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# taz.de -- Abgeordnetenhaus: Jetzt ist der Deckel erst mal drauf
> Rot-Rot-Grün bringt im Parlament das Gesetz zum Einfrieren und Absenken
> von Mieten durch. CDU und FDP bereiten schon ihre Klage dagegen vor.
Bild: SPD-Fraktionschef Saleh und seine Stellvertreterin Radziwill feiern im Pa…
„Das war der Dank für euren Mietendeckel.“ Ein AfD-Parlamentarier ist es,
der so einen besonderen Nachklapp zur zentralen Abgeordnetenhaushausdebatte
am Donnerstag kommentiert. Wenige Minuten nachdem das sowohl von der
rot-rot-grünen Koalition wie der Opposition als historisch eingeordnete
Mietendeckel-Gesetz um 12.29 Uhr beschlossen ist, kommt es zu einer
Störaktion auf der Besuchertribüne. Rund zehn teils vermummte Personen
stehen auf, rufen „Ihr habt die ganze Stadt verkauft“ und [1][„Für die
Liebig34 sprecht ihr nicht“] und werfen bunte Papierschnipsel in den
Sitzungssaal.
Die vorangehende Debatte zum Mietendeckel verläuft weit weniger Aufsehen
erregend – die Argumente, gegenseitigen Vorwürfe und Kritikpunkte bleiben
dieselben wie in früheren Debatten. Tenor der Opposition bleibt, das ganze
Gesetz sei schon allein deshalb verfassungswidrig, weil nicht das
Abgeordnetenhaus, sondern der Bundestag für dieses Feld zuständig sei. Und
inhaltlich halten CDU, AfD und FDP solche Eingriffe in Vermieterrechte –
Einfrieren der Miete für fünf Jahre, Obergrenzen und Mietsenkung –,
ebenfalls nicht für verfassungsgemäß.
Die Regierungsseite wiederum rechtfertigt einen Deckel auf Landesebene mit
Unwilligkeit der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion, für einen besseren
Mieterschutz zu sorgen. „Wir wollen keine marktkonformen Markt“, ist in der
fast zweistündigen Debatte etwa von Harald Wolf zu hören. Dass der
ehemalige Wirtschaftssenator an diesem Vormittag für die Linksfraktion
spricht, obwohl er in der Linksfraktion vor allem für Verkehrsthemen
zuständig ist, hat einen besonderen Grund: Es ist seine letzte Rede im
Abgeordnetenhaus. Er zieht nach Hamburg um und verlässt Ende Januar das
Parlament, in dem er seit 1991 saß – entweder als Abgeordneter oder von
2002 bis 2011 auf der Regierungsbank.
„Lassen Sie Ihre Horrorszenarien stecken“, empfiehlt Wolf der Opposition,
die erhebliche Einbrüche beim Wohnungsbau und Jobverluste vorher sagt. Und
weil AfD-Zwischenrufe den Mietendeckel mantrahaft mit
DDR-Wohnungswirtschaft gleichsetzen, erinnerte der geborene Offenbacher an
seine Anfänge im Westteil der Stadt: 1977 sei er nach Berlin gekommen, bis
in die 1980er habe es dort Mietpreisbindung gegeben: „Das war kein
schlechtes Leben für die Mieterinnen und Mieter.“
## CDU: Unsoziales Gesetz
Wolf zitierte mit Blick auf Klagen, die CDU und FDP gegen den Mietendeckel
angekündigt haben, zudem aus einem Urteil des Verfassungsgerichts zur
Mietpreisbremse: Vermieter müssten mit künftigen Gesetzesänderungen rechnen
und könnten sich nicht auf eine jetzige, für sie günstigen Rechtslage
verlassen.
Die CDU-Fraktion, die kurz darauf eine Einladung zur Vorstellung ihres
Prozessbevollmächtigten an diesem Freitag verschickt, sieht das
erwartungsgemäß ganz anders. „Ihr Mietengesetz deckelt nicht die Mieten,
sondern den Wohnungsbau“, sagt Fraktionschef Burkard Dregger, unsozial sei
es, einer Überprüfung vor Gericht werde es nicht stand halten.
Dem wiederum widerspricht die SPD in Person ihrer baupolitischen Sprecherin
Iris Spranger – wobei sie einräumt, es gebe „natürlich noch Fragen“. Au…
die Grüne Katrin Schmidberger stellt den Deckel nicht als Allheilmittel
dar, aber als „ein Beitrag dazu, den Wohnungsmarkt wieder in geordnete
Bahnen zu lenken“. Sie beklagt jüngste Änderungen im Gesetzentwurf „zu
Lasten der Mieter“ und betont erneut, die Grünen hätten die
Genossenschaften gern vom Deckel ausgenommen.
Schmidberger wird wenig später vor dem Sitzungssaal ein Wortgefecht mit dem
CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Heilmann haben. Der ist angeblich nicht
wegen der Mietendeckel-Abstimmung gekommen, sondern um einige
CDU-Abgeordnete zu treffen, steht dann aber doch vor TV-Kameras. Jüngst hat
er die Grünen per Brief aufgefordert, das Gesetz abzulehnen: „Wollt Ihr das
wirklich?“, fragt er darin duzend. Und: Zu einer von den Grünen
angestrebten Führungsposition passe nicht, „wenn man bloßer
Steigbügelhalter für ein verfassungswidriges Unterfangen der Linken wird“.
Das habe sie geärgert und das habe sie Heilmann auch klar gemacht, sagt
Schmidberger später der taz, „das war eine überflüssige PR-Aktion“.
## 85 mal Ja, 64 mal Nein
In der namentlichen Abstimmung steht die rot-rot-grüne Mehrheit: 85 mal Ja
gegen 64 mal Nein, heißt es, kurz bevor es zu dem Zwischenfall auf der
Besuchertribüne kommt. Parlamentsmitarbeiter begleiten die Protestierenden
von der Tribüne. Man werde Strafanzeige stellen, sagt
Abgeordnetenhaussprecher Ansgar Hinz später der taz, „das kann das Haus
nicht durchgehen lassen“. Dabei geht es nicht nur um Hausfriedensbruch,
sondern auch um einen besonderen Strafgesetzbuch-Paragraphen zum Schutz der
Parlamente: Bei „Störung der Tätigkeit eines Gesetzgebungsorgans“ drohen
bis zu einem Jahr Haft oder eine Geldstrafe.
In Kraft ist das Mietendeckelgesetz trotz der Abstimmung allerdings noch
nicht: Das passiert erst, wenn es im „Amtsblatt für Berlin“ veröffentlicht
ist, voraussichtlich am 15. Februar. Es gilt dann rückwärtig zum 18. Juni,
als der Senat Eckwerte zum Deckel beschloss – und macht damit auch danach
ausgesprochene Mieterhöhungen ungültig.
30 Jan 2020
## LINKS
[1] /Linkes-Hausprojekt-in-Berlin/!5657278/
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Mietendeckel
Thomas Heilmann
Bundesverfassungsgericht
Mietpreisbremse
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