| # taz.de -- Ostern im Heiligen Land zu Corona-Zeiten: Kein Pilger auf der Via D… | |
| > Das gab es noch nie: Zu Ostern ist Jerusalems Altstadt wie leergefegt. | |
| > Messen finden nur im Livestream statt. Bei unverzichtbaren Ritualen wird | |
| > improvisiert. | |
| Bild: Nichts los vor der verrammelten Tür der Grabeskirche | |
| TEL AVIV taz | Wo sich normalerweise am Ostersonntag Zehntausende von | |
| Pilgern versammeln, wird in diesem Jahr eine Grabesstille herrschen. Für | |
| Wadie Abunassar, den Vorsitzenden der Medienversammlung der katholischen | |
| Bischöfe des Heiligen Landes, ist es ein „historisches Tief“: „Dass sich… | |
| den Osterfeierlichkeiten keine Pilger in Jerusalem aufhalten – das gab es | |
| vielleicht noch nie. Selbst in Zeiten von Kriegen und anderen Krankheiten | |
| konnten Gebete im Rahmen einer großen Gemeinschaft stattfinden.“ | |
| Doch in diesem Jahr erschüttert das Corona-Virus die Welt und die Altstadt | |
| Jerusalems ist wie leergefegt. Sämtliche Prozessionen und Aktivitäten unter | |
| offenem Himmel sind abgesagt. Nicht ein einziger Pilger zieht mit langsamen | |
| Schritten über das Pflaster der Via Dolorosa und geht mit einem Holzkreuz | |
| auf dem Rücken den Leidensweg Christi nach. | |
| Israel hat bereits [1][früh drastische Maßnahmen gegen die Ausbreitung des | |
| Virus ergriffen]. Seit dem 18. März dürfen Ausländer außer mit | |
| Sondergenehmigung nicht mehr einreisen, und es landen so gut wie keine | |
| Passagierflugzeuge mehr. Schon Ende Februar musste die Grabeskirche im | |
| christlichen Viertel der Jerusalemer Altstadt ihre massive Holztür | |
| verschließen. Das letzte Mal war dies im Jahr 1350 der Fall, auf dem | |
| Höhepunkt der Pestepidemie. Die Karfreitagsgebete in der Grabeskirche, wo | |
| sich unter normalen Umständen die Pilger*innen auf die Füße treten würden, | |
| wurden lediglich von einer kleinen Gruppe Geistlicher abgehalten. | |
| Allerdings hatte es Diskussionen zwischen den Kirchenoberhäuptern und den | |
| israelischen Behörden um die Frage gegeben, ob die Osterfeierlichkeiten | |
| nicht doch stattfinden können. Generell gilt, dass Gebete in Gruppen nur | |
| mit behördlicher Sondergenehmigung erlaubt sind. Für die Klagemauer der | |
| Juden gibt es eine solche, zehn Personen dürfen dort mit ausreichendem | |
| Abstand gleichzeitig beten. | |
| „Wir können Prozessionen und Aktivitäten absagen oder verschieben. Doch die | |
| Gebete müssen stattfinden“, so Abunassar: „Mit Ostern können wir nicht | |
| scherzen. Es ist unser höchstes Fest.“ | |
| ## „Wir bringen Jerusalem zu den Menschen“ | |
| Das Österreichische Hospiz indes hat seine Osterfeierlichkeiten wie jedes | |
| Jahr autonom geplant. Das älteste christliche Gäste- und Pilgerhaus | |
| Jerusalems liegt direkt an der Via Dolorosa. Doch in Zeiten von Corona | |
| füllen nur Rektor Markus Bugnyár und die sogenannten Auslandszivis das Haus | |
| mit Leben. | |
| „Wir kennen Situationen, in denen das Gästehaus relativ leer ist, etwa in | |
| Kriegszeiten“, sagt Bugnyár gegenüber der taz: „Doch dass es ganz leer ist | |
| und niemand mehr rein kann, das ist schon eine neue Erfahrung.“ Die | |
| Ostermesse jedoch wird stattfinden. Bugnyár und die Zivis werden sich dafür | |
| am Ostersonntag auf der Dachterrasse des Hospiz versammeln. Der | |
| Gottesdienst wird live auf [2][Bugnyárs Facebookseite] übertragen: „Jetzt, | |
| wo Menschen nicht nach Jerusalem kommen können, bringen wir Jerusalem zu | |
| den Menschen.“ Die Aussicht von dort dürfte ausgesprochen ungewohnt sein, | |
| vermutlich historisch: Vielleicht noch nie in der gesamten Geschichte der | |
| Jerusalemer Altstadt werden ihre Gassen so leergefegt gewesen sein. | |
| Auch die Zeremonie des „Heiligen Feuers“ wird aller Voraussicht nach | |
| stattfinden. Das Ritual ist Teil der Osterfeierlichkeiten der sogenannten | |
| „Ostkirche“ und findet deshalb erst am kommenden Wochenende statt. Unter | |
| normalen Umständen würden dann schon am frühen Samstagmorgen Tausende | |
| Pilger*innen darauf warten, dass der griechisch-orthodoxe Patriarch von | |
| Jerusalem die kleine Kammer, die den Ort des Grabes Jesu markiert, betritt | |
| und einige Minuten später mit angezündeten Kerzen in der Hand wieder | |
| heraustritt. | |
| Das Feuer würde von Kerze zu Kerze und von Pilger*in zu Pilger*in | |
| weitergereicht und dann aus der Grabeskirche durch die Altstadt ins zehn | |
| Kilometer entfernte Bethlehem transportiert werden. Und würde von dort | |
| weiter fliegen zu orthodoxen Gemeinden in der ganzen Welt, nach Russland, | |
| Griechenland und in andere Länder. | |
| Aufgrund des Einreiseverbots für Ausländer*innen haben die orthodoxen | |
| Kirchenoberhäupter in diesem Jahr in Kooperation mit den israelischen | |
| Behörden und den orthodoxen Gemeinden in der Welt improvisiert: Laut | |
| Medienberichten werden zwar Flugzeuge aus verschiedenen Ländern auf dem | |
| Ben-Gurion-Airport landen, jedoch wird niemand die Maschinen verlassen – | |
| das Feuer wird zu den Fliegern gebracht, die dann umgehend wieder starten. | |
| Laut dem englischsprachigen [3][Nachrichtenportal The Sofia Globe] wurde | |
| allerdings der Flug eines Vertreters der bulgarischen orthodoxen Kirche mit | |
| einer bulgarischen Regierungsmaschine abgesagt. Das dafür benötigte Geld | |
| wird stattdessen in den Kampf gegen Covid-19 umgelenkt. | |
| 11 Apr 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Corona-Restriktionen-in-Israel/!5675774 | |
| [2] https://www.facebook.com/markusstephanbugnyar | |
| [3] https://sofiaglobe.com/2020/04/09/easter-2020-bulgarian-orthodox-churchs-fl… | |
| ## AUTOREN | |
| Judith Poppe | |
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