# taz.de -- Kulturschaffende in Coronakrise: Künstlerpech | |
> Ob Malerin oder Museumspädagogin: Freien Kulturschaffenden geht es in der | |
> Coronakrise häufig an die Existenz. | |
Bild: Wilko Reinhold: Sein Bariton ist nicht länger gefragt | |
„Sie sind nun in der Warteschlange zur Beantragung des Rettungszuschusses | |
Corona. Sobald Sie an der Reihe sind, haben Sie 35 Minuten Zeit, um die | |
Beantragung zu starten. Ihre Nummer in der Warteschlange: 129.661… Die | |
Warteschlange wurde angehalten. Lassen Sie sich per E-Mail | |
benachrichtigen.“ (Nachricht der Investitionsbank Berlin vom 27. 3. 20, | |
17.03 Uhr) | |
Wilko Reinhold ist vorbereitet, aber darauf war der 29-jährige Musiker | |
nicht gefasst. Freitag, 12 Uhr, sollten die Antragsformulare für das | |
Sofortprogramm II des Landes Berlin der in Not geratenen | |
Soloselbstständigen und Kleinunternehmen auf der Seite der Investitionsbank | |
Berlin (IBB) freigeschaltet werden. Der Ansturm ist so groß, dass die Seite | |
bereits um 16 Uhr gestoppt wird. „120.000 vor mir, und ich habe nur 35 | |
Minuten Zeit, das Formular zu öffnen“, sagt Reinhold etwas fassungslos. | |
„Was ist denn das für ein Prinzip?“ | |
Frühzeitig hatte er begonnen, sich zu organisieren. Drei Ämter klapperte er | |
persönlich ab, noch in der Woche, bevor die Ausgangsbeschränkungen | |
deutschlandweit beschlossen wurden. Um herauszufinden, ob er noch zu Hause | |
unterrichten darf (Gesundheitsamt), um einen aktuellen Steuerbescheid zu | |
beantragen (Finanzamt) und um in Erfahrung zu bringen, ob er ein Recht auf | |
Grundsicherung hätte (Jobcenter). Für den Fall der Fälle, dass ihm seine | |
Existenzgrundlage ganz wegbricht. Dieser Fall ist gar nicht so | |
unwahrscheinlich. | |
„Ich hatte schlaflose Nächte“, sagt Reinhold. „keiner hat wirklich Stell… | |
bezogen.“ Der gebürtige Magdeburger, 29 Jahre alt, hat eine schöne | |
Baritonstimme, die ihn bisher durch sein Berufsleben getragen hat: als | |
Sänger und Solist, als chorischer Stimmbildner und als Gesangspädagoge. Er | |
unterrichtet sowohl an der Berliner Universität der Künste (UdK) als auch | |
privat. Die eine Hälfte seines Einkommens bestreitet Reinhold durch | |
Unterricht, die andere setzt sich aus Konzertgagen und Honoraren für die | |
Arbeit mit den Chören zusammen. „Hätte ich nur auf das Sängerische gesetzt, | |
wäre jetzt auf einen Schlag alles weggebrochen“, sagt er. So bröckelt es, | |
allerdings heftig. | |
## 1.500 Euro weniger | |
Die geplanten Konzerte im Frühjahr sind abgesagt, die UdK ist geschlossen, | |
Chöre können nicht proben. „Das sind 1.500 Euro auf einen Schlag weniger“, | |
sagt er. „Davon könnte ich einen Monat leben.“ Seine Rücklagen, eigentlich | |
für einen Urlaub vorgesehen, reichen „ein oder zwei Monate“. Von Reinholds | |
20 Privatschüler*innen haben sich immerhin neun auf Online-Unterricht | |
eingelassen. Damit zu experimentieren, gefällt ihm. „Aber die Preise musste | |
ich natürlich anpassen.“ Nach unten. Auch sei dies für fortgeschrittene | |
Sänger*innen keine Lösung. „Ich kann sehen, ob jemand falsch atmet oder | |
falsch phrasiert, aber die feinen Nuancen hören, das klappt nicht.“ | |
Reinhold hofft auf die [1][Hilfsmaßnahmen von Bund und Ländern], über die | |
im Lauf der Woche immer mehr Details, aber auch Gerüchte durchsickern. Und | |
wo am Wochenende die Server heiß laufen. | |
