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# taz.de -- Medienrechte im Sport: Erst Krise, dann Boom
> Pay-TV-Sender haben Zahlungen für Sportmedienrechte ausgesetzt. Die Zäsur
> werden vor allem die Großklubs des Männerfußballs überleben.
Bild: Ein Publikum aus Pappe nennt man ein … Papplikum, richtig
Einen Einblick, wie TV-Sport ohne ZuschauerInnen aussehen könnte, hat
jüngst Taiwan gegeben: Dort ist vor einer Woche die Baseball-Saison
gestartet, und so platzierte das Team der Rakuten Monkeys im Stadion Fans
aus Pappe (inklusive aufgedruckter Masken) und Schaufensterpuppen mit
Jubelschildern. Für alle FreundInnen unabhängiger Kurvenkultur mutete diese
unfreiwillige Symbolik des kapitalistisch überformten Sports eher gruselig
an. Die Cheerleaderinnen trugen Masken mit aufgedrucktem Grinsen. The show
must go on.
Auf über 50 Milliarden US-Dollar wurde 2019 der Wert globaler
Sportmedienrechte geschätzt, fast die Hälfte dieser Einnahmen kassiert der
(Männer-)Fußball. [1][Vor allem dort sind Geisterspiele] trotz der Proteste
wohl eher eine Frage des Wann als des Ob.
Der Bezahlsender Dazn hat Zahlungen ausgesetzt und Kurzarbeit angemeldet,
ebenso zahlen in Frankreich derzeit Canal Plus und der katarische Sender
beIN Sports nicht mehr, wohingegen Sky angeblich die letzte Rate an die
Männerfußball-Bundesliga zahlen will. Mehrere Sender sollen substanziell
AbonnentInnen verlieren. Ist die Krise eine Zäsur für den überhitzten Markt
für Sportmedienrechte? Mancher glaubt: eher eine Delle.
Viel hängt von der Dauer der Zwangspause ab. Wenn man sich in der Branche
umhört, lässt sich schließen, dass eine Pause bis Mai oder Juni wohl
verkraftbar wäre, bei noch längerer Unterbrechung könnte es für manchen
Anbieter existenziell werden. „Ich glaube, an der Struktur der Player wird
sich durch Corona nicht viel ändern“, sagt dennoch etwa Michael Schaffrath
von der Sportfakultät der TU München. „Schon vorher hat Amazon deutliches
Interesse am Fußballmarkt signalisiert und kann mit seinen Finanzmitteln
alle bisherigen Player verdrängen. Für Sky und Dazn könnte es dann eng
werden.“
## E-Sport profitiert in der Krise
Er entwirft eine Zukunft, in der der Fan via Amazon während der Übertragung
gleich den Fußballschuh zum Kauf angeboten bekommt. Weil Amazon eher von
der Krise profitiert, könnte sich eine solche Entwicklung beschleunigen.
Sebastian Uhrich von der Deutschen Sporthochschule Köln erwartet ebenfalls
höchstens Verschiebungen, keine substanziellen Veränderungen. „Wenn sich
die Dinge nicht noch sehr negativ entwickeln, schätze ich, dass über Corona
in der Sportwelt in einigen Jahren niemand mehr spricht.“
Überschätzt die Öffentlichkeit derzeit die Wirkung aufs System? Oder
unterschätzt die Branche die langfristigen Effekte? Einer der wenigen
Krisenprofiteure ist der E-Sport, der in vielen Sportarten als Ersatz
praktiziert wird. „Dies hat womöglich einige Prozesse, die es aber auch
ohne Corona gegeben hätte, beschleunigt“, so Daniel von Busse, Mitglied der
Geschäftsleitung bei Sport1. Corona als Katalysator.
Lokale Fans wiederum verlieren in einem nur noch medial übertragenen Sport
an politischer Macht, und gewinnen zugleich an Bedeutung als Teil der
Inszenierung. Uhrich sieht sie eher als Gewinner: „Geisterspiele könnten
das Bewusstsein schärfen, wie wichtig lokale Fankultur ist.“
## Ein gestärktes System
Eine Geisteraustragung würde wohl zunächst trotz der Proteste hohe
Einschaltquoten verzeichnen, die Loyalität zum eigenen Klub ist groß. Ein
länger andauernder Zustand mit einer Saison 2020/21 ohne lokale
ZuschauerInnen dagegen könnte einiges TV-Publikum vergraulen. Und
Sportarten, die finanziell von Stadionpublikum abhängen, vor heftige
Probleme stellen.
Die Preise für Sportmedienrechte dürften kurzfristig sinken.
„Möglicherweise gibt es auch ein anderes Finanzgebaren in Richtung größerer
Solidität und Seriosität“, so Schaffrath. „Aber solange das Publikum den
Fernseher anschaltet, wird sich an der Kommerzialisierung nichts gravierend
ändern.“
Zuletzt gab es etwa auf dem heimischen Fußballmarkt Sättigungstendenzen.
Gerade externe Krisen aber wirken eher systemstärkend: Nach dem Ersten und
Zweiten Weltkrieg erlebte der Männerfußball jeweils einen großen Boom.
20 Apr 2020
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## AUTOREN
Alina Schwermer
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