| # taz.de -- Neue Ideen gegen Rechtsextremismus: Zu lange den Falschen zugehört | |
| > Die Regierung will etwas tun gegen den Hass. Das ist gut, aus Worten | |
| > werden irgendwann Taten. Die Frage ist bloß: Warum erst jetzt? | |
| Bild: Offene Wunden gab es genug in den vergangenen Jahren | |
| Bevor man sich [1][den Ideen der Bundesregierung gegen Rechtsextremismus | |
| und Hasskriminalität] widmet, sollte man ein großes Fragezeichen in den | |
| Raum stellen: Warum erst jetzt? Warum verpflichtet die Regierung erst jetzt | |
| Facebook und Co. dazu, Morddrohungen den Ermittlungsbehörden zu melden? | |
| Diese Maßnahme, angeschoben nach dem furchtbaren Mordanschlag in Halle, ist | |
| natürlich völlig richtig. Sie sollte allerdings eine Selbstverständlichkeit | |
| sein. Und sie kommt viel zu spät. | |
| Es ist ganz einfach: Aus Worten werden Taten, nicht sofort, aber | |
| irgendwann. Die Verrohung der Sprache, das Verschieben der roten Linie, | |
| [2][sie bewirken etwas]. Seit Jahren nimmt die Hetze im Netz zu, die Flut | |
| unflätiger Beleidigungen, die Gewaltandrohungen. Sie schaffen einen | |
| Diskursraum, in dem sich Rechtsextreme geschützt und akzeptiert fühlen. | |
| Konservative und Neue Rechte klagen ja gerne, dass man heutzutage nicht | |
| mehr alles sagen dürfe, was man denke. Das Gegenteil ist der Fall: [3][Zu | |
| viel Menschenverachtendes wird gedacht], zu viel wird gesagt – und manchmal | |
| eben auch getan. | |
| In Halle hat eine Holztür verhindert, dass es zu einem Massaker an Juden | |
| und Jüdinnen in Deutschland kam. Die Regierung will nun, als eine | |
| Konsequenz, stärker gegen Hasskriminalität vorgehen, also etwa die | |
| Aufforderung zu Straftaten oder ihre Verharmlosung strenger ahnden. Gut und | |
| sinnvoll, keine Frage. Aber hätte man diesen Gedanken nicht schon früher | |
| haben können? Es gab die Morde des NSU, die [4][Sprengstoffanschläge der | |
| Gruppe Freital] und den [5][Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke]. Die | |
| Liste ließe sich fortsetzen. | |
| Die Bundesregierung hat zu lange die Augen davor verschlossen, dass es | |
| tödlichen Rechtsterrorismus gibt. Und sie hat den Zusammenhang von Sprache | |
| und Gewalt ignoriert. Es ist schön, dass sie nun endlich das Waffenrecht | |
| verschärfen, den Verfassungsschutz stärker gegen Rechtsextremismus | |
| ausrichten und KommunalpolitikerInnen besser schützen will. Aber statt der | |
| Brutalität von rechts früh die ganze Härte des Rechtsstaates | |
| entgegenzusetzen, hat sich die Große Koalition damit beschäftigt, auf | |
| vermeintliche Ängste der AfD-WählerInnen einzugehen. | |
| Horst Seehofer, der heute als Kämpfer gegen rechts auftritt, hätte im | |
| Sommer 2018 wegen eines nicht existenten Problems in der | |
| Flüchtlingspolitik beinahe die Regierung platzen lassen. Dieser Fokus ist | |
| fatal. Die Wahlergebnisse in Brandenburg, Sachsen und Thüringen bieten | |
| Anlass genug, endlich die Sorgen derjenigen ernst zu nehmen, die von | |
| Rechtsextremen bedroht werden. | |
| 31 Oct 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ulrich Schulte | |
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