# taz.de -- Reden über die AfD: Die Wahrheit ist schlimm genug | |
> Thüringens CDU-Kandidat Mohring nennt Höcke einen Nazi – eine erfreulich | |
> klare Abgrenzung. Doch ein rhetorischer Überbietungswettbewerb verbietet | |
> sich. | |
Bild: Der CDU-Kandidat Mike Mohring hält den AfD-Mann Höcke für einen Nazi | |
Mike Mohring, CDU-Spitzenkandidat in Thüringen, [1][hält den | |
AfD-Rechtsaußen Björn Höcke für einen Nazi]. Das ist eine erfreulich klare | |
Abgrenzung. Die Mehrheitsverhältnisse in Thüringen könnten nach der Wahl | |
ziemlich unübersichtlich werden, und Mohrings Satz bekräftigt, dass es | |
zwischen CDU und AfD – anders als noch vor fünf Jahren – keine Gespräche | |
über eine mögliche Zusammenarbeit geben wird. Das ist beruhigend, denn es | |
gibt in der Thüringer CDU einen Teil, der in manchen Dingen ähnlich tickt | |
wie die AfD. | |
Höcke ist zwar kein Nationalsozialist im historischen Sinn – aber ein | |
völkischer Antidemokrat. Nach der Machtübernahme der AfD will er die | |
Republik mit „wohltemperierten Grausamkeiten“ von „Kulturfremden“ säub… | |
So redet kein Rechtskonservativer, so klingt die [2][Reinheitsfantasie | |
eines Rechtsextremisten], der unsere Demokratie für degeneriert hält und | |
damit wohl für entbehrlich. | |
Um an die Macht zu kommen, setzen die Rechtsextremen auf Hetze, | |
Ressentiments und eine aggressive Rhetorik, die den öffentlichen Diskurs | |
vergiftet. Sie brauchen das „Wir gegen die“ genauso wie die Inszenierung, | |
immer das Opfer zu sein. | |
Diesen Gefallen sollten Demokraten der AfD lieber nicht tun. Der | |
SPD-Politiker Michael Roth, der gern Parteichef werden will, hat nach dem | |
Anschlag von Halle gesagt, [3][dass die AfD-Fraktion „der politische Arm | |
des Rechtsterrorismus“ sei]. Politischer Arm würde bedeuten: Wie früher | |
Sinn Féin und die IRA verfolgen die AfD-Fraktion und Leute, die | |
Andersdenkende ermorden wollen, das gleiche Ziel, nur mit unterschiedlichen | |
Mitteln. Diese Metapher ist mehr als zweifelhaft. Es ist eine | |
Empörungsrhetorik, die mehr schadet als nutzt. Sie eröffnet Gauland & Co | |
die Gelegenheit, sich als verunglimpftes Opfer des erbarmungslosen | |
linksliberalen Mainstreams zu präsentieren. | |
## Bedient nur das Selbstbild der Rechten als Opfer | |
Die Idee, dass man nur mit möglichst markigen Worten einen Keil zwischen | |
die Klientel der AfD und die rechtsextremen Führungskader treiben kann, ist | |
eine Illusion. Das haben spätestens die Wahlen in Sachsen und in | |
Brandenburg gezeigt. | |
Noch kurzsichtiger ist es, den [4][AfD-Gründer Bernd Lucke], der eher ein | |
Rechtskonservativer als ein Extremist ist, in der Universität am Reden zu | |
hindern, weil er „Nazipropaganda“ verbreite. Den Nazivorwurf inflationär zu | |
benutzen und sich auch noch zur einzig wahren antifaschistischen Kraft zu | |
stilisieren, bedient nur das Selbstbild der Rechten als Opfer einer linken | |
Meinungsdiktatur. | |
Demokraten dürfen Höcke & Co. nicht mit Zusammenarbeit aufwerten. Deshalb | |
ist Mohrings Abgrenzung richtig. Gegen die AfD hilft präzise, beharrliche | |
Aufklärung, aber kein rhetorischer Überbietungswettbewerb. Die Wahrheit | |
über die AfD ist schlimm genug. | |
24 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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