# taz.de -- Überdüngung belastet Wasser: Umwelthilfe klagt wegen Nitrat | |
> Im Emsgebiet ist das Grundwasser oft zu stark mit potenziell schädlichem | |
> Nitrat belastet. Dagegen richtet sich eine Klage gegen Niedersachsen und | |
> NRW. | |
Bild: Emsaue im Nebel: In dieser Region werden die Nitrat-Grenzwerte im Grundwa… | |
BERLIN taz | Die Deutsche Umwelthilfe klagt nach dem Dieselskandal jetzt | |
auch gegen die Belastung des Grundwassers [1][mit Nitrat] zum Beispiel aus | |
Gülle. Die Organisation zog am Mittwoch gegen Niedersachsen und | |
Nordrhein-Westfalen vor das Oberverwaltungsgericht Lüneburg, weil sie gegen | |
die Wasserrahmenrichtlinie verstoßen hätten. Diese EU-Vorschrift fordert, | |
dass sich alle Gewässer in einem guten ökologischen und chemischen Zustand | |
befinden. | |
Doch im Ems-Gebiet der beiden Bundesländer werde der Nitrat-Grenzwert von | |
50 Milligramm pro Liter im Grundwasser [2][an vielen Messstellen | |
überschritten], teilte die Umwelthilfe mit. Die Organisation will die | |
Behörden nun durch die Klage zu Maßnahmen zwingen, um den Grenzwert | |
einzuhalten. Die Länder könnten zum Beispiel die Regeln gegen Überdüngung | |
konsequenter durchsetzen. | |
Potenziell gesundheitsschädliches Nitrat aus Stickstoffdüngern belastet | |
Grundwasser, aus dem das meiste Trinkwasser gewonnen wird. In der Umwelt | |
trägt zu viel Dünger zum Aussterben von Pflanzen- und Tierarten sowie zum | |
Klimawandel bei. | |
„21 der insgesamt 40 Grundwasserkörper beziehungsweise zwei Drittel der | |
Gesamtfläche der Flussgebietseinheit Ems auf deutschem Gebiet befinden sich | |
in einem schlechten chemischen Zustand“, so die Umwelthilfe. Hauptgrund | |
dafür sei, dass die Bauern im Schnitt mehr mit Stickstoff düngten, als die | |
Pflanzen aufnehmen könnten ([3][siehe taz-Faktencheck]). So entsorgen sie | |
die Gülle, die etwa in Schweineställen anfällt. Die Umweltschützer | |
kalkulieren, dass Niedersachsen 200.000 Hektar größer sein müsste, um die | |
Massen an Exkrementen und Gärresten aus Bioagasanlagen „bedarfsgerecht auf | |
die Felder auszubringen“. | |
## „Die Gülle steht uns bis zum Hals“ | |
„Die Wurzel allen Übels ist die auf intensive Landwirtschaft ausgerichtete | |
Agrarpolitik“, sagte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der | |
Umwelthilfe. Den Wasserversorgern falle es immer schwerer, die | |
Trinkwasserqualität zu erhalten, was am Ende die Verbraucher über die | |
Wasserrechnung bezahlten. „Das ist die Folge jahrelangen Versagens der | |
Bundes-, aber auch der Landesregierungen. Die Gülle steht uns bis zum | |
Hals.“ | |
„Wir brauchen einen fairen Umbau der Tierhaltung in Deutschland“, verlangte | |
Olaf Bandt, Vorsitzender des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), der | |
die Klage unterstützt. Dabei sollten „gute Einkommen“ der Bauern | |
sichergestellt werden. Dazu müsse der Deutsche Bauernverband seine Blockade | |
gegen eine Umverteilung der EU-Agrarsubventionen aufgeben. | |
Konkret sprechen sich die beiden Umweltverbände dafür aus, dass nur noch | |
höchstens zwei Großvieheinheiten pro Hektar gehalten werden dürfen. Das | |
entspricht zum Beispiel 2 Milchkühen, 13 Mastschweinen oder 640 Legehennen. | |
Dadurch würde automatisch genügend Fläche zur Verfügung stehen, um die | |
Exkremente umweltgerecht zu entsorgen. Außerdem wollen die Umweltschützer, | |
dass der Staat Biobauern besser fördert, da deren Höfe in der Regel eine | |
bessere Stickstoffbilanz haben. | |
Die Verbände berufen sich in ihrer Klage unter anderem darauf, dass der | |
Europäische Gerichtshof Deutschland bereits verurteilt hat, weil es seit | |
Jahren die Nitrat-Richtlinie verletze. Weil die EU-Kommission wieder mit | |
einer Strafzahlung gedroht hat, verschärft die Bundesregierung derzeit die | |
Düngeverordnung von 2017. Unter anderem dagegen haben bereits mehrfach | |
tausende Bauern demonstriert, weil sie finanzielle Verluste befürchten. | |
Anfang Oktober entschied der Gerichtshof, dass es ein „Recht auf sauberes | |
Wasser“ gebe, das auch von Privatpersonen eingeklagt werden könne. | |
Vorbild für die Klage sind die Prozesse der Umwelthilfe wegen der zu hohen | |
Stickoxid-Belastung der Luft in mehreren Städten. Damit erreichte die | |
Organisation zum Beispiel Fahrverbote für besonders dreckige Dieselautos in | |
bestimmten Straßen. | |
„Die Klage der Umwelthilfe stößt bei mir auf absolutes Unverständnis“, | |
sagte Nordrhein-Westfalens Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU). | |
Dadurch könnten Maßnahmen zur Senkung der Nitratwerte sogar ausgebremst | |
werden. Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) teilte mit: „Wir | |
haben ein Problem mit Nitratbelastung, aber wir handeln längst“. Er werde | |
die Klage „sorgfältig bewerten“. | |
20 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /!t5013607/ | |
[2] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/guelle-dilemm… | |
[3] /Umweltbelastung-durch-Duenger/!5635932 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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