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# taz.de -- Studieren in Corona-Krise: Die Sache mit dem Geld
> Die Uni hat wieder angefangen, doch die Coronakrise stellt viele
> Studierende vor existenzielle Nöte. Verbände fordern deshalb Entlastung
> und Hilfe.
Bild: Auch gesund: Studium in der Sonne und an der frischen Luft in Frankfurt a…
Berlin taz | Derzeit werden viele neue Begriffe für das Sommersemesters
erfunden, das gerade vielerorts im Schatten der [1][Coronakrise] begonnen
hat: Nichtsemester, Kreativitätssemester, Kannsemester – die Forderungen,
die bei den Begriffen mitschwingen, sind jedoch alle ähnlich: finanzielle
Unterstützung für Studierende, sowie eine faire Gestaltung des Semesters.
„Wir haben uns bewusst für den Begriff des Solidarsemesters entschieden“,
erklärt Leonie Ackermann, Vorsitzende des Zusammenschluss Freier
Student*innenschaften (fzs) mit Blick auf einen Forderungskatalog, den das
Bündnis Solidarsemester 2020 Anfang April vorgestellt hat. Das Bündnis, zu
dem auch der fzs gehört, ist ein bundesweiter Zusammenschluss studentischer
Organisationen. Ihr mehr als zehnseitiger Forderungskatalog richtet sich an
Bund, Länder und Hochschulen.
Geht es nach dem Bündnis, sollen Nachteils- und Härtefallregelungen für
Studierende ausgeweitet werden, die beispielsweise Sorgeverpflichtungen
nachgehen müsse. Prüfungsfristen sollen ausgesetzt und Prüfungsversuche im
Sommersemester als Freiversuche gewertet werden.
Solche Fragen der Semester- und Lehrgestaltung fallen in den
Kompetenzbereich der einzelnen Hochschulen. „Wir müssen unsere Forderungen
an jeder Hochschule vor Ort einzeln durchkämpfen“, sagt Ackermann. Ein Ziel
sei daher, möglichst viele lokale Studierendenvertretungen einzubeziehen,
damit diese die Forderungen gegenüber ihren Hochschulleitungen durchsetzen
können.
## Altbekannte Probleme
Das Konzept für die nun so wichtige digitale Lehre liegt ebenfalls in den
Händen der Hochschulen. Für gute E-Learning-Angebote dürfte vielerorts aber
weder Geld noch Personal ausreichen, fürchten die Studierenden: „Innerhalb
eines Systems, in dem die Hochschulen sowieso schon unterfinanziert sind,
wo ist da das Geld, um Lehrende auf e-learning umzuschulen?“, fragt
Ackermann.
Fehlendes Geld, befristete Verträge für Mitarbeiter*innen und mangelnde
technische Infrastruktur seien ohnehin altbekannte Probleme, auf die
Studierendenvertreter*innen schon seit langem hinweisen. „Manchmal ist es
traurig, wenn man recht hat“, so Ackermann.
Die größte Herausforderung, die auf viele Studierende zukommt, ist jedoch
schlicht die Frage nach dem Geld. Zwei Drittel der rund drei Millionen
Studierende in Deutschland haben einen Nebenjob. Für die Hälfte ist dieser
Nebenjob essentiell. Weil viele Stellen nun gestrichen werden steht eine
Million kurz davor, unter das finanzielle Existenzminimum zu rutschen.
„Anstatt uns am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen, müssen nun soziale
Sicherungsmaßnahmen gefunden werden“, fordert Nathalie Schäfer, Sprecherin
der GEW-Studis, einem Verband der Studentinnen und Studenten der
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.
## 3000 Euro direkt aufs Konto? Schön wärs
Sie fordert unbürokratische Soforthilfe, Zugang zum Arbeitslosengeld II
und, dass die Kriterien gelockert werden, nach denen entschieden wird, wer
staatliche Unterstützung durch das BAFöG-System bekommt und wer nicht. Nur
zwölf Prozent aller Studierenden erhalten derzeit BAFöG.
Das Bündnis „Soforthilfe für Studierende“ fordert in einer Petition an
Finanzministerium und Deutschen Bundestag gar direkt 3000 Euro Soforthilfe
für alle Studierende, die durch die Corona-Pandemie in finanzielle Notlagen
geraten sind und hat dafür bereits 50.000 Unterschriften gesammelt.
Bundesbildungsministerin [2][Anja Karliczek] (CDU) hat derweil durchaus
unbürokratische Finanzhilfen für Studierende angekündigt. Studierende, die
ihren Job verloren haben, sollen nach den Plänen ein zinsloses Darlehen
beantragen können. Karliczek lehnt es derzeit allerdings ab, das Bafög für
einen größeren Kreis von Studierenden zu öffnen.
„Darlehen sind aber immer noch Darlehen. Sie bedeuten, dass sich
Student*innen verschulden müssen, um Nahrung und Miete zu bezahlen“,
kritisiert Amanda Steinmaus, wie Leonie Ackermann im Vorstand des fzs.
Mindestens bei Bedürftigkeit müsse daher an die Studierenden auch direkt
Geld ausgezahlt werden.
Am Mittwochabend berät der Bundestag nun über die finanzielle Unterstützung
von Studierenden und Wissenschaft. Dazu haben sowohl die
Regierungskoalition als auch alle Oppositionsparteien Gesetzesentwürfe
eingebracht. Große Hoffnungen sollten sich die Studierenden jedoch eher
nicht machen.
Der Gesetzentwurf der GroKo sieht lediglich vor, Verträge für befristete
Stellen an den Unis zu verlängern. Außerdem sollen Studierenden, die in
sogenannten systemrelevanten Berufen tätig sind, ihr Gehalt nicht auf das
BAFöG angerechnet bekommen. Mehr nicht.
Dabei könnten BAföG-Gelder gerade jetzt schnelle Hilfe für Studierende in
Notlagen versprechen: Im letzten Jahr wurden mehr als 920 Millionen
BAföG-Mittel nicht abgerufen.
22 Apr 2020
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746/
[2] /Anja-Karliczek-ueber-die-Pisa-Studie/!5644657
## AUTOREN
Luisa Kuhn
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