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# taz.de -- Verhandlung des Verfassungsgerichts: AfD wohl erfolgreich gegen See…
> Der Bundesinnenminister hatte die AfD in einem Interview
> „staatszersetzend“ genannt. Die klagte, er habe damit seine
> Neutralitätspflicht verletzt.
Bild: Seehofer hatte sich in einem Interview kritisch über die AfD geäußert
Karlsruhe taz | Die AfD hat gute Chancen gegen Innenminister Horst Seehofer
(CSU) zu gewinnen. Das zeichnete sich nach der mündlichen Verhandlung vor
dem Bundesverfassungsgericht am Dienstag ab. Die AfD hatte gegen Seehofer
wegen Verletzung seiner Neutralitätspflicht geklagt, nachdem dieser die
Partei in einem Interview „staatszersetzend“ genannt hatte – und dieses
Interview dann auf die Homepage des Ministeriums stellte.
Hauptthema des Interviews war die Regierungspolitik. Doch Seehofer nahm
auch klar Stellung zur AfD. „Die stellen sich gegen diesen Staat. Da können
sie tausend Mal sagen, sie sind Demokraten. (...) Ich kann mich nicht im
Bundestag hinstellen und wie auf dem Jahrmarkt den Bundespräsidenten
abkanzeln. Das ist staatszersetzend.“ Die AfD hatte Steinmeier vorgeworfen,
er habe für eine „linksradikale Großveranstaltung“ geworben. Gemeint war
ein [1][Antifa-Konzert in Chemnitz].
Das Interview wurde von dpa drei Tage später veröffentlicht. Die
Pressestelle des Innenministeriums stellte das Interview anschließend,
neben vielen anderen Seehofer-Interviews, auf die Homepage des
Ministeriums.
Nach Ansicht der AfD hat Seehofer hiermit seine parteipolitische
Neutralität verletzt. Sie erhob Organklage beim Bundesverfassungsgericht.
Bereits mehrfach hatten die Karlsruher Richter klargestellt, dass sich
Regierungsmitglieder in amtlicher Eigenschaft neutral verhalten müssen. Nur
als Parteipolitiker dürften sich Minister entsprechend äußern.
## AfD warnt vor Aufweichung
In der mündlichen Verhandlung ging es deshalb kaum um den Inhalt des
Interviews, sondern fast ausschließlich um die Frage, ob es auf die
Homepage des Ministeriums gestellt werden durfte. Nach der bisherigen
Karlsruher Rechtsprechung ist die Neutralität verletzt, wenn Minister bei
parteipolitischen Äußerungen auf ihre Amtsautorität Bezug nehmen (etwa
durch die Verwendung des hoheitlichen Bundesadlers) oder staatliche
Ressourcen nutzen (zum Beispiel die Homepage ihres Ministeriums).
Für die AfD warnte ihr Anwalt Ulrich Vosgerau vor einer Aufweichung dieser
Maßstäbe, gerade mit Blick auf künftige Wahlerfolge der AfD. „Auch die AfD
wird früher oder später den Bundesinnenminister stellen, vielleicht schon
in fünf Jahren. Und ein Innenminister [2][Brandner] oder ein Innenminister
[3][Curio] könnten dann noch kreativer mit der Homepage des
Innenministeriums umgehen.“ An einer Aufweichung der Neutralitätspflicht
könne also niemand ein Interesse haben.
Auf Regierungsseite betonte Innen-Staatssekretär Günter Krings (CDU), dass
es sich nicht um eine Pressemitteilung des Ministeriums handelte. Die
Nachrichtenagentur dpa sei klar als Urheberin des Textes gekennzeichnet
worden. Schwerpunkt des Interviews sei die Große Koalition gewesen. Wenn
Seehofer dann aber nach der AfD gefragt werde, müsse und wolle er auch
antworten. „Diese eine Antwort können wir dann auf der Homepage nicht
schwärzen, nur weil es hier um Parteipolitik geht“, so Frings, „sonst gäbe
es ja auch wieder Verschwörungstheorien.“
Verfassungsrichter Peter Müller, der als Berichterstatter das Urteil
vorbereitet, deutete an, dass die AfD den Prozess wohl gewinnen wird. „Wenn
auf der Homepage des Innnenministeriums ein Interview des Innenministers
verbreitet wird, dann wird hier ein Weg genutzt, der den politischen
Wettbewerbern nicht zur Verfügung steht“. Gerichtspräsident Andreas
Voßkuhle legte nahe, dass Seehofer ein Interview mit parteipolitischen
Äußerungen ja auch auf der Homepage der CSU hätte veröffentlichen können.
Das Urteil wird in einigen Wochen oder Monaten verkündet.
11 Feb 2020
## LINKS
[1] /Chemnitzer-Konzert-der-Solidaritaet/!5530015
[2] /Abwahl-von-AfD-Politiker/!5642006
[3] /Drohendes-Personal-Chaos-bei-der-AfD/!5642935
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt AfD
CSU
Bundesverfassungsgericht
Horst Seehofer
Bundesinnenministerium
Schwerpunkt AfD
Schwerpunkt Neonazis
Schwerpunkt Rassismus
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