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# taz.de -- Brennelemente für belgisches AKW: Widerspruch gegen Doel-Belieferu…
> Politisch kommt der angekündigte Exportstopp für deutsche Brennstäbe
> nicht voran. Jetzt versuchen es AktivistInnen auf juristischem Weg.
Bild: Proteste konnten die Exporte aus Lingen bisher nicht verhindern
Berlin taz | Dass das umstrittene Atomkraftwerk Doel in Belgien von der
Brennelementefabrik im emsländischen Lingen versorgt wird, sollte
eigentlich längst Vergangenheit sein. Im Koalitionsvertrag hatten Union und
SPD erklärt, sie wollten verhindern, „dass Kernbrennstoffe aus deutscher
Produktion in Anlagen im Ausland, deren Sicherheit aus deutscher Sicht
zweifelhaft ist, zum Einsatz kommen“.
Das SPD-geführte Bundesumweltministerium hat bereits den Entwurf für ein
Gesetz vorgelegt, das die Belieferung von Reaktoren verbietet, die näher
als 150 Kilometer an der deutschen Grenze liegen und älter als 30 Jahre
sind – was auf Doel und mehrere weitere Standorte zutreffen würde. Doch das
unionsgeführte Wirtschaftsministerium [1][blockiert das Gesetz] – alle
Einigungsversuche sind bisher gescheitert.
Darum will eine Gruppe von sechs AtomkraftgegnerInnen aus
Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen zusammen mit dem Verein „Stop
Tihange“ die Exporte nach Doel jetzt auf juristischem Weg stoppen. Am
Donnerstag legten sie beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
(BAFA) Widerspruch gegen die Ausfuhrgenehmigung ein, das das Amt vor einem
Monat erteilt hatte. „Der Genehmigungsbescheid ist rechtswidrig und
verletzt die Widerspruchsführer in ihren Rechten auf Leben, Gesundheit und
Eigentum“, heißt es zur Begründung in dem Schriftsatz, der der taz
vorliegt.
Im Widerspruch argumentiert die Umwelt-Rechtsanwältin Cornelia Ziehm, die
die AktivistInnen vertritt, dass vom AKW Doel nicht nur wegen seines Alters
von 45 Jahren eine besondere Gefahr ausgehe. Es sei zudem wiederholt zu
Pannen gekommen. Sowohl das oberste belgische Gericht als auch der
Europäische Gerichtshof hatten die Laufzeitverlängerung für das Uralt-AKW
[2][für rechtswidrig erklärt]. Zunächst weiterlaufen darf es nur, weil es
sonst angeblich zu einer Versorgungslücke komme – was die KritikerInnen
bestreiten.
## Mit Argumenten des Ministeriums gegen das Ministerium
Die Vorgabe des Atomgesetzes, dass exportierte Kernbrennstoffe „die innere
oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“ nicht gefährden
dürften, sei im Fall von Doel wegen der großen Gefahren, die von diesem
Reaktor ausgehen, nicht gegeben, schreibt Ziehm. Dass das das von Svenja
Schulze (SPD) geführte Umweltministerium den Transport trotzdem genehmigt
hat, finden die AtomkraftgegnerInnen unverständlich. „Damit ist Ministerin
Schulze für die Verlängerung des steigenden Risikos aus Doel maßgeblich
verantwortlich – genauso wie die Lingener Brennelementefabrik, deren
Schließung wir seit Jahren fordern“, sagte Alexander Vent vom Bündnis
„AtomkraftgegnerInnen im Emsland“, der zu den Widerspruch-Einlegenden
gehört.
Gleichzeitig werden im Widerspruch ausdrücklich Argumente des kritisierten
Umweltministeriums angeführt. Dies habe in seinem von der Union blockierten
Gesetzentwurf im Dezember das geplante Exportverbot mit der „Abwendung
möglicher radiologischer Risiken für die in Deutschland lebende
Bevölkerung“ begründet, heißt es. Zudem werde im Gesetzentwurf bestätigt,
dass „Kernkraftwerke dieses Alters ein veraltetes Anlagendesign und eine
Komponentenalterung und damit ein erhöhtes Risiko aufweisen“.
Die AktivistInnen gehen davon aus, dass der Widerspruch aufschiebende
Wirkung hat und der Transport damit zunächst nicht wie geplant stattfinden
kann. Sollte Sofortvollzug angeordnet oder der Widerspruch abgewiesen
werden, wollen sie weitere juristische Schritte bis hin zu einer Klage
gehen. Unterstützt werden sie dabei von mehreren regionalen und
überregionalen Anti-Atom-Initiativen und Umweltorganisationen.
Das Umweltministerium als atomrechtliche Aufsichtsbehörde des BAFA scheint
von einer gerichtlichen Auseinandersetzung auszugehen. Aber wirklich
unglücklich ist man dort über die Möglichkeit, dass die Exporte auf diese
Weise auch ohne Einigung mit der Union gestoppt werden könnten, offenbar
nicht. „Mit einem Widerspruch wird die rechtsstaatliche Möglichkeit
eröffnet, zu einer verbindlichen Klärung der Rechtslage durch die
Verwaltungsgerichte zu kommen“, sagte eine Ministeriumssprecherin am
Sonntag auf taz-Anfrage.
19 Apr 2020
## LINKS
[1] /Brennelemente-aus-Lingen/!5664617
[2] /Urteil-zu-belgischen-Atomkraftwerken/!5669891
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
Doel
Lingen
Anti-Atom-Bewegung
Brennelement
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Belgien
Jochen Flasbarth
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Urenco
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