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# taz.de -- Linke und der politische Islam: Gefährliches Schweigen
> Der Islam gehört zu Deutschland, aber wie steht es mit dem Islamismus?
> Die Linke in Deutschland muss aufpassen, hier kein Tabu entstehen zu
> lassen.
Bild: Wohnt hier der politische Islam? Die Ditib-Moschee in Duisburg-Marxloh
Wir müssen über den politischen Islam reden. In Teilen der Linken ist
Islamismus ein Tabuthema geworden. Aus Angst vor antimuslimischem Rassismus
schweigt man. Oder behauptet, der „Islamische Staat“ (IS) habe nichts mit
dem Islam zu tun. Oder man weicht aus, sagt, dass auch die Muslime unter
dem IS gelitten hätten – was natürlich stimmt. Doch es stimmt auch, dass
der IS sich und seine Verbrechen islamisch (aus Koran und Hadithe)
legitimiert.
Wir haben ein Problem, wenn man beim 11. September nur noch die
darauffolgende antimuslimische Stimmungsmache beklagt, nicht aber, dass
2.996 Menschen ums Leben gekommen sind. Wir haben ein Problem, wenn ein
Mann auf einer Brücke in London ein Messer zückt und sich dabei auf den IS
bezieht, wenn wir danach nicht über den politischen Islam reden.
Oft wird argumentiert, der Islamismus sei nur eine Reaktion auf den
Kolonialismus. Was nicht stimmt, denn schon vor der Kolonialzeit, in der
Feudalgesellschaft, also noch vor dem Kapitalismus, wurden im Namen des
Islams Massaker an Ezîd*innen und Alevit*innen verübt.
Vielfach wird auch argumentiert, dass es ja nur ein paar einzelne Radikale
seien, dass die Mehrheit der Muslime friedlich sei – auch das stimmt. Aber
islamistische Gewalttaten sind in ein ideologisches Umfeld eingebettet.
## Gesetzliche Diskriminierung
Und Diskriminierung kommt nicht nur von islamistischen Randgruppen, sondern
ist mancherorts gesetzlich und gesellschaftlich verankert: Die Alevit*innen
werden, weil sie keine Muslime sind, noch heute in der Türkei von
staatlicher Seite [1][diskriminiert] und nicht anerkannt. Ezid*innen
wurden, weil sie keine Muslime sind, 2014 in [2][Shingal] nicht nur von den
IS-Kämpfern, sondern auch von ihren muslimischen Nachbarn verraten und
ermordet.
Der politische Islam ist gut vernetzt: Von der Türkei finanzierte Moscheen
wie Ditib agieren wie Franchise-Unternehmen, die ihre Ideologie nach
Deutschland exportieren. Islamistische Lehrer werden auf YouTube, Twitter,
Facebook und auf der Straße verbreitet. Die internationale Bewegung Milli
Görüş hängt ebenfalls mit der türkischen Regierungspartei zusammen.
Dann gibt es noch eine Reihe berühmter Persönlichkeiten wie YouTube-Star
Pierre Vogel und den ehemaligen Linksextremisten Bernhard Falk. Rapper
Denis Cuspert pflegte Kontakte zur Berliner [3][Al-Nur-Moschee.] Dort
predigten in der Vergangenheit Dschihadisten die Vernichtung der Juden,
während im selben Gebäude Nachhilfeunterricht angeboten wurde. Der
politische Islam ist reaktionär, antisemitisch, antifeministisch,
queerfeindlich.
Das bedeutet für uns in Deutschland: Die Schweige- und
Verharmlosungsreflexe der Linken sind gefährlich, denn zum einen überlässt
man das Thema Islamismus reaktionären Kräften für deren Narrative – zum
anderen ignoriert man die Opfer, die der politische Islam weltweit fordert.
Der Islam gehört zu Deutschland, nicht aber der Islamismus.
17 Dec 2019
## LINKS
[1] /Situation-der-Kurden/!5633044
[2] /Entfuehrte-Jesidinnen-im-Nordirak/!5557165
[3] /Imam-in-Neukoellner-Moschee/!5021581
## AUTOREN
Ronya Othmann
Cemile Sahin
## TAGS
Islamverband Ditib
Kolumne Orient Express
Islamismus
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Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Schwerpunkt AfD
US-Demokraten
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