Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Regierungsbildung in Thüringen: Rot-Rot-Grün und CDU nähern sich…
> Thüringen betritt politisches Neuland. Die Weichen werden gestellt, um
> eine teils von CDU und FDP gestützte linksgrüne Minderheitsregierung zu
> bilden.
Bild: Auch während der Regierungsgespräche noch im Amt: Ministerpräsident Bo…
Dresden taz | Die mit Spannung erwartete erste Sondierungsrunde aller fünf
Parteien jenseits der AfD im Thüringer Landtag dauerte am Montag nur die
geplanten zwei Stunden. Sie stellte aber die Weichen für ein
regierungsfähiges Thüringen mit einer von Fall zu Fall von CDU und FDP
unterstützten Minderheitsregierung von Linker, SPD und Grünen. „Eine
‚Projektregierung‘ ist vom Tisch, aber wir haben eine projektbezogene
Zusammenarbeit vereinbart“, sagte SPD-Landesvorsitzender Wolfgang Tiefensee
der taz.
Dafür werden keine neuen Gremien oder Institutionen geschaffen. In den
Landtagsausschüssen untereinander oder bei Gesprächen zwischen den
Fachministerien und den Fraktionen sollen die konkreten Sachfragen
geklärt werden. Als Beispiel nannte Tiefensee die bald fälligen
Abstimmungen zum nächsten Landeshaushalt.
Bei der Landtagswahl am 27. Oktober 2019 hatte die bislang regierende
rot-rot-grüne Koalition trotz Stimmengewinnen der Linken die
Parlamentsmehrheit um vier Stimmen verfehlt. Die Bemühungen um politische
Handlungsfähigkeit laufen seither auf mehreren Ebenen. Am vergangenen
Freitag legte sich die rot-rot-grüne Koalition auf Eckwerte einer
fortgesetzten Zusammenarbeit fest.
Vorausgegangen waren seit Ende November mehrere „Montagsrunden“ der
gegenseitigen Verständigung. Das „Zukunftsvertrag“ betitelte
Koalitionspapier mit dem Ziel der Bildung einer Minderheitsregierung soll
am bevorstehenden Mittwoch in Erfurt endgültig beschlossen werden.
Parteitage von SPD und Grünen und eine Mitgliederbefragung der Linken
müssen dieses Ergebnis noch bestätigen.
## Die CDU schlingerte bisher
Für Mehrheitsbeschlüsse wären Linke, Grüne und SPD aber auf Stimmen von CDU
und/oder FDP angewiesen, wenn man die AfD außen vor lassen will. Die CDU
schließt eine Koalition oder die förmliche Tolerierung einer
Minderheitsregierung aus, weil Beschlüsse der Bundespartei Bündnisse mit
der Linken untersagen.
Ihr Landes- und Fraktionschef Mike Mohring fuhr bislang einen
undurchsichtigen Schlingerkurs. Er versuchte, SPD und Grüne für ein
„Bündnis der Mitte“ unter CDU-Führung zu gewinnen, ließ aber parteiinter…
Diskussionen um eine Annäherung an die AfD weiterlaufen.
In der vergangenen Woche wurde dann der frühere CDU-Ministerpräsident
Dieter Althaus [1][mit der Idee einer „Projektregierung“ medienwirksam
vorgeschickt], die der CDU unter Gesichtswahrung eine partielle
Zusammenarbeit mit Rot-Rot-Grün ermöglichen würde. Die Idee einer solchen
punktuellen Unterstützung war nicht neu, aber der Begriff
„Projektregierung“ stieß beim weiter amtierenden Linken-Ministerpräsident…
Bodo Ramelow auf Ablehnung.
Am Sonntagabend fand dann auf Anregung des ehemaligen Bundespräsidenten
Joachim Gauck ein Gipfeltreffen beim Abendessen zwischen Ramelow und
Mohring statt. „Es muss neue Wege und Ideen in der Politik geben“,
twitterte Ramelow. Gauck hatte bereits Ende Oktober eine Annäherung
zwischen der CDU und einer mit der SED in der DDR nicht mehr vergleichbaren
Linken angeregt und dafür heftige Kritik aus der Union geerntet.