Reinhold hat den typischen Bauchladen der Freischaffenden, die auch aus | |
Gründen der Absicherung oft ein gemischtes Sortiment beinhalten. | |
Journalist*innen und Autor*innen, die nebenbei moderieren. | |
Musiker*innen, die in der Notenbibliothek arbeiten oder auflegen. | |
Bildende Künstler*innen, die Keramikkurse geben. | |
Maskenbildner*innen, die privat Haare schneiden. | |
Grafikdesigner*innen, die Traueranzeigen gestalten. | |
Der Kulturbereich ist ungemein vielseitig: Jede Sparte funktioniert anders, | |
jede Situation ist individuell. Bei manchem verhält es sich auch umgekehrt: | |
Der Nebenjob ist das Haupteinkommen, das hält die Kunst und den | |
Künstler*innen den Rücken frei. Und bestenfalls hat der Nebenjob etwas | |
mit dem Hauptberuf zu tun. „Ich versuche jedes Jahr, meinen Anteil für die | |
Kunst zu erhöhen“, sagt Ka Bomhardt, bildende Künstlerin. „Der positive | |
Aspekt ist: Ich kann meine Kunst davon freihalten zu gefallen.“ | |
Bomhardt, 57, hat ihr Atelier im Berliner Bezirk Wedding, in einem jener | |
einst vom Handwerk geprägten Backsteinensembles mit mehreren Höfen und | |
Aufgängen. Sie wartet draußen, die Verabredung lautet wie mit allen | |
Gesprächspartner*innen dieser Reportage: ausführliches Telefonat und | |
ein Spaziergang an der frischen Luft, mit gebührendem Abstand. Aktuell ist | |
Bomhardt eigentlich in einer Ausstellung zum Thema „Unsichtbarkeiten“ in | |
der Galerie am Körnerpark vertreten. „Ich war so zufrieden“, sagt sie | |
seufzend, „die Ausstellung ist schön geworden.“ Jetzt natürlich | |
geschlossen. Das heißt: keine Öffentlichkeit, keine Interviews, kein | |
Verkauf. Nicht gesehen werden. | |
Finanziell trifft Bomhardt mehr, dass sie schon seit März kein Zimmer in | |
ihrer Wohnung mehr untervermieten kann, eine regelmäßige Einnahme, mit der | |
sie ihr Atelier querfinanziert. Früher hat sie tatsächlich auch Keramik- | |
und Malkurse gegeben, mit Alten und Behinderten gearbeitet. Dann fing sie | |
an, auf dem Bau zu arbeiten, mit komplizierten Techniken Wände und Fassaden | |
zu gestalten. Ein Knochenjob, der aber Spaß macht und sie quer durchs Land | |
bringt. Mit einer Architektin hat sich Bomhardt zu einem Team im „Salon | |
Concret“ zusammengetan – englisch „concrete“ für Beton. Ein Projekt f�… | |
eine ganze Siedlungsgestaltung in Solingen steht jetzt auf der Kippe. „Wie | |
will man beweisen, dass etwas in Planung war?“, fragt Bomhardt. „Wir waren | |
im Gespräch.“ Zwei andere Ausstellungen sind unklar, die Vermietungen | |
ausgesetzt. | |
„Ich will mich nicht beschweren“, sagt Bomhardt. „ Aber es trifft mich | |
hart. Obwohl es sicher andere gibt, die es noch härter trifft.“ Das sagen | |
alle, die in dieser Geschichte vorkommen. Sie bilden das „normale“ | |
kulturelle Prekariat, dessen Situation in solchen Zeiten eine Zuspitzung | |
von heikel zu dramatisch erfährt. | |
Anders als Wilko Reinhold hat sich Bomhardt noch keine Strategie | |
zurechtgelegt, ob und wie sie mit möglichen Hilfsgeldern umgehen will. „Die | |
Krise ist zu frisch. Ich war wie gelähmt.“ Sie will nicht ausschließen, | |
dass sie einen Antrag auf ALG II, also Grundsicherung, stellen wird, | |
stellen muss. „Das müsste ich mir gut überlegen. Bisher habe ich davor | |
zurückgescheut, die Hand beim Staat aufzuhalten.“ | |
Das hat Gründe, wie Zoë Claire Miller und Heidi Sill, Sprecherinnen des | |
Berufsverbands Bildender Künstler*innen Berlin (bbk) sagen. „Viele | |
