# taz.de -- Wahlen in Sachsen und Brandenburg: Zwischen Klimawandel und Funkloch | |
> In Sachsen bewegten Umwelt- und Asylpolitik, in Brandenburg Infrastruktur | |
> und Verkehr. Nicht von Vorteil für die Regierungsparteien CDU und SPD. | |
Bild: Erstmals unter 30 Prozent, aber mit einem blauen Auge davongekommen: die … | |
Sachsen und Brandenburg sind beide geprägt von jeweils einer Partei. | |
Seitdem die beiden Länder zur Bundesrepublik gehören, kommen die | |
Ministerpräsidenten in Sachsen von der CDU und in Brandenburg von der SPD. | |
Allerdings liegen ihre besten Zeiten ein Vierteljahrhundert zurück: 1994 | |
kam die CDU in Sachsen auf 58,1 Prozent, die SPD in Brandenburg auf 54,1 | |
Prozent. | |
Das war noch unter der Ägide Kurt Biedenkopfs und Manfred Stolpes, die | |
beide von 1990 an zwölf Jahre in Dresden und Potsdam amtierten. Auch wenn | |
die CDU in Sachsen und die SPD in Brandenburg bei diesen Landtagswahlen | |
sich erneut als die stärksten Parteien behaupten können, sind die beiden | |
Langzeitregierungsparteien unter den heutigen Amtsinhabern Michael | |
Kretschmer und Dietmar Woidke nun in der WählerInnengunst auf einem | |
historischen Tiefstand gelandet. | |
Der Klimawandel und die Asylpolitik – das waren für die Wählerinnen und | |
Wähler bei dieser Landtagswahl in Sachsen die beiden wichtigsten Themen. In | |
Brandenburg lag hingegen die Infrastruktur- und Verkehrspolitik vorne. | |
Vorteilhaft für die Regierungsparteien war nichts davon. | |
Laut einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts infratest dimap vom | |
August sah in Sachsen knapp jedeR Vierte (je 24 Prozent) Umweltschutz und | |
Klimawandel sowie Flüchtlinge und Einwanderung als wahlentscheidend an. | |
Erst an dritter Stelle folgte die Bildungspolitik mit 21 Prozent. Soziale | |
Ungerechtigkeit landete mit nur 17 Prozent auf Platz vier, die innere | |
Sicherheit mit 16 Prozent auf Platz fünf. | |
Auffällig ist, wie unterschiedlich die Gewichtung je nach Altersgruppe | |
ausfällt. So stand bei den Wahlberechtigten zwischen 18 und 44 Jahren das | |
Umweltthema ganz oben, bei den Wahlberechtigten ab 45 Jahren wurde die | |
Asylpolitik am meisten genannt. Ab 65 Jahren stand diese gemeinsam mit den | |
Themen Bildung und innere Sicherheit an oberster Stelle. | |
Bemerkenswert ist, dass die soziale Gerechtigkeit keine gewichtigere Rolle | |
für die Wahlentscheidung gespielt hat – zum Leidwesen der Linkspartei, aber | |
auch der SPD. Zwar liegt die Arbeitslosenquote in Sachsen mit 5,4 Prozent | |
nur knapp über dem Bundesdurchschnitt (5,1 Prozent). Aber dafür sind im | |
Freistaat gerademal 39 Prozent aller Beschäftigten durch einen Tarifvertrag | |
geschützt. Damit ist Sachsen mit Abstand Schlusslicht in Deutschland. In | |
Brandenburg profitieren demgegenüber 45 Prozent der Beschäftigten von einem | |
Tarifvertrag, in Westdeutschland im Schnitt 57 Prozent. | |
Die Folgen sind gravierend. Denn Beschäftigte in einem nichttarifgebundenen | |
Betrieb verdienen im Mittel fast 15 Prozent weniger als Beschäftigte in | |
einem vergleichbaren tarifgebundenen Betrieb. Das ist einer der Gründe, | |
warum trotz günstiger Wirtschaftsstruktur die Menschen in Sachsen deutlich | |
weniger verdienen als im Westen – und ihre Löhne auch niedriger sind als in | |
Brandenburg. Wobei die Lohndifferenz zwischen dem bislang rot-rot regierten | |
Land und Westdeutschland immer noch bei 19 Prozent liegt. | |
Bei den wichtigsten politischen Problemen, die nach Ansicht der | |
BrandenburgerInnen vordringlich gelöst werden müssen, stand laut infratest | |
dimap das Thema Infrastruktur und Verkehr ganz oben. 25 Prozent der | |
Befragten mahnten bessere Straßen, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs | |
und des Internets an. Kein Wunder, ist doch das nach der Fläche fünftgrößte | |
Bundesland sowohl ein Land der PendlerInnen als auch der Funklöcher. | |
An zweiter Stelle der Prioritätenliste rangierte mit 22 Prozent die | |
Bildungspolitik. Wie Sachsen plagt Brandenburg der LehrerInnenmangel. Vor | |
der Asyl- und Migrationspolitik (15 Prozent) landete das Thema Umweltschutz | |
und Klimawandel mit 19 Prozent auf Platz 3. Wovon wie im Nachbarland nicht | |
nur die Grünen – auf wesentlich niedrigerem Niveau als erwartet – auf der | |
einen Seite, sondern auch die KlimaleugnerInnen der AfD auf der anderen | |
Seite profitiert haben. | |
Es geht um einen sehr konkreten Konflikt: den Umgang mit dem Lausitzer | |
Braunkohlerevier im Südosten Brandenburgs und Nordosten Sachsens. Rund | |
5.000 Jobs hängen hier noch direkt an der Braunkohle, schätzungsweise | |
20.000 weitere an der Zulieferindustrie. Bis 2038, so hat es die | |
Kohlekommission verabredet, soll jedoch in der Lausitz Schichtende sein. | |
Was für die einen zu spät, für die anderen viel zu früh ist. | |
1 Sep 2019 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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