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# taz.de -- Fokus der Sportberichterstattung: Immer wieder Fußball
> In der medialen Wahrnehmung gibt es einen klaren Pandemie-Sieger: den
> europäischen Männerfußball. Verdient der Rest kein Mitleid?
Bild: Durchwursteln in Zeiten von Corona: Kenias Speerwerfer Julius Yego jobbt …
Besonders hart ist die Situation für die afrikanischen Sportler, die nicht
noch zusätzlich arbeiten gehen, sondern sich nur auf ihre Disziplin
konzentriert haben“, so sagte es Anfang April der kenianische Speerwerfer
und Olympia-Silbermedaillengewinner [1][Julius Yego] der Deutschen Welle.
„Es gibt kein Geld von irgendwo her. Für mich ist es etwas einfacher, da
ich nebenher noch arbeite.“ Auffällig war, dass man in den vergangenen
Wochen selten etwas gehört hat von Leuten wie Yego. Selten von
Speerwerfern, und seltener noch von solchen, die außerhalb der Breiten
zwischen Mittelmeer und Nordsee normalerweise ihrem Broterwerb nachgehen.
Denn derzeit regiert, mehr noch als sonst: [2][Fußball, Fußball, Fußball].
Wobei, ganz richtig ist das nicht, also präziser: europäischer
Männerfußball – wie schlimm es denen geht ohne Fernsehgelder, und ob nicht
endlich doch Geisterspiele kommen, und welcher Viertligist als erstes
Pleite gehen könnte. Das muss man nicht karikieren, viele Klubs sind
tatsächlich akut bedroht – in der Regel weil, nun ja, der Fußball mit
vollen Händen ausgibt, was er auch ohne Krise gerade so oder nicht mal hat,
er ist ein Gambling-Modell. Aber gab es da nicht mal anderen Sport?
Wer hat, dem wird gegeben, das gilt während der Corona-Pandemie auch
medial: Wer hat, dem wird Corona-Beileid gespendet. Wann war eigentlich die
letzte Reportage über Männer-Eishockey-Klubs zu lesen, deren Saison schon
abgebrochen wurde? Klubs, bei denen Haie-Trainer Uwe Krupp jüngst zumindest
subjektiv „katastrophale Auswirkungen“ vermutete. Und wo sind die
EinzelsportlerInnen, wenn es nicht gerade um die Olympia-Verschiebung ging?
Augenfällig auch, dass nicht nur unter Virologen vor allem Männer erklären
dürfen, wie es ihnen und der Welt gerade geht.
## Soli-Aktionen für den Süden?
Obwohl die Sportlerinnen oft viel prekärer beschäftigt sind, ist von ihnen
wenig zu hören. Einigen dürfte immerhin ihr Amateurstatus aktuell zum
Vorteil gereichen. So weit geht die strukturelle Ungleichheit, dass in
Österreich selbstverständlich die höchste Fußball-Liga der Frauen
abgebrochen wurde, die der Männer nicht. Warum auch, es geht ja um
TV-Verträge, während die Frauen, naja, böse Zungen würden sagen, das sind
ja traditionell Geisterspiele. Die Kickerinnen haben zumindest noch den
Vorteil, dass ihnen das Wort „Fußball“ ein Jota Aufmerksamkeit schenkt.
Wer sich nicht durch Google wühlt und Eigenrecherche betriebt, kommt über
den europäischen Kontinent und die USA sportiv aktuell kaum hinaus.
Immerhin hat sich etwa die Deutsche Welle jüngst um zumindest den Fußball
außerhalb der Uefa bemüht. Da steht, dass einige afrikanische Spieler
finanziell bereits mit dem Rücken zur Wand ständen und Medienvertreter um
Hilfe bäten. Zu lesen ist auch, dass der kolumbianische Spitzenklub
[3][Independiente Santa Fe] die Verträge seiner Spielerinnen aufhob, nicht
aber die der Herrenmannschaft. Und dass man auf den Philippinen entspannt
sei, weil es eh keine TV-Verträge gebe.
Es bräuchte mehr solche Nachfragen. Und wo ist die viel beschworene
internationale Gemeinschaft des Sports in so einer Situation, wo sind die
Soli-Aktionen für KollegInnen im globalen Süden? Dem hiesigen Sportpersonal
kann man zugute halten, dass der Stress ihrer eigenen Gegenwart den
Horizont verkürzen mag. Die Corona-Pandemie wirkt im Sport wie ein
Objektiv, das scharf stellt auf eine Stelle, dieselbe Stelle, die es schon
die ganze Zeit zeigt. Wir sehen, was wir immer sehen, nur in anders.
Es ist absehbar, welche Sportart sich hier als Erste eine Fortsetzung des
Zirkus leisten wird und muss, so sie denn darf. Dann schauen wir
Geisterspiele im europäischen Männerfußball, wie immer also, nur in anders.
Und dann sagt Corona doch viel über dieses System.
17 Apr 2020
## LINKS
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Yego
[2] /Profi-Fussball-in-der-Coronakrise/!5675216
[3] https://www.dw.com/de/wie-das-coronavirus-den-fu%C3%9Fball-au%C3%9Ferhalb-e…
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
Kolumne Press-Schlag
Schwerpunkt Coronavirus
Frauenfußball
Afrika
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FC Bayern München
Fußball
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