meiden den Gang zum Jobcenter“, erklären sie, „auch wenn sie theoretisch | |
Anspruch auf Hartz IV hätten. Künstlerische Arbeit an sich, Ausgaben für | |
Arbeitsmaterial, Ateliermieten werden oft nicht anerkannt. Zudem sind | |
aktuell Vermögensprüfungen nur ausgesetzt, werden also irgendwann mit | |
unklaren Folgen nachgeholt werden.“ | |
## Wie Einkommen nachweisen? | |
Der bbk Berlin hat vergangene Woche eine Blitzumfrage gestartet: 2.021 der | |
etwa 8.500 in Berlin lebenden bildenden Künstler*innen haben daran | |
teilgenommen, auch Ka Bomhardt. Danach verlieren mehr als 58 Prozent der | |
Befragten in den nächsten vier Wochen mehr als drei Viertel ihres | |
monatlichen Einkommens. Verträge und schriftliche Vereinbarungen sind in | |
der Kunstwelt rar, heißt es in der dazugehörigen Presseerklärung. Wie | |
sollen sie ihr Einkommen nachweisen? | |
In diesem Punkt unterscheidet sich die Kunst- nicht von der Musikwelt, wo | |
Absprachen ebenfalls meist nur per Mail oder mündlich getroffen werden, wie | |
Wilko Reinhold sagt. Verträge gebe es wenn überhaupt erst hinterher. | |
Bildende Künstler*innen müssen zudem oft vorab in Materialien | |
investieren, bevor ihre Kunst Kunst wird. | |
Sind bildende Künstler*innen Einzelkämpfer? Was ihre Kunst und Karriere | |
betreffe, eher ja, sagt Ka Bomhardt. Aber wenn es um Arbeitsbedingungen | |
ginge, Atelierförderung, Untergrenzen der Ausstellungshonorare, soziale | |
Absicherung wie die Künstlersozialkasse, dann schließen sie sich durchaus | |
zusammen und da ist der bbk Berlin eine wichtige Interessensvertretung. Bei | |
Reinhold ist es der Deutsche Tonkünstlerverband und der Bundesverband der | |
Gesangspädagogen. | |
Berufsverbände gibt es unzählige, übergeordnet wiederum agiert der Deutsche | |
Kulturrat, der schon seit Wochen Alarm schlägt. „Alles ändert sich | |
ständig“, sagt Olaf Zimmermann, Vorsitzender des Deutschen Kulturrats. „Die | |
Richtlinien werden gerade erst geschrieben.“ Er prophezeit: „Der Druck wird | |
enorm wachsen. Das Bundeskulturministerium muss sich erst mal an die | |
Größenordnung gewöhnen und einen entsprechenden Bedarf beim | |
Bundesfinanzminister anmelden. 60 Milliarden Euro insgesamt hat die | |
Bundesregierung für die einzelnen Ressorts zur Verfügung gestellt. Und für | |
die Kulturstaatsministerin Monika Grütters heißt das jetzt: springen.“ | |
## Keine Führungen | |
Springen müssen da ganz andere – und werden unsanft landen. Elisabeth | |
Anschütz arbeitet im Feld der kulturellen Bildung – die Museumspädagogin, | |
37, alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, steht von einem Tag auf den | |
anderen ohne Arbeit und ohne Geld da. Auch Anschütz ist eigentlich breit | |
aufgestellt, die Kulturwissenschaftlerin mit Schwerpunkt NS-Geschichte | |
arbeitet für sechs verschiedene Gedenkstätten in Berlin, von der großen | |
Touristenattraktion „Topografie des Terrors“ bis zu kleinen Museen wie dem | |
der Blindenwerkstatt Otto Weidt. | |
„Ich wollte immer in die außerschulische Bildung“, sagt Anschütz, die vor | |
allem für Führungen und Seminare gebucht wird – auf etwa „30 bis 40“ im | |
Monat kommt sie, der Stundensatz liegt zwischen 25 und 40 Euro. Ein in der | |
Regel regelmäßiges, aber bescheidenes Einkommen, in dem Kranksein und | |
andere Katastrophen nicht erlaubt sind. Es falle ihr nicht leicht, gesteht | |
