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# taz.de -- Deutsches Gemeinnützigkeitsrecht: Keine Konkurrenz für Parteien
> Finanzminister Olaf Scholz will das Gemeinnützigkeitsrecht reformieren.
> Seine Vorschläge lassen Umweltverbände um ihre Existenz fürchten.
Bild: Greenpeace-Aktion im Berliner Regierungsviertel: gemeinnützig, politisch…
Berlin taz | Über 600.000 gemeinnützige Organisationen arbeiten in
Deutschland – Sportvereine, Stiftungen, Umweltverbände, Genossenschaften.
Manchen von ihnen könnte künftig die Neuregelung Probleme machen, [1][die
das Bundesfinanzministerium gerade mit den Ländern diskutiert]. Die
zentrale Frage lautet: [2][Wie politisch dürfen gemeinnützige
Organisationen handeln?]
Der [3][Status der Gemeinnützigkeit] ist wichtig: Er garantiert die
Befreiung von der Körperschaftsteuer, ermöglicht es Vereinen,
Spendenbescheinigungen auszustellen, und erleichtert ihnen so die
Finanzierung. Nun jedoch soll die Vergünstigung daran geknüpft werden, dass
eine politische Betätigung gegenüber dem eigentlichen Satzungszweck der
Organisation „weit in den Hintergrund tritt“, schlägt das
Bundesfinanzministerium vor. Dürfte dann noch ein Sportverein in einem
Bündnis gegen Neonazis mitwirken oder sich die Umweltorganisation
Greenpeace zur Steuerpolitik äußern?
Dass Finanzminister Olaf Scholz (SPD) jetzt aktiv wird, hat mit dem
Attac-Urteil des Bundesfinanzhofs vom Januar 2019 zu tun. Die Richter*innen
entschieden, dass die globalisierungskritische Organisation wegen ihrer
politischen Arbeit nicht länger als gemeinnützig anerkannt werden könne. In
der Folge entzog das zuständige Finanzamt den Unterschriftensammler*innen
von Campact die Fördermöglichkeit.
Offiziell erweckte die Ministeriumsspitze daraufhin den Eindruck, die
gemeinnützigen Organisationen absichern zu wollen. Aber sie verfolgt noch
ein zweites Interesse: Gleichzeitig will sie verhindern, dass Verbände den
Parteien zu ähnlich werden und dafür noch Steuervorteile in Anspruch nehmen
– daher die eventuelle Beschränkung der politischen Tätigkeit. Nun läuft
die Debatte – was dabei herauskommt, ist unklar.
## Wie politisch darf Gemeinnützigkeit sein?
Deshalb intervenieren nun neun Umwelt- und Entwicklungsorganisationen,
darunter der Bund, die Umwelthilfe und der Verkehrsclub VCD. Es liege in
der „Natur der Sache“, dass man Umwelt- und Klimapolitik nur politisch
betreiben könne. Deshalb verlangen sie, die Abgabenordnung, die die
Steuervergünstigung regelt, so zu ändern, dass „gemeinnützige Zwecke auch
überwiegend oder sogar ausschließlich mit politischen Mitteln verfolgt
werden dürfen“.
Der Umweltverband BUND schlägt darüber hinaus vor, den Katalog der
förderungsfähigen Zwecke in der Abgabenordnung zu ergänzen. Beispielsweise
solle das Finanzministerium „die nationale und internationale Durchsetzung
der Menschenrechte“, „Gleichberechtigung der Geschlechter“ sowie „Recht…
und Sozialstaatlichkeit“ hinzunehmen. Organisationen wie Attac müssten
sich, um ihre Gemeinnützigkeit zu begründen, nicht länger mit
Hilfskonstruktionen wie „Förderung der Volksbindung“ behelfen, die heute in
der Abgabenordnung stehen.
Die Verbände sprechen sich auch gegen die Idee des Finanzministeriums aus,
den neuen Status einer „politischen Körperschaft“ ins Leben zu rufen, um
Steuervorteile jenseits der Gemeinnützigkeit zu ermöglichen. Möglicherweise
müsste Greenpeace sich dann in zwei Teile zerlegen. Der grüne
Europaparlamentarier Sven Giegold sieht das ebenfalls kritisch: „Der
politische Verein ist nicht die Lösung, sondern eine Verschärfung des
Problems. Die Trennung in gemeinnützige und politische Vereine würde die
Zivilgesellschaft aufspalten.“
25 Nov 2019
## LINKS
[1] /Streit-um-Gemeinnuetzigkeit/!5633138/
[2] /Organisation-verliert-Gemeinnuetzigkeit/!5643507/
[3] /!t5030735/
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Gemeinnützigkeit
Olaf Scholz
umweltverbände
Attac
SPD
Steuerpolitik
Antifaschismus
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