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# taz.de -- Regierungsbildung im Südsudan: Unmögliches Tandem
> Salva Kiir und Riek Machar sollen eine neue Regierung führen und einen
> fragilen Frieden sichern. Kein leichtes Unterfangen, denn sie sind
> Erzrivalen.
Bild: Kann das gut gehen in einer Regierung? Salva Kiir (l.) und Riek Machar
Juba taz | „Ich will gerne glauben, dass der Krieg im Südsudan jetzt
wirklich beendet ist. Aber ich habe überhaupt kein Vertrauen in unsere
politischen Führer und habe mehr Angst vor der Zukunft, als dass ich
Optimismus verspüre“, sagt Francis Mabor, Student der
Wirtschaftswissenschaften, nach der Messe in der Sankt-Joseph-Kirche.
Während des Gottesdienstes hatte der Pastor um Weisheit für die Politiker
gebetet, damit sie, wie am Wochenende angekündigt, den Frieden
aufrechterhalten würden.
Der junge Mann repräsentiert die Stimmung in der südsudanesischen
Hauptstadt Juba, wo am Wochenende zum dritten Mal eine Regierung gebildet
wurde. Sie soll von zwei Erzrivalen, [1][Präsident Salva Kiir] und seinem
ersten Vizepräsidenten Riek Machar, geführt werden. Die zwei hatten
dieselben Positionen in der ersten Regierung inne, als Südsudan im Jahr
2011 von Sudan unabhängig wurde.
Aber schon nach zwei Jahren beschuldigte Kiir seinen Vizepräsidenten, ihn
stürzen zu wollen. Machar floh und zettelte eine Rebellion an. 2016 gab es
einen neuen Versuch, die beiden wieder zusammenzubringen, aber auch der
endete in Gewalt. Seitdem sind etwa 400.000 Menschen ums Leben gekommen.
Ungefähr 1,5 Millionen wurden aus ihren Häusern vertrieben und mehr als 2
Millionen flohen in andere Länder in der Region.
Der Machtkampf zwischen Kiir und Machar gründet auf ethnischer
Zugehörigkeit. Die beiden repräsentieren die größten Bevölkerungsgruppen,
Dinka und Nuer, die traditionell eine tief verwurzelte Abneigung
gegeneinander haben. „Kiir und Machar tun jetzt so, als ob sie
zusammenarbeiten können, aber das ist unmöglich“, sagt der Ökonom Lual Deng
vom Thinktank Ebony Center for Strategic Studies.
## Nur 300 Kilometer asphaltierte Straße
Das schäbige Gebäude, in dem sich sein Büro befindet, liegt an einer nicht
asphaltierten Straße, sie sieht aus wie die meisten Wege in Juba. Im ganzen
Land gibt es nur 300 Kilometer asphaltierte Straße. Es ist nur eines der
Zeichen dafür, wie unterentwickelt und vernachlässigt das Land ist. Die
Hälfte der 14 Millionen Südsudanesen hat nicht einmal genug zu essen.
Die neue Führung – die meisten Minister sollen in den kommenden Tagen
ernannt werden – ist eine Übergangsregierung der nationalen Einheit, die
das Land innerhalb von drei Jahren auf Wahlen vorbereiten soll. Deng
glaubt, dass das eine sehr lange Zeit ist, um Kiir und Machar
zusammenarbeiten zu lassen.
„Gleichzeitig ist es aber auch eine sehr kurze Zeit, um Reformen
durchzuführen und Vertrauen in der Bevölkerung aufzubauen. Ich hoffe, dass
die Zeit genutzt wird, um neuen, jüngeren Führern die Möglichkeit zu geben,
an den Wahlen teilzunehmen, sodass die alte Garde sich von der Politik
verabschieden kann.“
Diese letzte Regierungsbildung wurde mehrmals verschoben, weil Kiir und
Machar sich nicht einigen konnten. Schließlich einigten sie sich unter
starkem regionalem und internationalem Druck auf einen Kompromiss. Aber
einige wichtige Probleme sind noch nicht gelöst, wie zum Beispiel die
Machtverteilung zwischen ihnen.
## Nicht genug zu essen
Und dann müssen [2][die Streitkräfte von Kiir und die Rebellen von Machar]
– insgesamt 38.000 Männer –, die sich gegenseitig hassen, zu einer
nationalen Armee zusammengeführt werden. Eine heikle Aufgabe. Dazu kommt
noch, dass die Institutionen der Regierung dafür bei Weitem nicht
ausreichen. Es gibt Berichte darüber, dass es öfter nicht genug zu essen
gibt für alle anwesenden Soldaten.
Darüber hinaus ist Medien zu entnehmen, dass beide Seiten immer noch neue
Kämpfer rekrutieren. „Wir befassen uns damit und weisen darauf hin, wie
falsch das ist. Wir dringen bei beiden Seiten darauf, dass sie damit
aufhören sollen“, sagt der UN-Vertreter in Sudan, David Shearer, in seinem
Büro außerhalb Jubas neben einem riesigen Lager für Vertriebene.
Ein UN-Team, das kürzlich Recherchen zur Respektierung der Menschenrechte
in dem Land durchgeführt hat, kam zu dem Schluss, dass beide Seiten auch
schwere Gräueltaten an der Bevölkerung begangen haben.
In Juba wimmelt es von Soldaten, aber vor allem auch von jungen Menschen,
die apathisch im Schatten eines Baums oder Gebäudes sitzen. Arbeit ist kaum
zu finden, die Wirtschaft liegt darnieder. Südsudan ist zu 90 Prozent
abhängig von Einnahmen aus dem Ölgeschäft, aber das UN-Forschungsteam hat,
wie andere Recherchen auch, festgestellt, dass die politischen Führer die
Staatskasse geplündert haben. Deshalb ist Südsudan eines der ärmsten Länder
der Welt.
## Viele teure Geländewagen
Es ist bemerkenswert, wie viele teure Geländewagen über die schlechten
Straßen von Juba brausen. Joliano Kaima, der erst vor zwei Monaten aus dem
nördlichen Wau nach Juba gekommen ist, wundert sich immer noch darüber.
„Bei uns zu Hause gibt es kaum Autos. Die Armut ist dort noch größer.
Deshalb bin ich hierhergekommen, in der Hoffnung, Arbeit zu finden.“ Bis
jetzt hat er nur an einigen Abenden in einem Hotel Teller spülen können.
Der junge Mann, der nur die Grundschule abgeschlossen hat, sagt, dass er
wenig Ahnung von Politik habe. „Ich will nur eine Arbeit, genug zu essen
und in ein paar Jahren genug Geld verdienen, um heiraten zu können. Das ist
alles.“
23 Feb 2020
## LINKS
[1] /Machtkampf-im-Suedsudan/!5321850
[2] /Friedensprozess-in-Suedsudan/!5625034
## AUTOREN
Ilona Eveleens
## TAGS
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