| # taz.de -- Nach 18 Jahren US-Krieg in Afghanistan: Lügen, verlieren, weiterl�… | |
| > Dokumente und Interviews belegen: US-Politik und Militär wussten, dass | |
| > der Afghanistankrieg nicht zu gewinnen ist – und bejubelten stets | |
| > „Erfolge“. | |
| Bild: Das US-Präsidentenpaar George W. und Laura Bush mit Afghanistans Präsid… | |
| Berlin taz | Seit inzwischen über 18 Jahren kämpfen US-Truppen in | |
| Afghanistan. Es ist der längste Krieg der US-Geschichte. Drei | |
| US-Präsidenten – George W. Bush, Barack Obama und schließlich Donald Trump | |
| – standen dem US-Militär in dieser Zeit als Oberbefehlshaber vor. Was alle | |
| drei eint: Sie haben die Öffentlichkeit andauernd über den Krieg belogen, | |
| und zu keinem Zeitpunkt verfügten die USA auch nur über eine einigermaßen | |
| kohärente Strategie, was sie mit diesem Krieg eigentlich erreichen wollen. | |
| Das geht aus umfangreichen Dokumenten hervor, die die [1][Washington Post ] | |
| nach langem Rechtsstreit aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes | |
| (Freedom of Information Act) einsehen konnte und jetzt [2][veröffentlicht] | |
| hat. | |
| Kernstück sind zur internen Auswertung ab 2014 geführte Interviews mit | |
| verantwortlichen Militärs, Diplomat*innen und Entwicklungspolitiker*innen, | |
| deren Abschriften der Post nunmehr vorliegen, wenn auch zum großen Teil | |
| anonymisiert. | |
| Grundtenor der Analysen: Die USA sind 2001 reflexhaft in Afghanistan | |
| einmarschiert, eigentlich um al-Qaida zu treffen, die mutmaßlichen | |
| Verantwortlichen der Anschläge in New York und Washington am 11. September. | |
| Die Taliban, die al-Qaida Unterschlupf gewährt hatten und sich weigerten, | |
| deren damaligen Chef Osama bin Laden zu übergeben, wurden eher nebenbei zum | |
| direkten Kriegsgegner. Eine Strategie, wie sie in Gespräche über ein | |
| zukünftiges Afghanistan einzubinden seien, gab es nicht. Und zu keinem | |
| Zeitpunkt verstanden die US-Entscheidungsträger*innen wirklich, wie die | |
| afghanische Gesellschaft konstituiert ist. | |
| ## Immer mehr Ziele, aber keine Strategie | |
| Bush, Obama und Trump versicherten öffentlich, in Afghanistan kein „nation | |
| building“ betreiben zu wollen, gaben aber genau dafür Rekordsummen aus: | |
| Insgesamt 133 Milliarden US-Dollar, mehr als der gesamte Marshallplan für | |
| Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg gekostet hat, haben die | |
| US-Regierungen in Afghanistan für Wiederaufbau, Hilfsprogramme und die | |
| afghanischen Sicherheitskräfte investiert – ohne damit jedoch nennenswerte | |
| Erfolge zu erzielen. Der Versuch, so geht es aus zahlreichen der | |
| veröffentlichten Interviews hervor, in Afghanistan eine demokratische | |
| Zentralregierung nach westlichem Vorbild aufzubauen, ist grandios | |
| gescheitert. | |
| Und: Auf der Suche nach dem Sinn des einmal begonnenen Krieges wurden immer | |
| mehr Ziele formuliert: Kampf gegen den Terror, Demokratieaufbau, | |
| Durchsetzung von Frauenrechten, Kampf gegen die Drogen … Und entsprechend | |
| viele US-Institutionen mit zum Teil vollkommen widersprüchlichen | |
| Zielstellungen beteiligten sich. Die einen sprachen von Demokratie, | |
| Menschen- und Frauenrechten, während die anderen die direkte Zusammenarbeit | |
