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# taz.de -- DDR-Literaturmagazin radix-Blätter: Warnung vor weißen Flecken
> In Berlin fand eine Diskussion zur DDR-Zeitschrift „radix-Blätter“ statt.
> Sie zeigte, über DDR-Gegenkulturgeschichte muss mehr gesprochen werden.
Bild: Vorbild für „radix Blätter“: Paul Celan, hier mit seiner Frau Gisela
Einfach mal zugeben, keine Ahnung zu haben, und das aus dem Mund eines in
Bayern gebürtigen Politikers: „Ich weiß wenig von der DDR“, bekannte Erha…
Grundl, kulturpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, als am
Dienstagabend im Nebengelass der taz-Kantine ein unabhängiges
Zeitschriftenprojekt der späten DDR beleuchtet wurde.
Im Sommer 1986, dem nach Tschernobyl, fand im Ostberliner Stadtteil
Weißensee auf dem Gelände der kirchlichen Stephanus-Stiftung ein Seminar zu
Paul Celan statt. Dabei entstand eine Zeitschrift, die immerhin in
Tausenderauflage erscheinen sollte: Die radix-blätter, nach dem Gedicht
„Radix, Matrix“, in dem der jüdische Dichter Celan seiner von den Nazis
ermordeten Eltern gedenkt. Das Debütheft war Celan gewidmet und borgte sich
den Titel von einem Wort, das bei ihm fast hundertmal vorkommt, dem Wort
Schatten. „Schattenverschlüsse“ stand auf dem Schwarzweiß-Cover.
Ein Seminar, aus dem eine Zeitung wurde: Das hatte Vorbilder, erinnerte
sich zu Anfang der Veranstaltung Stephan Bickhardt, mit Ludwig Mehlhorn
einer der radix-Herausgeber. Ähnliches geschah in den Bruderländern
Tschechoslowakei und Polen. Eine radix-Ausgabe stellte DDR-LeserInnen die
östlich der Oder entstandene Literatur vor. Nicht, dass es in den
offiziellen DDR-Verlagen keine polnische Literatur gegeben hätte, aber ihr
in den Achtzigerjahren ein ganzes Heft zu widmen, war mehr als nur eine
Geste. Der eine oder die andere dürfte noch den schenkelklatschenden
Chauvinismus der Polenwitze und Sprüche à la „Die haben gestreikt, jetzt
sollen sie mal ordentlich arbeiten“ in den Ohren haben.
1988 erschien unter dem Titel „Raster“ ein radix-Heft, in dem die Autorin
Dorothea Höck unter dem Titel „Sprache, die für dich dichtet und denkt“ d…
DDR-Propaganda unter die Lupe nahm und feststellen musste, wie sich der
antifaschistische Staat einer Terminologie bediente, die dem, was er zu
bekämpfen meinte, mehr als einmal nahe kam. Höcks Text war von Victor
Klemperers „LTI“ inspiriert, der Untersuchung des Philologen zur Sprache
des Dritten Reiches.
„Jetzt läuft Pegida in Dresden an Klemperers Haus vorbei“, meinte Stephan
Bickhardt. Da war die Veranstaltung längst in der Gegenwart angekommen und
bediente dann doch nicht die eifrig surrende Vergangenheitsmaschine. Aus
der anschließenden Podiumsdebatte ließe sich glatt noch eine Zeitschrift
machen. Sie hätte die weißen Flecken der DDR- und Nachwendegeschichte zu
untersuchen. Weiße Flecken haben die Tendenz, braune zu werden.
11 Sep 2019
## AUTOREN
Robert Mießner
## TAGS
radix-Blätter
DDR
Paul Celan
Paul Celan
Nachwendezeit
Punk
DDR
Ludwig Erhard
Schwerpunkt Landtagswahlen
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