# taz.de -- Nachhaltige Hotels in Südtirol: Erfolgreiche Naturburschen | |
> Die Südtiroler Hoteliers Franz Hinteregger und Stefan Fauser führen ihre | |
> Familienbetriebe mit ökologischen Prinzipien nach alten Kreisläufen. | |
Bild: Die Burg Sand in Taufers über der Ahr | |
BERLIN taz | „Zwischen meinem zweiten und 17. Lebensjahr war ich immer im | |
Sommer oben auf der Alm. Ich habe die Kühe gehütet und gemolken. Und wenn | |
ich heute die Almen, die Wiesen ansehe, dann tut mir der Bauch weh“, sagt | |
Franz Hinteregger vom Hotel [1][Lüsnerhof]. Das Lüsental ist eines der | |
stillen Täler im nordwestlichen Winkel der Dolomiten. Es zieht sich von | |
Brixen durch dichte Wälder und Wiesen bis zur Hochebene der Alm. Der Ort | |
Lüsen liegt auf einer Hanglage mit vielen Sonnenstunden. | |
„Man muss umsichtig sein“, sagt der großgewachsene Hinteregger, aus dem die | |
Ideen sprudeln. Hinteregger betreibt den Lüsnerhof mit seiner Familie. Und | |
er gilt als „Grüner“ im Ort. Als er 1982 das Hotel eröffnete, gab es nur | |
wenige, kleine Pensionen. „Wir haben mit 100 Betten heute eine gute Größe�… | |
sagt Hinteregger. Sein Alleinstellungsmerkmal: der Wellness-Bereich. | |
Energetisch durchdacht, behauptet der Hotelier und führt durch seine | |
ausladende Wellness mit Naturanbindung: vom Naturbadeteich im Alpengarten | |
zum Solebecken in der Alpengrotte, weiter zur kleinen Sauna über dem | |
rauschend Alpenbach und der Infrarot-Gondel am Wegesrand.Zwischendrin | |
schnuckelige, versteckte Ruheräume mit Blick auf die Gipfel oder | |
Stubengemütlichkeit bei offenem Kamin auf Liegen aus harmonisierendem | |
Zirbenholz. Auf der Wellnesspromenade am Berg kommt man zum Tipi mit | |
Schwitzritual, oben auf der grüne Wiese. „Von Oktober bis Mitte Mai kommen | |
vor allem Südtiroler“, sagt der Hotelier. „Wir haben eine homogene | |
Gästestruktur: eher bodenständige, naturverbundene, einfache Menschen mit | |
höherer Bildung. Viele Akademiker, die das naturnahe Konzept schätzen.“ | |
Franz Hinteregger hat den Tourismus im Tal federführend entwickelt. „Ich | |
bin seit 25 Jahren Präsident des Tourismusvereins. Ich habe das Wandernetz, | |
die Markierungen mitentwickelt.“ Nun gibt er mit 58 Jahren ab: „Ich will | |
kein Platzhirsch sein.“ Als Vorstand der Einkaufsgenossenschaft Hogast, | |
1.000 Mitglieder, wird er jedoch weiter darum kämpfen den Bioanteil der | |
Land- und Milchwirtschaft von fünf auf 20 Prozent zu erhöhen. „Die Küche | |
ist uns wichtig. Sie ist fundamentaler Bestandteil unseres Konzepts. Wir | |
wollen regionale Kreisläufe anregen, so viel wie möglich regional kaufen. | |
Gute Produkte in Bioqualität, auch wenn das wesentlich teurer im Einkauf | |
ist. “ | |
Damit sich das für die Bauern lohnt, für die Hoteliers machbar ist, plant | |
die Hogast Bonuspunkte für den Kauf von Biolebensmitteln. „Die Differenz zu | |
den günstigeren, nicht biologischen Nahrungsmitteln zahlen wir als | |
Gemeinschaft. Es geht uns um Landschaftsschutz, gesündere Nahrungsmittel | |
und auch darum, vor den Gästen als ehrlich dazustehen“, sagt Hinteregger. | |
90 Prozent der Bauern seien eben keine Biobauern. „Bio hat in der Politik | |
keine Lobby. Biobauern gelten immer noch als Spinner.“ Hinteregger will | |
dazu beitragen, dass die Menschen mehr Gemüse essen „Für mich ist es eine | |