| mit afghanischen Warlords organisierten, die für das Gegenteil standen. | |
| Immer mehr fanden die USA sich in der Rolle, mit dem afghanischen | |
| Präsidenten Hamid Karsai eine Regierung stützen zu müssen, die immer | |
| offenkundiger genauso korrupt wie unfähig war. Und während die USA und die | |
| anderen involvierten Nato-Mitgliedstaaten beständig der Öffentlichkeit über | |
| „Fortschritte“ an der Kriegsfront und bei der Ausbildung der afghanischen | |
| Sicherheitskräfte berichteten, zeigen die Interviews, wie beständig | |
| Statistiken gefälscht und Wahrheiten verschwiegen wurden, die genau solche | |
| Fortschrittsberichte ad absurdum geführt hätten. | |
| George W. Bush und sein Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, die den | |
| Krieg begonnen hatten, zogen schon im Folgejahr gedanklich weiter zum | |
| Einmarsch in den Irak 2003 und interessierten sich nicht mehr weiter für | |
| das, was in Afghanistan geschah. | |
| Obama verkündete bei seinem Amtsantritt eine [3][Neufokussierung], erhöhte | |
| Truppenstärke und Hilfszusagen massiv, konnte aber abgesehen vom | |
| Propagandaerfolg, [4][Osama bin Laden aufgespürt und getötet] zu haben, | |
| auch keine Erfolge vorweisen. | |
| Eine Exitstrategie haben die USA bis heute nicht, Gespräche mit den Taliban | |
| [5][laufen zwar wieder], aber mit unklarem Ausgang. Die Afghan Papers der | |
| Washington Post sind ein Dokument kopfloser Kriegführung – mit | |
| Zehntausenden von Toten. | |
| 11 Dec 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.washingtonpost.com/graphics/2019/investigations/afghanistan-pap… | |
| [2] https://www.washingtonpost.com/graphics/2019/investigations/afghanistan-pap… | |
| [3] /Ortstermin-in-Afghanistan/!5160832 | |
| [4] /Al-Qaida-Chef-Osama-bin-Laden-ist-tot/!5121621 | |
| [5] /US-Gespraeche-mit-Taliban/!5648115 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernd Pickert | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Afghanistan | |
| Hamid Karsai | |
| George W. Bush | |
| Barack Obama | |
| Donald Trump | |
| Donald Rumsfeld | |
| 9/11 | |
| Schwerpunkt Afghanistan | |
| Schwerpunkt Afghanistan | |
| USA | |
| Taliban | |
| USA | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Anschlag in Kabul: Frustrierte Islamisten | |
| Den Taliban gehen die Friedensgespräche mit den USA nicht schnell genug. | |
| Das Selbstmordattentat in Kabul könnte eine Warnung sein. | |
| Verhandlungen zwischen USA und Taliban: Abzug aus Afghanistan nah | |
| Die langen Verhandlungen zwischen Taliban und den USA scheinen am Ende. | |
| Wenn der US-Truppenabzug beginnt, können auch Friedensgespräche starten. | |
| US-Gespräche mit Taliban: Auf ein Neues in Katar | |
| Schon Ende November hatten die USA angekündigt, die Gespräche mit den | |
| Taliban wieder aufzunehmen. Nun treffen sich die Parteien in Katar. | |
| Friedensprozess mit Taliban: Trump will verhandeln | |
| Nach einem Besuch des US-Präsidenten in Afghanistan soll es zu neuen | |
| Gesprächen mit den Taliban kommen. Auch diesmal ohne die afghanische | |
| Regierung. | |
| Umgang mit Kriegsverbrechen in den USA: Marineminister muss gehen | |
| US-Präsident Donald Trump verteidigt und begnadigt mutmaßliche | |
| Kriegsverbrecher. Der Marineminister Richard Spencer tritt deswegen zurück. |