| # taz.de -- EU-Krisentreffen zu Corona: Der Gipfel der Uneinigkeit | |
| > Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen beim Krisengipfel über einen | |
| > Wiederaufbau-Fonds beraten. Doch vieles ist ziemlich umstritten. | |
| Bild: „Puls of Europe“ in Berlin: Unterschriftensammlung für stärkere eur… | |
| Brüssel taz | Scheitert Europa an der Coronakrise? Kurz vor dem vierten | |
| virtuellen Krisengipfel am Donnerstag macht sich Papst Franziskus große | |
| Sorgen. „Lasst uns heute für Europa beten, damit es jene brüderliche | |
| Einheit erreicht, von der die Gründerväter der Europäischen Union geträumt | |
| haben“, sagte Franziskus am Mittwoch in seiner Frühmesse. | |
| Optimistisch gibt sich aber EU-Ratspräsident Charles Michel in Brüssel. Er | |
| hat eine „Roadmap for Recovery“ vorgelegt, die den Weg aus der Krise weisen | |
| soll. Darin enthalten ist nicht nur ein gigantischer neuer Hilfsfonds, | |
| sondern auch die Forderung, Europa müsse „strategische Autonomie“ in | |
| wichtigen Branchen erlangen. Kritische Infrastruktur, vor allem im | |
| Gesundheitswesen, müsse gestärkt werden, fordert Michel. Doch wie das | |
| gelingen kann, ist ebenso unklar wie die Finanzierung des Wiederaufbaus | |
| nach dem Ende der Coronakrise. Bisher versucht jedes EU-Land in | |
| Eigenregie, die medizinische Versorgung zu sichern und die Wirtschaft zu | |
| retten. | |
| Deutschland ist dabei besser aufgestellt als [1][Italien, Spanien oder | |
| Frankreich]. Die drei Krisenländer haben sich denn auch im Vorfeld des | |
| Videogipfels bemüht, solidarische Hilfe zu organisieren. Paris fordert | |
| einen Wiederaufbaufonds, [2][Rom will Coronabonds], und Madrid hat beide | |
| Vorschläge in einem Plan zusammengefasst. | |
| Der spanische Entwurf sieht ein 1,5 Billionen Euro schweres Notbudget vor, | |
| das sich auf den EU-Haushalt stützt. Die Finanzierung soll durch Anleihen | |
| mit unbegrenzter Laufzeit gesichert werden – sogenannte Recovery Bonds. Die | |
| Schulden würden also nicht abgetragen, nur die Zinsen müssten bezahlt | |
| werden. Aus Sicht vieler Ökonomen ist dies bisher der beste Plan – denn er | |
| würde die hohe Schuldenlast etwa in Italien nicht erhöhen und reiche Länder | |
| wie Deutschland nicht in direkte Haftung nehmen. Zudem sieht er dauerhafte | |
| Transfers an die Krisenländer vor – und nicht nur Kredite, wie im | |
| Hilfsprogramm der Eurogruppe. | |
| ## Widerstand der Nordeuropäer | |
| Doch beim Krisengipfel hat er (noch) keine Chance. Denn die Nordeuropäer | |
| sträuben sich gegen direkte Transfers an den Süden. Sie lehnen bisher auch | |
| einen größeren EU-Haushalt ab. Auch die Osteuropäer stehen auf der Bremse – | |
| sie fürchten, „ihre“ Subventionen zu verlieren. Demgegenüber nimmt | |
| Deutschland eine vermittelnde Rolle ein. | |
| Kanzlerin Angela Merkel hat sich für einen größeren EU-Haushalt | |
| ausgesprochen. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass er in den ersten | |
| Jahren nach der Pandemie ganz andere finanzielle Möglichkeiten haben muss.“ | |
| Auch der Idee von Anleihen, die durch das Budget abgesichert werden, steht | |
| Merkel offen gegenüber. Allzu weit vorwagen dürfte sich die Kanzlerin am | |
| Donnerstag aber noch nicht. | |
| Die Chefs wollten nichts überstürzen und zunächst die EU-Kommission | |
| beauftragen, einen Vorschlag auszuarbeiten, sagten EU-Diplomaten in | |
| Brüssel. Bis man sich einig werde, könne es noch einige Wochen dauern. Dazu | |
| sei „mindestens ein physisches Treffen nötig“, hieß es in Paris. Da das | |
| derzeit wegen Corona nicht möglich sei, hoffe man auf eine Einigung „um den | |
| Sommer herum“. | |
| Damit wächst die Wahrscheinlichkeit, dass die Entscheidung über | |
| Finanzhilfen erst unter deutschem EU-Vorsitz fällt, der am 1. Juli beginnt. | |
| Schon jetzt bereitet man sich in Berlin auf eine „Corona-Präsidentschaft“ | |
| vor. Sie könnte entscheidend werden, nicht nur für den Wiederaufbau, | |
| sondern für den Zusammenhalt der EU. „Deutschland kann es sich nicht | |
| leisten, dass andere Länder weniger gut durch die Krise kommen“, sagt die | |
| grüne Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner. „Das wäre gefährlich – | |
| nicht nur für die EU, sondern auch für Deutschland.“ Merkel habe die | |
| „besondere Verantwortung“, die Jobs der nächsten zehn Jahre zu sichern und | |
| den sozialen und ökologischen Umbau einzuleiten. | |
| 22 Apr 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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