# taz.de -- Wiederwahl Woidkes in Brandenburg: Kenia verpatzt den ersten Test | |
> Ministerpräsident Woidke (SPD) fehlen bei der Wiederwahl drei Stimmen aus | |
> der rot-schwarz-grünen Koalition. Die Mehrheit reicht nur knapp. | |
Bild: Knappe Kiste: Woidke (SPD) wurde mit zwei Stimmen Mehrheit wiedergewählt | |
Potsdam taz | Es ist ein besonderer Mittwochvormittag im Brandenburger | |
Landtag. Das ist natürlich grundsätzlich so, wenn die Wahl des | |
Ministerpräsidenten ansteht. Aber an diesem Morgen kommt noch hinzu, dass | |
eine Premiere in Brandenburg stattfindet: Eine Kenia-Koalition, ein | |
rot-schwarz-grünes Bündnis, will gemeinsam einen Regierungschef wählen. Es | |
ist das zweite Mal in Deutschland überhaupt eine Kenia-Koalition. | |
50 Stimmen haben die drei Fraktionen zusammen, 45 Mal „Ja“ ist nötig, damit | |
SPD-Landeschef Dietmar Woidke in dem Amt bleiben kann, das er 2013 von | |
Matthias Platzeck übernahm. Platzeck, der damals aus gesundheitlichen | |
Gründen zurücktrat, ist unter den knapp 100 Gästen auf der Besuchertribüne, | |
als die Auszählung kurz vor halb elf ergibt, dass Woidke nur 47 Stimmen | |
bekommen hat. Das reicht zwar zur Wahl, aber es fehlen drei Stimmen aus der | |
Koalition. Die werden schnell hinter den drei Enthaltungen vermutet, die es | |
neben 37 Gegenstimmen aus der Opposition gibt. | |
Die Atmosphäre im Landtag hat trotz der fehlenden Stimmen nichts von einem | |
Eklat. Offenbar war man bei SPD und Grünen schon davon ausgegangen, dass | |
der eine oder die andere aus der 15-köpfigen CDU-Fraktion nicht wirklich | |
von der neuen Koalition überzeugt ist. Dem rot-schwarz-grünen Bündnis hatte | |
zwar am Samstag ein Landesparteitag der Christdemokraten mit 97 Prozent | |
zugestimmt. | |
Aufhorchen ließ aber schon, dass der Kenia-Verhandlungsführer und | |
designierte neue Innenminister Michael Stübgen – obwohl ohne | |
Gegenkandidaten – nur mit einem mauen Ergebnis von 71 Prozent zum | |
CDU-Landesvorsitzenden gewählt wurde. Zudem sagte die Landtagsabgeordnete | |
und Ex-Landeschefin Sakia Ludwig vom rechten Parteiflügel beim Parteitag, | |
sie habe „mehr oder weniger mit einer Faust in der Hosentasche“ dem | |
Koalitionsvertrag zugestimmt. | |
## Ein bisschen Gefrotzel zu Beginn | |
„Dank unserer Stimmen hat's gereicht“, frotzelt SPD-Generalsekretär Erik | |
Stohn während einer Pause im Plenarsaal einem CDU-Abgeordneten gegenüber. | |
Der alte und neue Ministerpräsident Woidke hat gerade nach seiner Wahl in | |
einem Nebenraum sein Regierungsteam ernannt: Fünf der zehn Ministerien | |
übernimmt die SPD, drei die CDU und zwei gehen an die Grünen. Frauen sind | |
im neuen Kabinett in der Überzahl: Sie leiten sechs der zehn Ministerien. | |
Bei all dem geht unter, dass der Mann mit der hohen Stirn, der aus der | |
hintersten der vier Reihen der CDU-Abgeordneten zur Woidke-Wahl schritt, | |
vor drei Monaten noch die Zukunft seiner Partei zu sein schien: Ingo | |
Senftleben strebte als Partei- und Fraktionschef selbst das Amt des | |
Ministerpräsidenten an. Doch bei der Landtagswahl am 1. September sackte | |
die CDU auf ein Rekordtief von 15 Prozent ab, fünf Tage später trat | |
Senftleben von seinen Parteiämtern zurück. | |
Nach der Pause folgte die Vereidigung – aus grüner Sicht seit einem | |
Vierteljahrhundert die erste für Ministerinnen und Minister aus ihren | |
Reihen: Die bisherigen Fraktionschefs Ursula Nonnemacher und Axel Vogel | |
übernehmen die Ressorts für Soziales, Gesundheit, Integration und | |
Verbraucherschutz sowie Landwirtschaft und Umwelt. | |
Am Donnerstag geht es für sie in ihren neuen Ministerien los. Vogel hatte | |
schon zu Wochenbeginn angekündigt, dass gleich am ersten Tag das Thema der | |
geplanten Tesla-Ansiedlung in Grünheide anstehen soll. Gefragt, ob er | |
selbst als erster brandenburger Minister einen Tesla – ein Elektroauto – | |
als Dienstwagen haben werde, antwortete Vogel: „Das könnte passieren.“ | |
20 Nov 2019 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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