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# taz.de -- Wahlen in Brandenburg und Sachsen: Groko im Bund wird weiter wackeln
> Die Wahlenergebnisse in Brandenburg und Sachsen werden die Große
> Koalition weiter destabilisieren. Ein Ausblick auf die Folgen für Berlin.
Bild: Die einen in Sachsen obenauf, die anderen in Brandenburg – in Berlin wi…
BERLIN taz | Als im Berliner Konrad-Adenauer-Haus die ersten Prognosen zu
den [1][Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg] einlaufen, unternimmt
die Junge Union noch einen Versuch, so etwas wie gute Stimmung zu erzeugen.
Jetzt sind selbstbewusste Bilder wichtig. Doch oben in den Büros der
CDU-Vorsitzenden und ihres Generalsekretärs weiß man schon, dass die Partei
Stimmen verloren hat. Wieder einmal. Gleichwohl sieht es weder in
Brandenburg noch in Sachsen nach dem Aus für die jeweils regierenden
Parteien aus. Nur die Koalitionen werden sich ändern müssen.
Es wird schwierig, das Ergebnis der beiden Ostlandtagswahlen als Erfolg zu
verkaufen. In Sachsen hat CDU-Ministerpräsident Kretschmer sein Minimalziel
erreicht und mit mehr als 30 Prozent der Stimmen die AfD überflügelt. In
Brandenburg hat CDU-Chef Ingo Senftleben das Ergebnis von 2014 klar
gerissen: Seine Partei liegt demnach bei um die 16 Prozent – 7
Prozentpunkte weniger als vor fünf Jahren. In der Mark ist die regierende
SPD mit einem blauen Auge davongekommen, sie ist von 31,9 Prozent auf rund
27 Prozent abgesackt. Das Minus hätte schlimmer ausfallen können.
Wenn an diesem Montag Annegret Kramp-Karrenbauer in Berlin vor die Presse
tritt, heißt es für die Parteivorsitzende aber nicht nur zurückzublicken.
Die Ergebnisse in Sachsen und Brandenburg mögen angesichts der
bundespolitischen Lage der CDU keine Katastrophe sein. Neues Leben werden
sie der schwächelnden Großen Koalition aber sicher nicht einflößen. Im
Gegenteil. In der SPD wachsen die Zweifel an der Groko, und die CDU schaut
immer ratloser auf die Frau, die Kanzlerin Merkel beerben will.
Selbst einstige Fans gehen mittlerweile auf Distanz zur CDU-Vorsitzenden.
Dass die frühere Ministerpräsidentin des Saarlands binnen achtzehn Monaten
erst zur CDU-Generalsekretärin, dann zur Parteivorsitzenden und schließlich
zusätzlich zur Bundesverteidigungsministerin wurde, mag von Weitem wie ein
Senkrechtstart wirken. Tatsächlich erscheinen die hektischen Wechsel
mittlerweile wie ein Zickzackflug inklusive sich ankündigender
Bruchlandung.
## Unsichtbare AKK
In den Wahlkämpfen dieses Sommers war nicht viel von der Vorsitzenden zu
merken. Annegret Kramp-Karrenbauer hat mit ihrem neuen Job im
Verteidigungsministerium alle Hände voll zu tun. Ganz am Schluss zeigte sie
sich noch einmal in Sachsen und Brandenburg. Im Konrad-Adenauer-Haus aber
hatte nicht einmal jemand Zeit gefunden, die Termine der beiden in den
öffentlich einsehbaren Kalender zu schreiben. Absicht? Jedenfalls war die
Berliner CDU-Zentrale zuletzt damit beschäftigt, die Angriffe sowohl von
außen als auch aus dem Inneren der Partei abzuwehren.