sie, während Sohn und Tochter den abgesperrten Spielplatz in Friedrichshain | |
umrunden, über ihre „relative Armut“ zu sprechen. Doch nun sind Museen und | |
Gedenkstätten geschlossen, Gruppenbesuche und Führungen undenkbar. Anschütz | |
hat bereits Absagen für den Mai erhalten. Alle Häuser signalisierten | |
prinzipiell Hilfe, erzählt sie, doch wie diese aussehen könnte, bliebe | |
leider bisher unkonkret. | |
Anschütz’ hochqualifizierte Arbeit gilt als Gewerbe, so wie es auch | |
Stadtführer*innen anmelden müssen. Ihre Berufsgruppe ist deswegen nicht | |
berechtigt, in die Künstlersozialkasse (KSK) zu gehen, wo der Staat | |
anteilig in die Kranken- und Rentenversicherung einzahlt. Die | |
Museumspädagog*innen fangen gerade an, sich zu organisieren, schon | |
vor der Coronakrise hatte sich ein Netzwerk mit dem Namen „Geschichte wird | |
gemacht“ gebildet, wo auch Anschütz mitmacht. Im Januar wandten sie sich | |
mit einem offenen Brief an die Senatsverwaltung, in dem sie faire | |
Entlohnung und soziale Absicherung für die freien | |
Museums-Mitarbeiter*innen forderten. Die Auftraggeber sollen sich | |
mit 50 Prozent an deren Kranken- und Rentenversicherung beteiligen und | |
gegebenenfalls auch die Umsatzsteuer übernehmen. | |
Das ist ein wunder Punkt, wie Anschütz berichtet. Die Einrichtungen selbst | |
sind, weil sie einen Bildungsauftrag haben, von der Umsatzsteuer befreit, | |
während die freien Mitarbeiter*innen, die dort – schlecht bezahlt – | |
wichtige pädagogische Arbeit leisten, diese entrichten müssten. Bei | |
Anschütz entfallen mehr als die Hälfte der gebuchten Veranstaltungen auf | |
Schulklassen. Sie hat sich so lange mit dem für sie zuständigen Mitarbeiter | |
auf dem Finanzamt herumgestritten, bis er ein Einsehen hatte. | |
Die Frühlingssonne wärmt, während Elisabeth Anschütz auf der Bank am Rand | |
des Spielplatzes sitzt. Ob sie die Soforthilfe beantragen soll, von der | |
alle reden, aber keiner Genaues weiß, oder besser Grundsicherung, weiß sie | |
nicht. „Wenn es länger dauert, und damit rechne ich, dann ist das die | |
bessere Variante“, sagt sie, Skepsis in der Stimme. „Bisher habe ich es | |
immer geschafft, ohne Grundsicherung auszukommen.“ Aber vielleicht habe sie | |
auch gar kein Anrecht, sagt sie plötzlich zweifelnd, weil es sich mit ihrem | |
Studierenden-Status nicht vertrage. Anschütz macht nebenher an der | |
Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTW) ihren Master in | |
Museumsmanagement und Kommunikation, „das muss sein“, sagt sie, damit sie | |
irgendwann vielleicht eine feste Anstellung an einem der Häuser bekommt. | |
Sie nimmt sich vor, die Hotline des Berliner Senats anzurufen. Sie wird | |
nicht die Einzige sein. | |
## Selbstständig, angestellt, unstetig | |
Am anderen Ende Berlins, im südlichen Stadtteil Lankwitz, sitzt Sascha | |
Oliver Bauer, 40, auf einer Bank am Teltowkanal. Bart, Sonnenbrille, | |
schwarze Mütze. Der gebürtige Heidelberger, getrennt lebend, ein Kind, hat | |
im Moment viel Zeit. Nicht weit von hier befinden sich die Synchronstudios, | |
in denen der Schauspieler und Regisseur, wenn er in Berlin ist, im Schnitt | |
etwa 20 Tage im Monat arbeitet. Dieser Monat und auch der nächste wären so | |
ein Monat. Doch die Studios sind bis mindestens 19. April geschlossen – ein | |
kompletter Verdienstausfall. | |
„Ich bin ein Musterexemplar als Freier im Kulturbetrieb“, sagt Bauer und | |
