# taz.de -- Autofreie Innenstadt in Berlin: Berlin bald ausgebrannt | |
> Umweltsenatorin Günther macht Ernst: Ab 2030 soll Schluss sein mit | |
> Verbrennungsmotoren im Ring. Dafür gibts teure Flüge und eine | |
> Solarpflicht. | |
Bild: Hier am Messedamm soll's weniger stinken: Bald ist Schluss mit fossilem B… | |
Berlin taz | Klimaschutzsenatorin Regine Günther (Grüne) will ihren | |
KritikerInnen offenbar klare Kante zeigen: Sie hat eine Vorlage für den | |
Senat erarbeitet, in der sie weitgehende Forderungen auflistet, mit denen | |
der Klimakrise auf Landesebene entgegengetreten werden soll. Unter anderem | |
sollen Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2030 innerhalb des S-Bahn-Rings und | |
ab 2035 in der gesamten Stadt nicht mehr fahren dürfen. Die Preise für | |
Flüge sollen über die Flughafengebühren erhöht werden. Eine gesetzliche | |
Pflicht zur Ausstattung von Neubauten mit Photovoltaik steht ebenso auf der | |
Liste wie ein baldiges Verbot des Einbaus von Ölheizungen. | |
Am 10. Dezember hatte der Senat auf Initiative von Günther – und letztlich | |
durch den Druck der Klimaschutz-Bewegung sowie die erfolgreiche | |
Volksinitiative „Klimanotstand“ – eine „Klimanotlage“ anerkannt. Es w… | |
vereinbart, dass die Senatsverwaltung bis Mitte Januar einen Zeit- und | |
Maßnahmenplan vorlegt. Dieses Papier liegt der taz vor. Statt am 14. | |
Januar, wie ursprünglich geplant, wird es nun erst am 28. Januar Thema auf | |
der wöchentlichen Sitzung der Landesregierung sein. | |
In Günthers siebenseitiger Vorlage heißt es, die „Erderhitzung“ schreite | |
immer schneller voran, die Auswirkungen der Klimaveränderungen seien | |
bereits jetzt „für jeden zu spüren“. Um das ohnehin feststehende Ziel der | |
Klimaneutralität Berlins bis spätestens 2050 schneller zu erreichen, | |
müssten nun das „Klimaschutztempo deutlich erhöht“ werden. Ein „Mix aus | |
Fördern und Fordern“ sei notwendig, die Stadt müsse beim Klima zum Vorbild | |
werden. | |
Viele dieser Inhalte sind bereits bekannt oder werden zumindest von | |
einzelnen Koalitionspartnern, namentlich den Grünen, eingefordert. Dazu | |
gehört die Pflicht, alle technisch geeigneten Neubauten mit Anlagen zur | |
Erzeugung von Solarstrom auszustatten. Der Ausstieg aus der Kohle, der mit | |
Vattenfall bereits vereinbart ist, soll beschleunigt werden, die | |
energetische Sanierung von Gebäuden durch verstärkte Förderung | |
vorangetrieben werden. | |
## 365-Euro-Ticket und Wärmegesetz | |
Die wohl weitestgehende Maßnahme wäre das von Günther geforderte Verbot von | |
„Pkw mit Verbrennungsmotoren auf fossiler Basis“ in der Umweltzone ab 2030 | |
und in ganz Berlin ab 2035. Allerdings ergänzt die Vorlage gleich | |
relativierend: „Dafür gilt es zu prüfen, welche bundes- und | |
landesrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen sind.“ | |
Rechtlich unproblematisch, wenn auch nicht gerade billig dürfte die | |
Umstellung der öffentlichen Fuhrparke auf emissionsfreie Mobilität bis 2030 | |
sein, die ebenfalls gefordert wird. Diese Verpflichtung soll im Berliner | |
Energiewendegesetz verankert werden. Um als Vorbild voranzugehen, sollen | |
die Senatsmitglieder schon bis Ende dieser Legislaturperiode auf | |
emissionsfreie Autos umsteigen, wenn es nach Günther geht. | |
Auch dass der boomende Flugverkehr nicht so recht mit den Klimazielen | |
zusammenpassen will, hat Günther verstanden. Sie fordert deshalb „eine | |
stärker an den CO2-Emissionen orientierte Ausgestaltung der | |
Flughafengebühren für Starts und Landungen auf dem Flughafen BER“. Sprich: | |
Fliegen soll teurer werden. | |
Daniel Buchholz, umweltpolitischer Sprecher der SPD, findet es „klar, dass | |
die Energie- und die Verkehrswende zusammengehören“. In Kenntnis des | |
Günther-Papiers fordert er, dass auch Abgeordnete und Senat ihre | |
Vorbildfunktion stärker betonen müssten: „Innerdeutsche Flugreisen passen | |
nicht mehr in die Zeit und sollten zur Ausnahme werden.“ | |
Buchholz verweist gegenüber der taz auf die Arbeitsgemeinschaft „Tarife“ | |
der Koalition, die Modelle für eine ergänzende ÖPNV-Finanzierung erarbeiten | |
soll. Damit werde auch das 365-Euro-Ticket möglich, das die Attraktivität | |
von Bus und Bahn gegenüber dem Privatauto erhöhe. | |
## FDP hält Günther für radikal | |
Michael Efler, klimapolitischer Sprecher der Linksfraktion, sieht große | |
Übereinstimmung mit Günthers Vorstoß: „Da kommen wir zusammen.“ Was er | |
vermisst, ist ein „Wärmegesetz“, wie die Linke es schon länger fordert. | |
Zwar nennt die Vorlage das Ziel, die Wärmeversorgung stärker durch | |
erneuerbare Energien zu ermöglichen, für Efler muss das aber wie die | |
„Solarpflicht“ auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden – die auch | |
die Sozialverträglichkeit garantiere. In Sachen Solaranlagen auf Gebäuden | |
fordert Efler, auch die Ausrüstung des Bestands etwa bei Sanierungen | |
stärker zu forcieren. | |
Die Opposition steht derweil kopf: FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja, | |
teilte am Dienstag mit, die „Ideen der Verkehrssenatorin“ würden „immer | |
radikaler und drastischer“. Es gehe bei der angestrebten Zero-Emission-Zone | |
„nur noch um einen einseitigen Kampf gegen das Auto“. „Die Autofahrer imm… | |
weiter zu bestrafen wird nur noch mehr Zorn zwischen allen erzeugen“, so | |
Czaja. Wichtig sei stattdessen eine bessere Verkehrslenkung, die | |
„Nachrüstung von Bussen und Taxis“ und der Ausbau des ÖPNV. | |
21 Jan 2020 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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