Sich auch noch die Probleme des in Sachsen wahlkämpfenden Michael
Kretschmer ins Haus zu holen, dafür reichte die Kraft nicht mehr. Ganz zu
schweigen vom Brandenburger Spitzenkandidaten Ingo Senftleben, der nicht
nur tapfer gegen die völkische Rechte angetreten war, sondern auch gegen
die seit dreißig Jahren regierenden Sozialdemokraten. Dass Senftleben
gleich zu Beginn seines Wahlkampfs angedeutet hatte, über eine Koalition
der DemokratInnen sogar mit der Brandenburger Linken reden zu wollen, wurde
im Adenauer-Haus als Absetzbewegung von der Parteilinie verstanden.
Und dann sind da noch die Grünen. Die Ökopartei hat vorgeführt, wie eine
politische Kernkompetenz in Wählerstimmen umgemünzt werden kann. Beim
Themenkomplex Umwelt und Ökologie hat sich durch einfache Sacharbeit brutal
gezeigt, wie blank die Union mittlerweile bei diesem Thema ist. Hektisches
Greenwashing durch CSU-Chef Markus Söder und das Anberaumen eines
„Werkstattgesprächs“ zur Umweltpolitik in der Woche nach diesen beiden
Ostwahlen konnten das nicht mehr rausreißen.
Die unbeirrt humanistische und ökologische Haltung der Grünen stand im
krassen Kontrast zu den fremdenfeindlich raunenden Stimmen aus der Union,
die Kramp-Karrenbauer nie wirklich in den Griff bekommen hat.
## Kein SPD-Chef für Rücktritt da
Auch bei den Sozialdemokraten sieht es düster aus. In Brandenburg haben sie
Chancen, weiter den Ministerpräsidenten zu stellen – verzeichnen aber
deutliche Einbrüche. In Sachsen rutscht die einst stolze Sozialdemokratie
unter 10 Prozent. Zyniker sagen, dass diese schlechten Ergebnisse zum Glück
keine Folgen haben könnten: Es gibt im Moment ja keinen Parteivorsitzenden,
der oder die zurücktreten könnte. Die SPD wird kommissarisch von dem
Dreigestirn Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel
geführt – bis die Basis neue Vorsitzende gekürt hat.
Der interne Wettbewerb um dieses Amt wird in den nächsten Wochen die meiste
Energie in der SPD binden. Acht Duos sind im Rennen. Gewinnen Vizekanzler
Olaf Scholz und die Brandenburger Landtagsabgeordnete Klara Geywitz? Sie
stehen für die Fortsetzung der Groko. Oder haben erklärte Groko-Gegner eine
Chance, etwa Umweltpolitikerin Nina Scheer und Gesundheitsexperte Karl
Lauterbach? Die miesen Ergebnisse in Sachsen und Brandenburg müssten – nach
der üblichen Mathematik – eigentlich die Groko-Gegner bestärken, weil sie
kein „Weiter so“ wollen.
Doch jene befinden sich nach der Absage von Juso-Chef Kevin Kühnert in
einem Dilemma. Kühnert hätte im Rennen um den Vorsitz durchaus Chancen
gehabt – und die Stimmen jener, die einen radikalen Wandel wollen, auf sich
vereint. Er ist inzwischen der prominenteste Kopf des linken Flügels und
hätte auf die Unterstützung von 80.000 Jusos bauen können. Ohne ihn wirkt
das linke Personalangebot divers, ohne klare Favoriten. Zwar sind die
meisten Teams tendenziell links, aber sie könnten sich beim Zuspruch der
Basis gegenseitig kannibalisieren.
Die SPD steuert inhaltlich nach links. Sie will nach jahrelangem Hin und
Her für eine Vermögensteuer eintreten, sie wirbt für eine Grundrente ohne
Bedürftigkeitsprüfung und einen Mindestlohn von 12 Euro. Aber im Rennen um
den Vorsitz könnte ausgerechnet Scholz profitieren, der prominenteste
Kandidat – und überzeugte Verfechter der Regierungsbeteiligung.
1 Sep 2019
## LINKS
[1] /Wahlen-in-Sachsen-und-Brandenburg/!5622169
## AUTOREN
Anja Maier
Ulrich Schulte
## TAGS
Schwerpunkt Landtagswahlen
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