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# taz.de -- Attacke auf Sudans Premier: Anschlag verfehlt das Ziel
> Sudans Premierminister Abdalla Hamdok bleibt bei einem Anschlag
> unverletzt. Als Organisator des Übergangs zur Demokratie hat er mächtige
> Feinde.
Bild: Entsetzen über den Bombenanschlag auf Sudans Regierungschef Abdalla Hamd…
Ein gescheiterter Anschlag auf den sudanesischen Premierminister Abdalla
Hamdok zeigt, wie zerbrechlich der Übergang zur Demokratie im Land ist.
Nach Angaben einiger Augenzeugen explodierte ein Sprengsatz an der Auffahrt
zu der Brücke, die den Norden Khartums mit dem Zentrum der sudanesischen
Hauptstadt verbindet, als sich der Autokonvoi des Premierministers
näherte. Es wurde auch noch geschossen. Wer für das Attentat verantwortlich
ist, blieb zunächst unklar.
Hamdok blieb unverletzt und wurde an einen sicheren Ort gebracht. Er
versicherte per Twitter, dass er „wohlauf und in Sicherheit“ sei. Bilder
zeigen zwei weiße Regierungsfahrzeuge, deren Fenster durch die Explosion
zerborsten sind. Ein drittes Auto ist schwerer beschädigt. Hamdok
versicherte, dass der versuchte Mordanschlag „den Weg der Veränderung im
Sudan nicht behindern wird“. Die Sudanese Professionals Association, die
mit ihren Massenprotesten die [1][autoritäre Herrschaft von Präsident Omar
al-Bashir gestürzt] hatte, nannte den Anschlag in der Zeitung Sudan Tribune
einen offensichtlichen Versuch, die Revolution des Volkes zu beenden.
Der Ökonom Hamdok leitet seit dem August vorigen Jahrs die
Übergangsregierung von Militär und Zivilisten. Zwar tritt der Technokrat
vorsichtig und diplomatisch auf, aber es ist sicher, dass er sich Feinde
gemacht hat. Erst im vorigen Monat bestätigte er, dass seine Regierung mit
dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) zusammenarbeiten wird, um denen,
die beschuldigt werden, einen Genozid, Kriegsverbrechen und Verbrechen
gegen die Menschlichkeit in der Region Darfur begangen zu haben, den
Prozess in Den Haag zu machen. [2][Ausgeliefert werden soll vor allem
Ex-Präsident Omar al-Bashir].
Er sitzt derzeit wegen Korruption im Gefängnis, hat aber noch viele
Anhänger unter Islamisten, im bisher kaum veränderten Staatsapparat und in
der Armee. Sie tun sich schwer mit dem Verlust der Macht. Im Januar wurde
eine Meuterei von Mitgliedern des gefürchteten Geheimdienstes (NISS)
unterdrückt. Sie rebellierten gegen die angebotene finanzielle Abfindung
und forderten die Übernahme in die zukünftigen restrukturierten
Streitkräfte.
## Agieren gegen die Macht der Militärs
Al-Bashir hatte Hamdok lange umworben, sich seinem Regime anzuschließen,
doch der hatte das immer verweigert und war im Ausland für die UNO tätig.
Erst nach einigem Zögern hat er voriges Jahr die Einladung akzeptiert, die
Übergangsregierung zu leiten.
Hamdok hat sich bestimmt auch unter den Militärs im Souveränen Rat Feinde
gemacht, der höchsten Macht im Land. Der Premierminister sagt zwar, dass
die Beziehungen gut seien, aber oft hört man, dass die Zusammenarbeit nicht
immer glatt verläuft. Die Militärs akzeptierten nur unter starkem
ausländischen Druck und nach riesigen Demonstrationen im Land eine
gemeinsame Regierung mit Zivilisten. Im Souveränen Rat haben sie aber die
Oberhand und sind de facto noch immer die eigentlichen Führer des Landes.
Der mächtigste von allen Militärs ist Mohammed Hamdan Daglo, besser bekannt
unter den Spitznahmen Hametti. Er ist der ehemaligen Leiter der Reitermiliz
Janjaweed, die im großen Maßstab verantwortlich war für die
Menschenrechtsverletzungen in Darfur. Die Miliz ist mittlerweile in Rapid
Support Forces (RSF) umgetauft und stellt unter Führung von Hametti die
furchterregendste militärische Kraft im Sudan dar.
Hamdok vermeidet Streit mit Hametti, dem Vize-Vorsitzenden des Souveränen
Rats. Diplomatisch sagte der Premier über sein Verhältnis zu Hametti: „Wir
müssen dafür sorgen, dass es funktioniert.“ Hamdok versucht aber
offensichtlich, Hametti über eine Liberalisierung des Goldabbaus
auszumanövrieren. Hametti kontrolliert viele Goldminen in Darfur. Durch die
Liberalisierung würde sein Einkommen geschmälert.
Hamdok hat gefährliche und gut informierte Feinde, die genau Bescheid
wissen, wie und wann er ins Büro fährt. Die Frage ist, ob es ihm gelingt,
Sudans Übergang bis zu den Wahlen 2022 zu lenken.
10 Mar 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Ilona Eveleens
## TAGS
Sudan
Omar al-Bashir
ICC
Demokratisierung
Salva Kiir
Sudan
Schlagloch
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