Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Lager auf den griechischen Inseln: Wieder niemanden aufgenommen
> Hilfe für Geflüchtete kündigt der Senat bisher nur an. Doch solche gut
> gemeinten Absichtserklärungen sind keine News mehr wert. Ein
> Wochenkommentar.
Bild: Auf Lesbos: ein Junge sitzt am Strand, nachdem er die Ägäis von der Tü…
Berlin taz | Auch heute hat Berlin keine Menschen aus den völlig
überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln aufgenommen – diese
Nachricht stimmt so seit Monaten. Nach Medienkriterien kann, was jeden Tag
richtig ist, keine wichtige Nachricht sein. In diesem Fall aber dröhnt die
Meldung täglich lauter in den Ohren.
Denn unerträglich ist diese Nachricht nicht nur, weil wir ziemlich genau
wissen, wie elend das Leben in Lagern ist – [1][nicht nur in denen auf den
griechischen Inseln]. Ohne fließendes Wasser, ohne ausreichende ärztliche
Versorgung, ohne rechtlichen Schutz und ohne Platz.
Unerträglich ist die Nachricht auch, weil in der Zwischenzeit mehrmals
diese andere Nachricht zu hören war: Berlin sei bereit, Menschen direkt von
den griechischen Inseln aufzunehmen.
## Mal 70 Plätze, mal 300
Die Regierungsparteien sind sich weitgehend einig. Etwa im Dezember, als
der Regierende Bürgermeister (SPD) sich der von den Grünen angestoßenen
Forderung anschloss und verkünden ließ, dass [2][Berlin 70 Jugendliche
sofort aufnehmen könnte].
Dann Anfang März, als die Sozialsenatorin (Linke) noch mal vorrechnete,
[3][dass sie Platz für 2.000 Menschen habe]. Laut Bildungssenatorin (SPD)
gäbe es sogar aktuell 300 Plätze in der Jugendhilfe. Zuletzt hatte Anfang
April [4][der eigentlich gar nicht direkt zuständige Justizsenator (Grüne)]
erklärt, dass es nun aber mal wirklich höchste Zeit wäre, 1.500 Menschen
von den Inseln nach Berlin zu holen und dass das nun [5][bald losgehen
müsse].
Dem folgte am Dienstag vor Ostern ein [6][Senatsbeschluss], dass Berlin
Geflüchtete aufnehmen wolle – dem Vernehmen nach 50 Kinder, außerdem sei
das Land nach [7][Presseberichten] bereit, zehn Kinder aus dem nun
gestarteten Bundesprogramm aufzunehmen –, und dass der Senat dazu sehr bald
mit dem Bund Kontakt aufnehmen werde.
## Leere Ankündigungen
Das ist aber nichts Neues: Auch diese Nachricht stimmt bereits seit
Monaten. Sie wird bloß, im Unterschied zur ersten, nicht dringlicher,
sondern erbärmlicher.
Denn wenn sich die Politiker*innen hier einig sind, wenn es dazu sogar
Beschlüsse gibt und Arbeitsaufträge, dann sollten auf die erste Nachricht
Schlag auf Schlag weitere folgen. Etwa Meldungen zum Fortschritt der
Planungen, zur konkreten Organisation – [8][vielleicht wird es ja eine
Luftbrücke?] –, zum Ankunftstag der Menschen, zu ihrer rechtlichen Lage und
ihren Unterkünften in Berlin. Und dann könnten wir auch mal darüber reden,
ob das alles überhaupt genug ist.
Doch auf die nächste leere Ankündigung, das nächste leere Vorpreschen
eines*einer Politiker*in können die Menschen in den Lagern gut verzichten –
so wie auch die zahlreichen Unterstützer*innen von See- und Luftbrücken,
die überall [9][in der Stadt] und im Internet zeigen: „Wir haben Platz!“
Sie erwarten, dass etwas passiert. Bis dahin bleibt die andere, wichtige
Nachricht: Auch morgen wird Berlin keine geflüchteten Menschen aus den
Lagern auf den griechischen Inseln aufgenommen haben.
11 Apr 2020
## LINKS
[1] /Griechisches-Fluechtlingscamp-Moria/!5674682
[2] /Junge-Gefluechtete-in-Griechenland/!5644566
[3] /Berlin-will-Fluechtlinge-aufnehmen/!5666206
[4] /Fluechtlinge-aus-Lesbos/!5675845
[5] /Gefluechtete-auf-griechischen-Inseln/!5674091
[6] https://www.tagesspiegel.de/berlin/evakuierung-von-fluechtlingskindern-aus-…
[7] https://www.tagesspiegel.de/berlin/50-fluechtlingskinder-duerfen-nach-deuts…
[8] /Aktivist-ueber-Hilfe-fuer-Gefluechtete/!5671926
[9] /Proteste-fuer-Gefluechtete/!5673520
## AUTOREN
Uta Schleiermacher
## TAGS
Lesbos
Griechenland
Berliner Senat
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Geflüchtete
Flüchtlingslager
Griechenland
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Lesestück Recherche und Reportage
## ARTIKEL ZUM THEMA
Queere Initiative für Geflüchtete: Gegen den Homonationalismus
Zigtausend Geflüchtete sitzen auf den griechischen Inseln fest. Ein neues
Bündnis queerer Aktivist*innen fordert, die Lager zu evakuieren.
Offener Brief an Berliner Senat: Mehr Geflüchtete aufnehmen
Mit der Aufnahme von Flüchtlinge von den griechischen Inseln geht es nicht
voran. Initiativen fordern den Berliner Senat zu konkreten Schritten auf.
Innensenator will mehr Flüchtlinge: Zu kleine Anfälle von Nächstenliebe
Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) will 70 unbegleitete
minderjährige Geflüchtete aufnehmen. Das ist gut – aber nicht genug.
Hilfsaktion für geflüchtete Kinder: Einfach erbärmlich
Erntehelfer werden eingeflogen. Aber bis heute hat Berlin kein einziges
Kind aus griechischen Camps geholt.
Hilfe für Flüchtlingslager: „Das Virus ist eine Atombombe“
Im überfüllten Flüchtlingslager von Chios wäre auch nur ein Corona-Fall ein
Desaster, sagt ein Helfer. Berliner sammeln Geld für die einzige „Klinik“.
Flüchtlinge aus Griechenland: Berlin will keine Festung sein
2.000 Flüchtlinge könnte Berlin aufnehmen. Nun sollen nur 100 Minderjährige
kommen. Diejenigen, die 2015 halfen, als Behörden versagten, sind empört.
Flüchtlingslager Moria auf Lesbos: Die verlorenen Kinder
Sie gehen nicht zur Schule, leben in Zelten und 250 teilen sich eine
Toilette. 8.000 Flüchtlingskinder leben auf der griechischen Insel Lesbos.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.