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# taz.de -- Kirchen öffnen wieder: Wasser, Wein und Viruzid
> Die ersten Bundeländer erlauben wieder Gottesdienste. Ausgerechnet das
> rot-rot-grün regierte Thüringen machte am Sonntag den Anfang.
Bild: Lichtblick: Im Erfurter Dom fanden am letzten Aprilsonntag die ersten Got…
Erfurt taz | Leere Weihwasserbecken, volle Desinfektionsspender. Wer an
diesem Sonntag die Treppen des Erfurter Doms erklimmt, bekreuzigt sich
nicht mit Weihwasser. Stattdessen weist eine Ordnerin auf die
Händedesinfektion hin – in Zeiten der Coronapandemie erlangt religiöse
Reinheit eine neue Bedeutung.
Im Erfurter Dom wurden am Sonntagmorgen erstmals wieder öffentliche
Gottesdienste gefeiert. Die Thüringer Landesregierung hatte die für Anfang
Mai geplanten Lockerungen der Coronabeschränkungen vorgezogen: Im Freistaat
sind nun Versammlungen mit 30 Menschen in geschlossenen Räumen und 50
Personen unter freiem Himmel erlaubt. Der nordrhein-westfälische
Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte am selben Tag ebenfalls
angekündigt, dass Gläubige ab dem 1. Mai wieder Gottesdienste feiern
dürften. Bayern und Brandenburg wollen dies ab dem 4. Mai wieder
ermöglichen.
Das Bistum Erfurt hat bereits vergangene Woche mit Bekanntwerden der
Coronalockerungen in Thüringen ein Schutzkonzept für die Feier von
öffentlichen Gottesdiensten veröffentlicht. Die Evangelische Kirche in
Deutschland (EKD) sowie die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) haben
ebenfalls Empfehlungen für die Gemeinden vorgelegt. Am Montag wird das
Coronakabinett darüber beraten.
Die Ordnerin kontrolliert am Eingang des Erfurter Doms die Namen aller
Besucher*innen. Wer am Gottesdienst teilnehmen will, musste sich vorab
telefonisch anmelden, damit die zulässige Höchstzahl von 30 nicht
überschritten wird.
## Eine Bank für jede*n
Die Besucher*innen können sich freuen: jede*r erhält eine Bankreihe für
sich. Merkblätter mit den einzuhaltenden Schutzmaßnahmen sind auf den
Sitzen verteilt. Auf den Gemeindegesang wird verzichtet, die Töne der Orgel
hallen dafür umso stärker in der leeren Kirche.
Reinhard Hauke, Erfurter Weihbischof, hält die Sonntagsmesse. Der
Altarbereich um ihn herum ist nahezu leer: Anwesend sind gemäß den Vorgaben
nur zwei Ministrant*innen, ein Lektor und ein Kantor. Neben der goldenen
Hostienschale steht ein Fläschchen Desinfektionsmittel. „Auf verschiedene
Riten müssen wir nun während des Gottesdienstes verzichten – andere müssen
wir neu einführen“, erzählt Hauke nach der Messe. Üblicherweise wäscht si…
der Priester während der Gabenbereitung symbolisch die Hände – ein Ritus
bei Gottesdiensten der römisch-katholischen Kirche. „Jetzt desinfiziere ich
meine Hände eben“, erklärt der Weihbischof lächelnd.
Üblicherweise kommen die Gläubigen für die heilige Kommunion zum Altar. An
diesem Sonntag läuft Hauke durch die Bankreihen, um die Hostien als Teil
der heiligen Kommunion an die Anwesenden zu verteilen – nach gründlicher
Handdesinfektion. Die Evangelische Kirche Deutschlands betont indes, dass
ein Gottesdienst auch ohne Abendmahl vollwertig sei.
## Eine freudige Überraschung
Für den Weihbischof war die Ankündigung der rot-rot-grünen Thüringer
Landesregierung eine freudige Überraschung: „Dafür sind wir sehr dankbar.“
Eigentlich hatte man sich darauf eingestellt, Gottesdienste erst wieder ab
dem 3. Mai öffentlich zu feiern. Trotzdem müsse man jetzt vorsichtig sein –
Gottesdienste seien derzeit nur unter Berücksichtigung entsprechender
Schutzkonzepte sinnvoll. Die Öffnung der Kirchen hält Hauke für
verhältnismäßig. Die Gemeinde in Erfurt sei ohnehin vergleichsweise jung.
„Wir gehen davon aus, dass die Menschen vernünftig sind und besonders
Gefährdete und Ältere zu Hause bleiben“, so Hauke. Dies ist auch guten
Gewissens möglich: Das für Katholik*innen geltende Gebot, am Sonntag zur
Kirche zu gehen, bleibt vorerst außer Kraft.
Mit überlaufenen Kirchen ist in Thüringen zunächst ohnehin nicht zu
rechnen. Über zwei Drittel der zwei Millionen Thüringer*innen sind
konfessionslos.
26 Apr 2020
## AUTOREN
Luisa Kuhn
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