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# taz.de -- Coronafälle in Gemeinschaftsunterkünften: Nicht mal Seife im Flü…
> Initiativen kritisieren Massenunterbringung von Geflüchteten: Die Leute
> seien zu eng beieinander. Das Personal habe keine Schutzkleidung.
Bild: Gegenseitige Ansteckung wahrscheinlich: Zimmer der Erstaufnahme in Stern …
Hamburg taz | Flüchtlingsinitiativen kritisieren die Zustände in den
[1][Erstaufnahmeeinrichtungen] für Geflüchtete und Asylsuchende in
Mecklenburg-Vorpommern. Die Initiative Pro Bleiberecht hat verlangt, die
beiden großen zentralen Einrichtungen zu schließen und die Geflüchteten auf
die Kommunen zu verteilen, um das Ansteckungsrisiko untereinander zu
verringern. Die Initiative hat im Internet eine entsprechende [2][Petition]
an die Landesregierung gestartet.
„Menschen in Flüchtlingsunterkünften dem Infektionsrisiko mit Corona
auszusetzen, während alle denkbaren Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung
ergriffen werden, ist rassistisch“, heißt es in einer Erklärung von [3][Pro
Bleiberecht]. Gerade in Zeiten von Corona müsse jeder Mensch die
Möglichkeit haben, sich selbst und andere zu schützen – durch hygienische
Maßnahmen und angemessenen Abstand.
Konkret entzündet sich die Kritik an der Erstaufnahmeeinrichtung in Stern
Buchholz bei Schwerin. Dort war zunächst bei 20 Bewohnern das Coronavirus
entdeckt worden, am Samstag auch bei zwei Mitarbeitern der Malteser Werke,
die die Einrichtung betreiben, am Dienstag bei drei weiteren.
Daraufhin [4][versicherte die rot-schwarze Landesregierung], es werde alles
unternommen, „um eine Ausbreitung von Infektionen innerhalb der
Erstaufnahmeeinrichtung zu verhindern“. Die „engmaschigen Kontrollen und
Schutzvorkehrungen“ beträfen nicht nur die Asyl- und Schutzsuchenden,
sondern auch die Mitarbeiter der Malteser Werke.
## Unterschiedliche Darstellungen
„Die Malteser arbeiten in der Erstaufnahmeeinrichtung unter
Schutzausrüstung mit Handschuhen und Atemmasken“, versicherte das
Innenministerium. Eine eindeutige Ansteckungsquelle habe nicht festgestellt
werden können. Die infizierten Malteser seien in häusliche Isolation
geschickt worden.
An der Darstellung des Ministeriums äußerte der [5][Flüchtlingsrat]
Mecklenburg-Vorpommern Zweifel, die sich zum Teil auch mit anderen
Informationen der taz decken. Demnach gab es keine Schutzkleidung für die
Mitarbeiter und niemand kontrollierte, dass die Bewohner Abstand zueinander
hielten. „Auf dem Gelände geht es drunter und drüber“, kritisiert Ulrike
Seemann-Katz vom Flüchtlingsrat.
Fotos aus der Einrichtung zeigen, wie die Menschen bei der Essensausgabe
und bei der Ausgabe von Putzmitteln für die Flure eng beieinander stehen.
Reinigungsmittel, Eimer und Lappen für die Zimmer gebe es nicht. Ein der
taz bekannter Geflüchteter veröffentlichte auf Facebook den Bericht einer
Bewohnerin aus Iran, nach dem es keine Seife gebe, geschweige denn
Desinfektionsmittel. Sie wasche ihre Hände mit Spüli.
Laut Ministerium werden die Infizierten in eine Ausweicheinrichtung in
Parchim verlegt. Die ersten vier von ihnen seien genesen und wieder
zurückgekehrt. „Aus Sicht des Schweriner Gesundheitsamtes ist es nicht
erforderlich, die gesamte Erstaufnahmestelle Stern Buchholz unter
Quarantäne zu stellen“, teilte das Ministerium mit.
Die nötigen Vorkehrungen, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern,
würden innerhalb der Einrichtung getroffen. Für immungeschwächte und
besonders gefährdete Menschen wie allein reisende Frauen mit und ohne
Kinder sowie Ältere gebe es ein „Schutzhaus“, wo diese auch ihr Essen
erhielten.
Weil die Ansteckungsgefahr in den Massenunterkünften so hoch ist, hat auch
der Flüchtlingsrat gefordert, die Bewohner übers Land zu verteilen.
Mittlerweile sieht Seemann-Katz das differenzierter: Es ergebe keinen Sinn,
Leute übers Land zu schicken, die inzwischen möglicherweise infiziert
seien. Lediglich Risikopersonen und erwiesenermaßen Gesunde sollten
umverteilt werden.
Unterdessen ist auch in Bremen bei einem Bewohner in einer
[6][Massenunterkunft] das Corona-Virus gefunden worden. Für den Bremer
Flüchtlingsrat zeigt das: „Ein angemessener Umgang mit Corona ist in der
Massenunterkunft nicht möglich.“ In der Bremer Lindenstraße sind 500
Schutzsuchende untergebracht.
## Infektion in Bremen
Der Flüchtlingsrat steht nach eigenen Angaben gemeinsam mit dem Bündnis
„Together we are Bremen“ in direktem Kontakt mit mehreren Bewohner*innen
der Erstaufnahmeeinrichtung. Diese berichteten seit Tagen übereinstimmend,
dass die Neuankommenden entgegen den Verlautbarungen der Sozialbehörde
nicht generell von den übrigen Menschen in der Einrichtung getrennt werden
könnten. Auch die nun positiv getestete Person habe nach ihrer Ankunft
regulären Kontakt zu mehreren Bewohner*innen gehabt.
Im Flächenland Mecklenburg-Vorpommern betreiben auch die Landkreise
Flüchtlingsunterkünfte. In Körkwitz im [7][Kreis Vorpommern-Rügen] wehren
sich die Bewohner dagegen, ins rund 20 Kilometer entfernte Barth umziehen
zu müssen. Der Landkreis will in Körkwitz eine Quarantäne-Unterkunft
einrichten. Aus Sicht von Seemann-Katz ist es „absurd, Leute zwangsumziehen
zu lassen, die sich eingelebt haben“.
Kreis-Sprecher Olaf Manzke argumentiert damit, dass Körkwitz abgeschieden
sei. „Als wir Körkwitz einrichteten, haben die Leute dagegen protestiert,
dass sie dort einziehen mussten“, erinnert er sich. Die Räumung von
Körkwitz ermögliche es, ein Quarantäne-Lager für Infizierte aus
Gemeinschaftsunterkünften vorzuhalten. Auch bei der Wahl eines anderen
Standorts hätten Bewohner umziehen müssen. Im übrigen gebe es noch keinen
positiv getesteten Schutzsuchenden im Kreis.
1 Apr 2020
## LINKS
[1] /Protest-gegen-Fluechtlingsheim-im-Wald/!5607763
[2] https://weact.campact.de/petitions/schutz-vor-corona-recht-auf-abstand-fur-…
[3] http://bleiberecht-mv.org/de/
[4] https://www.regierung-mv.de/Landesregierung/im/Aktuell/
[5] https://www.fluechtlingsrat-mv.de/behoerden-riskieren-die-gesundheit-von-me…
[6] /Gefluechtete-im-Heim-alleine-gelassen/!5668846
[7] https://www.lk-vr.de/Willkommen
## AUTOREN
Gernot Knödler
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