Katastrophe, dass man Fleisch so billig erhält, weil man es subventioniert. | |
Es braucht zehnmal so viel Wasser, zehnmal so viel Grundflächen, zehnmal so | |
viel Waldabholzung.“ | |
Und der Tourismus? Bringt der nicht auch immer mehr Verkehr, immer mehr | |
Menschen ins Tal? „Mich ärgert auch die geringe Versteuerung von Benzin. | |
Die Anreise kann ruhig teurer werden, es ist immer noch genügend für alle | |
da. Wir sollten ohnehin nicht weiter expandieren.“ | |
## Der Drumlerhof in Sand in Taufers | |
„Ich komme von einem Bergbauernhof. Wir haben drei Schweine gehabt und drei | |
Kühe und wir waren sechs Geschwister. Wenn man da nicht nachhaltig | |
gewirtschaftet hätte, hätte es nichts gegeben. Diese Art zu wirtschaften | |
habe ich versucht, in diesen größeren Betrieb hineinzubringen, und das | |
funktioniert“, sagt Stefan Fauser, der mit seiner Familien den | |
[2][Drumlerhof] in Sand in Taufers betreibt. Auf dem Dach des Drumlerhofs, | |
im Zentrum von Sand in Taufers, blickt man auf die mittelalterliche Burg. | |
Wuchtig, wie ein dicker Quader steht sie über der wilden Ahrn, wo Touristen | |
zu Wildwasser-Touren starten. Hier im Naturpark Rieserferner-Ahrn | |
überbieten sich die Berge an Höhe. Steile Hänge, dichte Wälder, Bergseen, | |
Bäche, brüllende Wasserfälle. | |
Stefan Fauser hat den Drumlerhof modernisiert: „Wir verbrauchen keine | |
fossilen Energieträger mehr. Wir sind bei einem großen Wasserkraftwerk | |
dabei. Und heizen mit Biomasse aus Holz“, sagt der agile, drahtige | |
Hotelier. Der Gastwirt, Gärtner, Wanderführer engagiert sich, steht für | |
seine Ideen ein. Und er klärt seine Gäste bei der Anreise gerne und | |
ausführlich darüber auf: „Wir haben zu 90 Prozent Fleisch aus artgerechter | |
Tierhaltung. Die Eier kommen vom Biobauernhof. Ein Betrieb muss Gewinne | |
erwirtschaften. Ich will meine Mitarbeiter nicht auspressen und nicht das | |
billigste Huhn kaufen. Wir sind für ein solidarisches Miteinander.“ Fauser | |
ist Teil der Gemeinwohlökonomie. „Das ist sicherlich keine | |
Buchungsentscheidung, weil der Gast oberflächlich entscheidet. Aber wenn | |
der Gast hier ist und unsere Art des Wirtschaftens sieht, dann sieht er, | |
dass anders wirtschaften mit Rücksicht auf die Natur nicht Verzicht | |
bedeutet.“ Zum Beweis bietet er ein Stück selbst geräucherten Speck an, | |
dazu Aperol. | |
Beim Drumlerhof wird der Speck im dazugehörenden Bauernhof am Ritten selbst | |
gemacht. „Ich bin überzeugt, wenn du als Unternehmer heute erfolgreich | |
bist, und wir sind das, dann ist es deine Pflicht, von diesem Erfolg etwas | |
zurückzugeben. Das machen wir, indem wir die kleinen Kreisläufe fördern, | |
dem kleinen Bauern etwas abkaufen. Alle fordern gerechte Löhne, dann | |
brauchen wir auch gerechte Preise.“ | |
Auch der Drumlerhof hat seinen Preis. „Das heißt aber nicht, dass unser | |
Hotel nur für Besserverdiener ist. Man muss weniger konsumieren und dafür | |
besser. Die Leute heute kennen von allem den Preis, aber nicht den Wert. “ | |
23 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] http://www.luesnerhof.it/de/naturhotel/9-0.html | |
[2] http://www.drumlerhof.com/de | |
## AUTOREN | |
Edith Kresta | |
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