenn die Freiheitsglocke läutet?“,
fragen die drei von der Terrasse im Refrain.
## Ein Album entsteht
Sie machen sich Gedanken über ihre eigene Zukunft. Was wird aus Stay Homas
und was wird aus den beiden anderen Gruppen, in denen Klaus, Guillem und
Rai seit Jahren aktiv sind? „Auch wenn diese bei Weitem nicht so bekannt
sind wie Stay Homas, steckt da viel Arbeit drin und wir werden
weitermachen“, sagt Stroink.
Doch erst einmal wird Stay Homas im Herbst ein Album veröffentlichen. Es
soll „Confination Songs“ enthalten, aber auch neues Material. Derzeit
debattieren die drei, ob sie weiterhin nur mit minimaler Ausrüstung
musizieren oder mit weiteren Musikern richtige Arrangements umsetzen. „Es
hat seinen Reiz, mit ganz wenig ins Studio oder auf die Bühne zu gehen,
aber eine Gruppe mit Schlagzeug, Bass, Bläsern hat eine ganz andere
Wirkung“, so Stroink.
Er schaut derzeit gerne Videos des Bluesmusikers John Mayall. Auf einem
seiner bekanntesten Konzerte spielte er erst allein, dann zu dritt und zum
Schluss mit einer großen Band. „So ähnlich könnte ich mir Stay Homas
vorstellen“, sagt Stroink.
Die drei haben für Ende Juli ihr erstes Konzert in einem Theater in
Barcelona angekündigt. Es war binnen zehn Minuten ausverkauft. „Aber es
sieht derzeit nicht so aus, als könnte es tatsächlich stattfinden“, sagt
Stroink und kommt auf das größte Problem zu sprechen: „Als Musiker lebst
du hauptsächlich von Konzerten. Wir waren die Ersten, deren
Veranstaltungen abgesagt wurden, und wir werden sicher die Letzten sein,
die wieder normal arbeiten können. Von Likes und Klicks kannst du nicht
leben.“ Und Spaniens bekannteste Dachterrasse will bezahlt werden. Doch wie
singen Stay Homas? „Todo llegará.“ – „Alles wird kommen.“
19 May 2020
## LINKS
[1] /Corona-Notstand-auf-Iberischer-Halbinsel/!5671723
[2] https://www.youtube.com/channel/UC0PtwzSikWRnftscW9uI_Ug
[3] http://:%20https://bit.ly/Instagram-Stay-Homas
[4] /20-Jahren-Mestizo-Bewegung/!5476013
[5] /Spanien-lockert-Corona-Massnahmen/!5682682
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Musik
Barcelona
Shutdown
Konzert
Instagram
Musik
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Lesestück Interview
Alten- und Pflegeheime
Schwerpunkt Coronavirus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Manu Chaos neues Album: Du hast nur ein Leben
Plausch mit der Nachbarin statt Global Pop. Manu Chao kehrt nach 17 Jahren
mit dem Album „Viva Tu“ auf die große Bühne zurück.
Der spanische Christian Drosten: Wirres Haar, heisere Stimme
Fernando Simón ist mit verständlichen Erläuterungen rund um die Coronakrise
zur Kultfigur geworden. Das Antlitz des Virologen ziert sogar T-Shirts.
Coronamasken als Statements in Spanien: Rechte und linke Farben
Politische und kulturelle Kämpfe werden in Madrid mit Hilfe von
Mund-und-Nasenschutz ausgetragen. Das Design entscheidet über die
Zugehörigkeit.
Mel Marker von Shirley Holmes: „Lang lebe die Stromgitarre!“
Die Sängerin und Gitarristin über weibliche Role Models in der Rockmusik,
Musiker-Arbeit in Corona-Zeiten und das neue Album von Shirley Holmes.
Starorganist spielt vor Altenheimen: Kleine Fluchten in Spandau
US-Starorganist Cameron Carpenter gab Goodwill-Konzerte vor Berliner
Altenheimen. Insgesamt spielte der Musiker in rund 30 Seniorensitzen.
Spaniens Gesellschaft in der Coronakrise: Das Virus, die Stille, der Lärm
Spanier und andere Südeuropäer kollektivieren die Pandemie. Sie zeigen sich
der Welt mit Optimismus und Humor über die Balkone hinweg.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.