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# taz.de -- Italien und EU-Coronahilfe: Sieg im Hinspiel
> Die Regierung in Rom bezeichnet den Wiederaufbaufonds als Erfolg. Er sei
> ein erster Schritt zu einer gemeinsamen europäischen Schuldenaufnahme.
Bild: Drohte mit Veto: Italiens Premierminister Conte
Rom taz | „Das ist ein großer Sieg für uns. Italien kann stolz sein.“
Geradezu triumphal war der Ton, den am Donnerstagabend Riccardo Fraccaro,
Staatssekretär im Amt des Ministerpräsidenten, nach dem Ende des EU-Gipfels
anschlug.
Italien sei es gelungen, im [1][Rat der EU-Staats- und Regierungschefs]
durchzusetzen, dass die Union jetzt einen Recovery Fund, einen
Wiederaufbaufonds, auflegen will, um die ökonomischen und sozialen Folgen
der Coronakrise abzufedern. So heißt es aus den Reihen der beiden
wichtigsten Regierungsparteien, des Movimento5Stelle (M5S –
5-Sterne-Bewegung) unter Außenminister Luigi Di Maio und der gemäßigt
linken Partito Democratico (PD) unter Nicola Zingaretti.
Dabei war Ministerpräsident Giuseppe Conte noch mit der Drohung in die
Videoschalte des Europäischen Rates gegangen, er könne am Ende ein Veto
gegen die anstehenden Gipfelbeschlüsse einlegen, mit denen zunächst gut 500
Milliarden Euro über das Arbeitslosenprogramm Sure, die Europäische
Investitionsbank und den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)
lockergemacht werden sollten.
Vor allem der ESM stieß Italien – quer über alle Parteigrenzen – sauer au…
„Keinen guten Ruf“ genieße er im Land, brachte es Conte auf den Punkt, denn
der Stabilitätsmechanismus lässt an Griechenlandkrise und Troika denken.
## Harter Austeritätskurs
Auch das Versprechen aus Brüssel oder Berlin, diesmal solle auf die
„Konditionalität“, also auf harte Bedingungen für Kredite an Italien
verzichtet werden, stimmte die Regierung in Rom nicht gelassener. Denn, so
das Gegenargument, jene Konditionalität könne in ein paar Jahren wieder aus
der Schublade geholt werden, um Rom einen harten Austeritätskurs
aufzuerlegen. Hinzu komme, dass die bisher verabschiedeten europäischen
Mittel gegen die Coronakrise viel zu niedrig seien.
Conte machte daraus die Ansage, Italien werde die ESM-Mittel – ihm stehen
37 Milliarden Euro zu – gleich gar nicht nutzen. Eine echte europäische
Lösung könne nur auf den Wegen beschritten werden, die auch Frankreich und
Spanien einschlagen wollen. Die EU legt ein enormes Programm von über einer
Billion Euro auf, und sie finanziert es mit von der Kommission an den
Kapitalmärkten ausgegebenen Anleihen.
Statt nationaler also gemeinsame europäische Schuldenaufnahme: Das ist der
Kern. Den Grundsatzbeschluss zum Recovery Fund sieht Italien jetzt als
einen ersten Schritt, der noch vor wenigen Wochen – so sagte es Conte nach
dem [2][Gipfel] – unmöglich erschien, als die Töne zwischen dem Norden und
dem Süden Europas immer rauer wurden.
Jetzt hingegen feiert Italien das Gipfelergebnis als Erfolg. „Das Hinspiel“
habe das Land gewonnen, erklärte zum Beispiel Tiziana Beghin,
Europaabgeordnete der Fünf Sterne. Den Medien bleibt der Hinweis
überlassen, dass zentrale Punkte des Fonds noch gar nicht geklärt sind.
Vorneweg die Frage, ob er den EU-Staaten seinerseits Kredite gewährt, die
dann doch wieder auf den nationalen Schuldenstand durchschlagen, oder ob er
direkte Mittelzuweisungen vornimmt.
Berlin will die Ausgabe von Krediten. Italien, Frankreich und Spanien
setzen auf die Zuwendungen durch die Kommission. Doch selbst Beppe Grillo,
der M5S-Gründer, der noch vor wenigen Jahren eine ausgesprochen schlechte
Meinung von der EU hatte, kommentiert jetzt optimistisch: „Vielleicht fängt
Europa jetzt an, zur Gemeinschaft zu werden“.
24 Apr 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Michael Braun
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