| # taz.de -- Völkermord an den Armeniern: Genozid leugnen und Tee trinken | |
| > Die linke US-Demokratin Ilhan Omar hat sich in einer Abstimmung über die | |
| > Anerkennung des Genozids an den Armeniern enthalten. Wie kann das sein? | |
| Bild: Die intersektionale Feministin Ilhan Omar enthält sich zum Völkermord a… | |
| Besser spät als nie. [1][Die USA haben es geschafft, das Massaker an den | |
| Armeniern als Völkermord anzuerkennen], mehr als hundert Jahre zu spät. Das | |
| US-Repräsentantenhaus stimmte am 96. Jahrestag der Gründung der Türkischen | |
| Republik dafür, den Genozid an den Armeniern auch als solchen zu benennen. | |
| Die Türkei leugnet bis heute, dass es 1915 zu einem Völkermord kam. | |
| In Schulbüchern, im Fernsehen, in Social Media wird häufig weder die | |
| Existenz noch die spätere Ermordung der Armenier erwähnt. Man tut oft s… | |
| als wären die Armenier entweder niemals da gewesen oder als hätten sie sich | |
| plötzlich in Luft aufgelöst. Und je nachdem, wie es gerade passt, wird die | |
| Geschichte auch noch umgedreht: Nicht die Türken hätten die Armenier | |
| umgebracht, sondern es seien die Armenier gewesen, die die Türken | |
| umgebracht haben. Geschichtsrevisionismus at it's best. | |
| Erdoğan sagte, der Beschluss des Repräsentantenhauses, den Genozid | |
| anzuerkennen, hätte keinen Wert. Er sagte außerdem, der Vorwurf des | |
| Völkermords sei die „größte Beleidigung des türkischen Volkes“. | |
| Ilhan Omar, Mitglied im Repräsentantenhaus für die Demokraten, ist laut | |
| ihrem Twitter-Profil Mutter, Refugee, intersektionale Feministin und wie | |
| sie von sich selbst sagt: „Amerikas Hoffnung und Albtraum des Präsidenten“. | |
| Sie enthielt sich bei der Abstimmung, anstatt klar Stellung zu beziehen. | |
| Wie kann das sein? | |
| ## Mit Allah gegen Israel | |
| Omar hat doch nichts zu befürchten. Sie lebt nicht in der Türkei und wird | |
| nicht im Gefängnis landen oder wie der Journalist Hrant Dink auf offener | |
| Straße erschossen. Höchstens würden die guten Beziehungen, die sie zu | |
| Erdoğans Regime unterhält, geschwächt. Sie könnte etwa weniger Spenden von | |
| Türkei-nahen Lobbygruppen erhalten oder von Erdoğan nicht mehr zum Tee | |
| empfangen werden (wie noch im Jahr 2017). | |
| Omar ist in Somalia geboren, mit acht Jahren vor dem Bürgerkrieg geflohen, | |
| hat vier Jahre in einem Flüchtlingscamp in Kenia gelebt, bevor sie mit | |
| ihrer Familie in die USA ausgewandert ist. Sie ist neben Rashida Tlaib die | |
| erste muslimische Abgeordnete im US-Kongress. Sie gilt als „neue | |
| amerikanische Hoffnung“, ist Trump-Gegnerin, wird dafür auch | |
| [2][rassistisch angefeindet] und bekommt Morddrohungen. | |
| Omar setzt sich für einen intersektionalen Feminismus ein, für gerechte | |
| Einwanderungspolitik, Healthcare, Rechte von LGBTQ, Abschaffung der | |
| Studiengebühreren. Das sind alles gute Sachen. Doch Omar ist auch bekannt | |
| für Sätze wie: „Israel has hypnotized the world, may allah awaken the | |
| people and help them see the evil doings of Israel.“ | |
| ## Intersektional gegen die Armenier | |
| Sie bezeichnet den IS und al-Qaida nicht als Terrororganisation, fordert | |
| Sanktionen gegen Israel, stimmt aber gegen Sanktionen für die Türkei, den | |
| Iran und Venezuela. Ihre intersektionale Haltung schließt Kritik an | |
| Klassismus, Rassismus, Sexismus ein, nicht aber an Antisemitismus, [3][den | |
| sie reproduziert]. Das sind doppelte Standards. | |
| Doppelte Standards liegen auch vor, wenn der Genozid an den Armeniern gegen | |
| transatlantischen Sklavenhandel und den Völkermord an der indigenen | |
| Bevölkerung ausgespielt wird. Das hat Omar in einem Statement gemacht. Omar | |
| benutzt denselben Geschichtsrevisionismus wie die Türkei. Aber: Fakten wie | |
| einen Genozid und 1,5 Millionen ermordete Armenier sind nicht verhandelbar. | |
| 5 Nov 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ronya Othmann | |
| Cemile Sahin | |
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