# taz.de -- Corona für freie Himmel: Keine Flieger über Tegel | |
> Meine Utopie: Ich will, dass es so bleibt. Und Nachtzüge durch ganz | |
> Europa fahren. Und der Staat keine Fluglinien oder Großveranstalter | |
> subventioniert. | |
Bild: Traumhaft? Mit dem Rad durch den menschenleeren Flughafen | |
Berlin taz | Spätestens mit Fridays for Future hat die bürgerlich-grüne | |
Reiseklientel entdeckt, dass Flugreisen ein Problem sind. Erstaunlich | |
dabei ist, dass 2019 – in dem Jahr, in dem streikende Schüler*innen Woche | |
für Woche gegen den Klimawandel demonstrierten – die Zahl der Auslandsflüge | |
um vier Prozent gegenüber den Vorjahreszahlen anstieg. Es lief alles weiter | |
wie bisher. | |
Nur dass bewusste Menschen jetzt mehr darüber sprachen, eigentlich nicht | |
mehr fliegen zu wollen. Aber es dann doch taten. Um noch mal Sonne zu | |
tanken. Oder weil es mit dem Auto so lange dauert. Und Bahnfahren nicht nur | |
teuer ist, sondern auch unbequem. Der Hauptgrund ist sicher, dass Fliegen | |
ein Garant für die große Freiheit ist, immer überall hinzukönnen, schnell, | |
bequem und günstig. Reisen sind ein Konsumgut, immer zugänglich und online | |
buchbar. | |
Über zwanzig Jahre lang arbeite ich schon in der Reisebranche. Seit es | |
Billigflieger gibt, also etwa seit der Jahrtausendwende, sind „Reise“ und | |
„Fliegen“ für viele Menschen nicht mehr hinterfragte Synonyme. Von Jahr zu | |
Jahr fragen Kund*innen seltener nach alternativen Anreisemöglichkeiten. | |
Dabei sollte Reisen viel mehr sein, als schnell und billig von A nach B zu | |
kommen. Ein besonderes Erlebnis, ein Ausgleich zum Alltag. Vielleicht sogar | |
ein Abenteuer. | |
Seit Beginn der Coronakrise erlebe ich den Beginn meiner persönlichen | |
Tourismusutopie: Es gibt kaum noch Flugverkehr. Als Touristikerin, die | |
jetzt Reisen absagt, statt zu planen. Aber auch privat. Denn ich wohne in | |
der [1][Einflugschneise von Berlin Tegel]. Alle ein bis zwei Minuten | |
donnerten sonst Flugzeuge über unser Haus. Jetzt meldet Tegel einen | |
Rückgang des Flugverkehrs um 95 Prozent. Bei uns zu Hause ist es so ruhig | |
wie noch nie. Die eingeschränkte Reisefreiheit ist für uns ein maximaler | |
Zugewinn an Lebensqualität. Ich möchte, dass es so bleibt. | |
## Ein europaweites Nachtzugnetz | |
Es ist an der Zeit, den Tourismus im Sinne des Klimaschutzes auch von | |
staatlicher Seite neu zu denken. Dann würden nicht Fluglinien oder die TUI | |
mit Milliardenkrediten subventioniert. Der Flugverkehr würde rasant | |
abnehmen, die verbleibenden Flüge würden massiv teurer, hohe | |
Klimaschutzabgaben obligatorisch. Dafür würde die Bahn endlich billiger und | |
es gäbe ein europaweites, gut ausgebautes Nachtzugnetz. In Deutschland | |
würde nicht nur in Schnellstrecken zwischen Ballungszentren investiert, | |
sondern auch Urlaubs- und Erholungsregionen wären bequem per Bahn | |
erreichbar. | |
In diesem Sommer können wir andere Urlaubsformen ausprobieren, weil wir | |
dazu gezwungen werden von einem Virus. | |
Sicher packt uns trotzdem hin und wieder das Fernweh. Aber vielleicht | |
merken wir auch, dass es nicht immer ans andere Ende der Welt gehen muss. | |
Vielleicht reichen auch ein paar Zug- oder Autostunden, um Neues zu | |
erleben. Und dann sehen wir eine Fernreise vielleicht auch wieder als ein | |
Abenteuer. Und Abenteuer bucht man nicht dreimal jährlich günstig im | |
Internet. | |
30 Apr 2020 | |
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[1] /Schliessung-des-Berliner-Flughafens/!5682201 | |
## AUTOREN | |
Gaby Coldewey | |
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