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# taz.de -- Rechtsbeistand für Linksradikale: Hilfe für die Roten
> Trotz oder wegen einer Verbotsdebatte wächst die Rote Hilfe so stark wie
> nie. Auch nach der Connewitz-Nacht ist der linke Verein im Einsatz.
Bild: Plakat der Roten Hilfe in Potsdam
Berlin taz | Der Aufruf kam prompt. Nach „[1][den Ereignissen zu
Silvester]“ sei damit zu rechnen, dass „Menschen von Repression überzogen
werden“, teilte die Leipziger Ortsgruppe der Roten Hilfe noch am 2. Januar
mit. Betroffene seien in die „Sprechstunde“ eingeladen. Ansonsten gelte:
Keine Aussage bei den „Bullen“, Wohnungen aufräumen und „nicht unterkrie…
lassen“.
Es ist eine eingeübte Praxis. Wo immer Linke nach Demonstrationen oder
Protestaktionen Probleme mit Polizei und Gerichten bekommen, bietet die
Rote Hilfe Unterstützung an. Sie berät juristisch, vermittelt Anwälte – und
übernimmt bisweilen Teile der Prozesskosten. So wie jetzt auch in
Connewitz.
In der Neujahrsnacht war es in dem Leipziger Stadtteil zu gewaltsamen
Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Bei einem Angriff blieb ein
Beamter bewusstlos zurück – der Fall wird als versuchter Mord gewertet.
Feiernde beklagen derweil auch Übergriffe der Polizei.
Auch hier will sich die Rote Hilfe nun kümmern. Und das Konzept findet
Zuspruch. Nach Zahlen, die der taz vorliegen, hat die 1975 gegründete Rote
Hilfe im vergangenen Jahr ein Allzeithoch an Mitgliedern erreicht: 11.720
Personen. Dazu gibt es inzwischen 51 Ortsgruppen bundesweit, die 2019 rund
700 „Beratungsabende“ durchführten. Und laut Vereinsangaben gab es auch
„Rekordausgaben“ für die Unterstützung linker AktivistInnen: 430.000 Euro.
Die Zahlen sind durchaus erstaunlich. Denn vor einigen Monaten wurde noch
über [2][ein Verbot der Roten Hilfe] diskutiert. [3][Nach
taz-Informationen] wurde dieses Vorhaben im Bundesinnenministerium
zumindest geprüft. Denn die Rote Hilfe verhehlt nicht, wo sie steht: klar
links. Die Arbeit diene auch der „Stärkung der Bewegung“, heißt es dort.
Unterstützte brauchen sich von ihren Taten nicht zu distanzieren, ganz im
Gegenteil.
## Die Roten Helfer haben üppig zu tun
Aktuell will das Ministerium zu Verbotsüberlegungen nichts sagen: Dazu
äußere man sich grundsätzlich nicht. Ein Sprecher verweist aber auf
Einschätzungen des Verfassungsschutzes. Dort wird der Roten Hilfe
attestiert, sie unterstütze „Straf- und Gewalttäter“ und versuche „die
rechtsstaatliche Demokratie zu diskreditieren“. Auch Inhaftierten werde
geholfen, „um sie zum ‚Weiterkämpfen‘ zu motivieren“.
Bei der Roten Hilfe freut man sich derweil über den Mitgliederzuwachs: Sie
ist inzwischen die größte linksradikale Gruppierung hierzulande. „Dass so
viele Menschen durch ihre Mitgliedschaft in der Roten Hilfe Solidarität
praktisch werden lassen, ist ein wichtiges Zeichen gegen die verschärfte
Repression“, sagt Sprecherin Anja Sommerfeld.
Nach der Verbotsdebatte habe es Anfang 2019 eine „Beitrittswelle“ gegeben,
die das ganze Jahr angehalten habe. Zudem warb die Rote Hilfe zuletzt
mithilfe linker Promis wie Christiane Rösinger, Konstantin Wecker oder
Ilija Trojanow offensiv um Mitglieder.
Ungemütlich könnte es demnächst dennoch werden. Denn nach Connewitz fordert
die Union ein scharfes Vorgehen gegen Linksextremismus, Sachsens
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sprach von „linkem Terror“. Und
der CDU-Innenexperte Armin Schuster forderte, „auch diejenigen anzuschauen,
die den Extremisten durch ihre Sympathiebekundungen und Aufrufe mindestens
psychische Beihilfe leisten“. Die Rote Hilfe dürfe hier wohl mitgemeint
sein.
Dort ahnte man bereits zuvor Ungemach. Durch verschärfte Polizeigesetze und
den Ausbau der Sicherheitsbehörden gehe es 2020 wohl „weiter stramm in den
Polizeirechtsstaat“, so der Verein. Bereits jetzt hat die Rote Hilfe mit
der Betreuung der [4][Großprozesse nach den G20-Krawallen] und Verfahren zu
Klimaprotesten üppig zu tun. Ende Januar startet zudem der Prozess zum
Verbot des Onlineportals „linksunten.indymedia“.
Und nun kommen die Silvester-Ausschreitungen in Connewitz dazu. Die Polizei
ermittelt hier bereits gegen 13 Verdächtige, vier Haftbefehle wurden
verhängt. Mit Hochdruck werden zudem die Angreifer auf einen Polizisten
gesucht, der bewusstlos geschlagen wurde. Bei der Roten Hilfe Leipzig
rechnet man jedenfalls mit Arbeit: Habe die Polizei erst mal Videomaterial
ausgewertet, drohe wohl noch mehr Menschen „Repression“.
7 Jan 2020
## LINKS
[1] /Angriff-auf-Polizei-in-Leipzig/!5649887
[2] /Kommentar-zum-Verbot-der-Roten-Hilfe/!5553639
[3] /Verein-zur-Unterstuetzung-linker-Aktivisten/!5553724
[4] /Prozess-zu-G20-Gipfel-in-Hamburg-2017/!5650018
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Rote Hilfe
Linksextremismus
deutsche Justiz
Connewitz
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Schwerpunkt Stadtland
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Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Leipzig-Connewitz
Schwerpunkt G20 in Hamburg
G20-Prozesse
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