erklärt, dass er quasi in „drei Systemen“ arbeitet: als Regisseur ist er | |
selbstständig, muss sich selbst versichern; als Schauspieler ist er | |
zeitweise angestellt und wie jeder Arbeitnehmer arbeitslosen- und | |
rentenversichert; und als Synchronsprecher ist er „unständig beschäftigt“, | |
wird tageweise beziehungsweise „pro Dreh“ bezahlt. Das Switchen zwischen | |
den Kategorien und Systemen gehört dazu; „da hilft nur ein guter | |
Steuerberater“, sagt er und lacht. Bauer mag die Abwechselung, die | |
Vielseitigkeit seines Künstlerdaseins: an einem Tag für einen | |
Zeichentrickfilm synchronisieren zu können, und ein anderes Mal Puccinis | |
„Tosca“ zu inszenieren. | |
Doch die „Tosca“, die er Ende Juli für die Schlossfestspiele im | |
baden-württembergischen Zwingenberg auf die Bühne bringen sollte, ist in | |
Gefahr, wie zwei andere Theaterprojekte auch. Schließlich „geht sehr bald | |
die Festivalsaison los“, sagt Bauer, „und für uns startet die nicht erst im | |
Sommer.“ In diesem Fall ist er dann bei der die Festspiele ausrichtenden | |
Kommune für zwei bis drei Monate fest angestellt. Eine Phase regelmäßigen | |
Einkommens, sozial- und arbeitslosenversichert, was die Chance auf | |
Arbeitslosengeld erhöht: 365 Tage auf zwei Jahre gerechnet müssen | |
Schauspieler*innen angestellt beschäftigt gewesen sein. Im Moment hat | |
er kein Anrecht darauf. | |
„Ich habe Reserven für einen Monat, dann ist Schluss“, sagt Bauer. Am Kanal | |
joggen Erwachsene vorbei, gehen Familien mit ihren Kindern spazieren. | |
Welche der diskutierten Fördermaßnahmen für ihn in Frage kommt, weiß er | |
nicht. „Es ist unklar, wo man eingeordnet wird, jeden Tag gibt es andere | |
News. Ich nehme an, es wird bei mir auf unkontrolliertes Hartz IV | |
hinauslaufen.“ | |
Bauer setzt auf Solidarität und den Einfallsreichtum der Kulturszene: „Das | |
sind die einzigen, die jetzt nach kreativen Lösungen suchen.“ | |
Geisterkonzerte, Wohnzimmerkonzerte. Crowdfunding. Gutscheine. | |
Gelegenheitsjobs wie Erntehilfe oder Lagerarbeiten schließt er für sich | |
nicht aus. „Wir Theaterleute leben von der ständigen Selbstausbeutung“, | |
sagt er. „Da geht es nicht um Selbstbeweihräucherung.“ Sarkastisch schiebt | |
er hinterher: „Ich liebe dieses Argument, wenn die Leute sagen, euch macht | |
euer Beruf ja auch Spaß! Ja, soll er das etwa nicht? Was ist das denn für | |
ein Argument?“ | |
Sascha Oliver Bauer will die Zeit nutzen, um seine Webseite zu | |
überarbeiten. Wilko Reinhold müsste mal Noten sortieren und will weiter mit | |
dem Online-Unterricht experimentieren – „da ist der Popular-Bereich | |
gefühlt weit voraus“. Sonntagabend, 21 Uhr, ist auch sein Antrag erledigt. | |
Elisabeth Anschütz beschult ihre Kinder zu Hause und hofft, dass diese | |
Krise dazu führt, dass der offene Brief des Netzwerks „Geschichte wird | |
gemacht“ auf Resonanz stößt. Ka Bomhardt will Konzepte schreiben, ein | |
Projekt hat mit dem Verschwinden der Insekten zu tun. „Ich habe schon lange | |
das Gefühl, dass wir ein falsches Leben führen“, sagt sie. „Vielleicht ist | |
die Krise auch eine Chance.“ Grundsätzlich sei ihr Beruf, die bildende | |
Kunst, „mit unheimlich viel Hoffnung verbunden. Man muss schon von etwas | |
gestochen sein, um das zu machen.“ | |
31 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Sabine Seifert | |
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