# taz.de -- EuGH-Urteil zu Polens Justizreform: Frechheit siegt – aber nicht … | |
> An den beanstandeten Gesetzen hat Kaczyński schon geschraubt, Resthirn | |
> ist also noch vorhanden. Der Kommission wird das hoffentlich nicht | |
> reichen. | |
Bild: Kaczyński muss sich wohl doch weiter mit unliebsamen Richtern herumschla… | |
Für Jarosław Kaczyński wäre es zu schön gewesen: Eine politisch genehme | |
Frühverrentung von Vertretern der Judikative in Tateinheit mit einer | |
Verlängerung des jeweiligen Dienstverhältnisses – natürlich nach Gutdünken | |
des Justizministers. Doch da [1][ist erfreulicherweise der Europäische | |
Gerichtshof (EuGH) davor]. Der beschied am Dienstag Kaczyński und seiner | |
polnischen Regierungspartei PiS, dass die Justizreform von 2017 die | |
Unabhängigkeit der Justiz verletzt. | |
Genau darum aber geht es der PiS, die auf wichtigen Posten in Gerichten und | |
Staatsanwaltschaften ihre Erfüllungsgehilfen platzieren will – frei nach | |
dem Motto: Was interessiert uns der Rechtsstaat, Gewaltenteilung war | |
gestern. | |
Mittlerweile müsste den Nationalpopulisten, [2][die bei den Wahlen im | |
Oktober] mit über 40 Prozent wieder eine satte Mehrheit eingefahren haben, | |
dämmern, dass sie damit nicht durchkommen. [3][Schon im vergangenen Juli] | |
beanstandete das Luxemburger Gericht das Gesetz, das unbotmäßige Richter am | |
Obersten Gerichtshof durch eine Absenkung des Pensionsalters mal eben aufs | |
Altenteil entsorgen wollte. | |
Seit Oktober ist auf Betreiben der Europäischen Kommission ein weiteres | |
Verfahren beim EuGH gegen Warschau anhängig. Dabei geht es um | |
Disziplinarmaßnahmen, die gegen Richter auf Grundlage ihrer Urteile | |
eröffnet werden können. Man ahnt bereits, dass es bei derartigen | |
Entscheidungen wohl kaum um die juristische Kompetenz der Beteiligten geht. | |
Weniger Ungemach aus Europa droht Polen durch ein | |
Rechtsstaatlichkeitsverfahren der Kommission nach Artikel 7 – dank sei | |
Ungarns Premier Viktor Orbán, der den Daumen senkt und damit das | |
Einstimmigkeitsprinzip konterkariert. | |
Die Frage ist, wie die PiS mit der neuerlichen Niederlage umgeht. Dass noch | |
etwas Resthirn bei den Verantwortlichen vorhanden ist, zeigt der Umstand, | |
dass an den beanstandeten Gesetzen bereits geschraubt wurde. Der Kommission | |
wird das hoffentlich nicht reichen. Rechnen muss man aber mit der | |
[4][Risikobereitschaft von Kaczyński] und Co., sich wieder eine blutige | |
Nase zu holen. | |
5 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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