| # taz.de -- Gerichtsverfahren in Berlin: Adbusting kostet 1.200 Euro | |
| > Erstmals stand ein Mann wegen Adbustings vor Gericht. Das Verfahren wurde | |
| > gegen Strafzahlung eingestellt. Die Ermittlungen waren umfangreich. | |
| Bild: Ein gebustetes Plakat in einer Kleinstadt | |
| Berlin taz | Großen Andrang gab es am Dienstagmittag vor dem Raum 500 des | |
| Berliner Amtsgerichts. Obwohl der Prozess schon in einen größeren Saal | |
| verlegt wurde, fanden nicht alle BesucherInnen Platz. Verhandelt wurde über | |
| zahlreiche Adbusting-Aktionen – also die überspitzte Verfremdung oder | |
| politische Umdeutung von Werbeplakaten (taz berichtete). | |
| Bereits die Verlesung der Anklage gab Anlass zur Heiterkeit im Publikum. | |
| Denn die Staatsanwaltschaft beschuldigte den Angeklagte, Werbeplakate mit | |
| satirisch-politischen Botschaften ersetzt zu haben. Für Lacher sorgte das | |
| Verlesen von Sprüchen wie „Nazis essen heimlich Falafel“ oder „Der Fuchs | |
| ist schlau und stellt sich dumm, beim Nazi ist es andersrum“. | |
| In dem zwei Stunden dauernden Prozess wurden mehrere Zeugen vernommen, | |
| darunter ein Mitarbeiter der Firma Wall, die für die Plakatwerbung | |
| zuständig ist. Mehrere Beamte der Kriminalpolizei sagten über die | |
| Ermittlungen aus. | |
| Und die waren durchaus umfangreich: Ausgelöst wurden diese, nachdem eine | |
| Person während der Proteste gegen den G20-Gipfel in Hamburg von der Polizei | |
| kontrolliert wurde. Er soll eines der inkriminierten Plakate am Hamburger | |
| Hauptbahnhof angebracht haben. Danach hätten die ErmittlerInnen nicht nur | |
| zahlreiche Adbusting-Videos gesichtet, sondern sich auch mit | |
| MitarbeiterInnen der Firma Wall getroffen. Dass die Ermittlungen auch | |
| bundesweit liefen, zeigte sich daran, dass auch Adbusting-Plakate in Erfurt | |
| auf Fingerabdrücke untersucht wurden, die mit denen des Angeklagten | |
| identisch sein sollen. | |
| ## Laut Verteidigung ein unverhältnismäßiger Eingriff | |
| Ein Anwohner sagte aus, er habe einen unbekannten Mann mit Warnweste | |
| beobachtet, wie er in der Nähe seiner Wohnung Plakate an einer Busstation | |
| austauschte. Der Mann informierte die Polizei und übergab ihr auch ein | |
| Video von der Aktion. | |
| Dass schon die Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten aufgrund des | |
| geringen Sachschadens unrechtmäßig gewesen sei, argumentierte die | |
| Verteidigung. Angesichts des geringen Werts der ausgetauschten Plakate sei | |
| eine Hausdurchsuchung ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Grundrechte. | |
| Fadi El-Ghazi, Anwalt des Angeklagten, beantragte, die Ergebnisse aus der | |
| Hausdurchsuchung nicht zu verwerten. El-Ghazi ist auch als Sprecher der | |
| Initiative „Berlin werbefrei“ bekannt. Bei der Hausdurchsuchung fand die | |
| Polizei zahlreiche Plakate, Schablonen sowie Werkzeug, das zum Öffnen von | |
| Plakatkästen verwendet werden kann. | |
| Um den Prozess nicht weiter in die Länge zu ziehen, einigten sich am Ende | |
| alle Verfahrensbeteiligten auf die Einstellung des Verfahrens gegen | |
| Geldstrafe. Der Angeklagte muss 1.200 Euro an eine gemeinnützige | |
| Organisation zahlen oder ersatzweise 120 Sozialstunden ableisten. Zur | |
| Verhandlung war es überhaupt erst gekommen, weil der Angeklagte Widerspruch | |
| gegen einen Strafbefehl über 3.000 Euro eingelegt hatte. | |
| 8 Oct 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Nowak | |
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