# taz.de -- Friedensschluss in Südsudan: Gedrückte Stimmung am Nil | |
> In Südsudan führt eine Regierung der nationalen Einheit die zwei | |
> wichtigsten Warlords zusammen. Einige Streitpunkte sind ungeklärt. | |
Bild: Einst Erzrivalen, heute eine Regierung: Südsudans Präsident Salva Kiir … | |
JUBA taz | Es ist nicht leicht, Südsudanesen zu finden, die Vertrauen haben | |
in ihre neue Übergangsregierung. Die beiden [1][Kriegsgegner Präsident | |
Salva Kiir und Vizepräsident Riek Machar] regieren jetzt gemeinsam – das | |
soll dem Land endlich Frieden bringen. „Dieses Mal wird es hoffentlich | |
funktionieren“, sagt der Eigentümer eines Getränkeladens im Arbeiterviertel | |
Malakia in der Hauptstadt Juba. Dann fügt er hinzu: „Dann muss Gott aber | |
wirklich helfen.“ | |
Es gibt nur selten Kunden im Laden, weil nur wenige Menschen sich ein | |
Getränk leisten können. Die Wirtschaft ist durch Krieg und Korruption | |
beinahe vollkommen zerstört. Es hängt eine trübe Stimmung über Juba. Die | |
Südsudanesen sind kriegs- und armutsmüde. | |
Ende Februar waren Machar und andere Oppositionsführer in eine neue | |
Regierung der nationalen Einheit aufgenommen worden. Präsident Kiir | |
erklärte, dass der Krieg nach beinahe sieben Jahren offiziell vorbei ist. | |
Aber die Parteien sind sich noch immer nicht einig über die Verteilung der | |
Ministerposten. | |
„Die politischen Spieler sind dieselben wie vor und während des Krieges, | |
aber die Lage hat sich etwas geändert“, meint James Okuk vom | |
südsudanesischen Zentrum für strategische und politischen Studien (CSPS) im | |
Schatten riesiger Mangobäume am Ufer des Nils. „Beide Seiten glauben eher | |
an militärische Lösungen als an diplomatische. Zwar wird momentan aus | |
Rebellen und Soldaten eine neue Armee formiert, aber es gibt Berichte, dass | |
zugleich beide Seiten neu rekrutieren.“ | |
## Brüchige Einheit | |
Das wird nach seiner Meinung schwieriger sein als in der Vergangenheit. | |
Kiir ist ein Dinka, die größte Bevölkerungsgruppe im Land, und Machar ein | |
Nuer, die zweitgrößte; beide haben zahlreiche ungebildete junge Männer aus | |
ihren jeweiligen Volksgruppen in den Krieg geschickt. „Aber so viele sind | |
umgekommen“, sagt Okuk. „Familien sind nicht bereit, noch mehr Kinder zu | |
opfern für die Rivalität der beiden Politiker. Kiir und Machar wissen das.“ | |
Die Einheitsregierung kam nur auf internationalen Druck zustande. Doch | |
Streitpunkte bleiben ungelöst – vor allem die Zahl der Bundesstaaten. | |
Während des Krieges machte Kiir aus den ehemaligen 10 Bundesstaaten 32, vor | |
allem um neue Machtpositionen für Dinka zu schaffen. Er hat nun zwar | |
eingewilligt, wieder auf 10 Staaten sowie drei „Verwaltungsgebiete“ | |
zurückzugehen, aber darüber sind Clans der Dinka und vor allem die | |
gefeuerten Gouverneure verärgert. | |
Auch bei Machars Volksgruppe der Nuer sind nicht alle zufrieden. Manche | |
Clanführer drohen, weiterzukämpfen. Und gar nicht am Frieden beteiligt ist | |
Rebellenführer Thomas Cirillo. Er führt Rebellen aus den südlichen | |
Equatoria-Staaten, deren Bevölkerung eine schon lange existierende | |
Abneigung sowohl gegen Dinka- als auch Nuer-Politiker hegt. | |
Bei der Rivalität zwischen Kiir und Machar geht es also nicht nur um | |
Ethnizität, sondern vor allem um die Macht und den damit verbundenen Zugang | |
zu den wenigen Einnahmequellen Südsudans, hauptsächlich Ölgelder. Die | |
Regierungskasse wird seit der Unabhängigkeit 2011 ständig leergeräumt. | |
Beamten werden wenig und oder gar nicht bezahlt. „Die Korruption frustriert | |
die Bevölkerung. Dank des Internets kennt sie die Recherchen darüber, was | |
gestohlen wurde und von wem“, sagt Okuk. | |
## Frieden für Wohlstand | |
Nach Meinung des Konfliktforschers ist es jetzt am wichtigsten, [2][die | |
Gewalt im Land zu beenden]. „Mit Frieden geht es der Wirtschaft auch gleich | |
besser. Flüchtlinge kommen zurück, Bauern trauen sich wieder auf ihre | |
Felder, Ausländer sind wieder bereit zu investieren“, analysiert Okok. | |
„Aber Frieden kommt nur zustande, wenn die internationale Gemeinschaft | |
weiter großen Druck auf die Regierung ausübt und nicht denkt, dass von | |
jetzt an alles in Ordnung ist.“ | |
Einige Männer an einem Tisch nebenan haben offensichtlich zugehört, weil | |
sie zustimmend murmeln. Der Älteste von ihnen sagt: „Erst wenn wir Wahlen | |
in drei Jahre gehabt haben und neue Politiker gewählt worden sind, kann der | |
Druck etwas verringert werden. Bis dann brauchen wir das Ausland, um | |
sicherzugehen, dass die Politiker sich an ihr Wort halten.“ | |
5 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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