| # taz.de -- Corona-Ausfälle von Kultur-Events: Trost Stream | |
| > In näherer Zukunft werden die meisten Festivals und Konzerte ausfallen. | |
| > Auch wenn es gerade Wichtigeres gibt: Darüber traurig zu sein ist | |
| > legitim. | |
| Bild: „United We Stream“: Berliner Clubs wissen sich einigermaßen zu helfen | |
| Wer Musik-Fan ist, muss sich derzeit ganz schön umstellen: Egal ob man auf | |
| klassischen Beethoven oder auf modernen Elektro steht, coronabedingt kann | |
| man seine Lieblingsmusik in nächster Zeit nur in seinen eigenen vier Wänden | |
| hören. Klangerlebnis Live ist nicht. Bis zum Herbst 2021 werde es keine | |
| Festivals oder Konzerte geben, vermutet sogar Ezekiel J. Emanuel, Professor | |
| für Gesundheitsmanagement an der University of Pennsylvania, in einem | |
| Interview mit der New York Times. | |
| Wie treffend seine Prognose ist, und ob sie auch für Deutschland gilt, kann | |
| man natürlich nicht wissen. Allerdings ist klar: Es wird noch einige Zeit | |
| des physischen Distanzierens verstreichen, bis Großveranstaltungen wie | |
| Konzerte wieder stattfinden können. | |
| Wer kein Musik-Fan ist, oder wem seine MP3s zu Hause reichen, mag sich | |
| fragen: Wen interessiert’s? Ob Günther und Gisela in die Elbphilharmonie | |
| können, mitten in einer Krise. Ob Annika und David dieses Jahr den LSD-Spaß | |
| auf der [1][Fusion] verpassen. Corona bedeutet, dass jederzeit jemand aus | |
| dem eigenen Umfeld oder gar man selbst infiziert werden kann. Sich dann | |
| über ausfallende Konzerte aufzuregen, erscheint zynisch. | |
| Trotzdem: Schade finden muss erlaubt sein. Kultur zu verpassen, seien es | |
| Konzerte oder auch Kino, Theater und Fußball, ist schmerzlich. Kultur ist | |
| eben kein Luxusgut, sondern ein essenzieller Teil des Lebens. Ausgleich und | |
| Eskapismus. Übrig bleiben gerade die auslaugende Arbeit und der tumbe | |
| Alltag, gestrichen werden Abwechslung und Zerstreuung. Wohin fliehen, wenn | |
| alles, was Spaß macht, nicht systemrelevant ist? | |
| ## Neue Intimität | |
| Wobei: Die Auftritte der Künstler*innen sind zwar abgesagt, die | |
| Künstler*innen sind aber immer noch da. Manche von ihnen nutzen diese Zeit, | |
| um ihre Kunst, oft sogar gratis, live zu streamen. Bei Wohnzimmerkonzerten | |
| und Lesungen gibt es nicht nur Kultur im Überfluss, sondern auch eine | |
| komplett neue Erfahrung. | |
| Die Künstler*innen stehen nicht wie gewöhnlich auf einer 50 Meter | |
| entfernten Bühne, sondern sitzen, wie die Zuschauer*innen auch, direkt vor | |
| dem Bildschirm. Alle Fans, die also bereit sind, Live-Kultur bis auf | |
| Weiteres aufzugeben, sind dafür sogar ein bisschen näher dran. | |
| 15 Apr 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Matej Snethlage | |
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