## Das „Thüringer Modell“
Die Linke hingegen erfuhr auch gestern nochmals Unterstützung von der
Bundesspitze. „Wenn dann die CDU eine solche Minderheitsregierung an
einzelnen Projekten konstruktiv unterstützen will, ist das herzlich
willkommen“, sagte Parteichefin Katja Kipping.
Allerdings wird in Kreisen der Linken-Fraktion auch nach dem
Montagsgespräch skeptisch gesehen, dass sich CDU und FDP nicht auf
themenbezogene Sondierungen im Vorfeld der Landtagsberatungen einlassen
wollten. Befürchtet wird, dass so doch mit Hilfe der AfD Druck auf die
Koalition ausgeübt werden könnte.
Dennoch sprach Linken-Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow am Montag von
einer „guten und entspannten Atmosphäre“ beim Fünfergespräch. Auch ihr
SPD-Kollege Wolfgang Tiefensee lobte die „konstruktive Runde“. Beide
bestätigen damit den langjährigen Eindruck eines [2][vergleichsweise
menschlich-freundlichen Umgangs politischer Gegner in Thüringen].
CDU-Chef Mohring kündigte bereits die Vorlage einer Liste möglicher
gemeinsamer Projekte an. Bis Mittwoch will die Union in Klausur beraten.
Tiefensee betonte das neue „Thüringer Modell“, das „ein Signal über die
reine Mandatsarithmetik hinaus setzen könnte“.
13 Jan 2020
## LINKS
[1] /CDU-sinniert-ueber-Projektregierung/!5651362
[2] /Nach-der-Landtagswahl-in-Thueringen/!5640647
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Minderheitsregierung
Grüne
Schwerpunkt Thüringen
Bodo Ramelow
Schwerpunkt Landtagswahl Thüringen
Rot-Rot-Grün
Schwerpunkt Landtagswahlen
Schwerpunkt Landtagswahl Thüringen
Schwerpunkt Landtagswahl Thüringen
Verfassungsschutzbericht
Die Linke
## ARTIKEL ZUM THEMA
Minderheitsregierung in Thüringen: Ein offenes Verhältnis
Koalitionen ohne Mehrheit haben hierzulande keine Tradition. Dabei können
sie den Beteiligten sogar guttun. Das zeigt ein Blick in die Geschichte.
Koalition in Thüringen: Verkorkster Start für Rot-Rot-Grün
Die designierte Minderheitskoalition streitet um Ressorts. Schon wird über
ein Bündnis ohne die Grünen spekuliert.
Koalitionsvertrag von R2G in Thüringen: Programm steht, Mehrheit fehlt
Linke, SPD und Grüne einigen sich in Thüringen auf ein Regierungsprogramm.
Entscheidende Gespräche mit der Opposition kommen aber erst noch.
Regierungsbildung in Thüringen: Die Pirouetten der CDU
Das Dilemma der Wahlniederlage verschleißt die Landespartei und ihren
Vorsitzenden Mike Mohring. Der äußert sich widersprüchlich.
CDU sinniert über „Projektregierung“: Erfurter Gedankenspiele
Ernsthafter Vorschlag oder PR-Gag der CDU? Ministerpräsident Ramelow setzt
in Thüringen weiter auf eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung.
Verfassungsschutz Thüringen: Diese Crêpes sind zu heiß
„Black Kitchen“ bekocht linke Protestierende – und schafft es damit in
einen Landesverfassungsschutzbericht. Die Gruppe will nun dagegen klagen.
Rot-Rot-Grün in Thüringen: Jetzt soll es flott gehen
Bodo Ramelow will sich noch vor Beginn der Winterferien zum
Ministerpräsidenten wählen lassen. Rot-Rot-Grün erarbeitet einen
Koalitionsvertrag.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.