# taz.de -- NGO-Bericht über getötete Naturschützer: Morde an Umweltschütze… | |
> Ein Bericht beklagt 164 Morde an Umwelt- und Landrechtsaktivisten | |
> weltweit. Die Philippinen lösen Brasilien als gefährlichstes Land ab. | |
Bild: Die Jagd auf Aktivisten nimmt weltweit zu | |
Die neun Zuckerrohrarbeiter, unter ihnen drei Frauen und zwei | |
Minderjährige, hatten keine Chance, als unbekannte Bewaffnete am 20. | |
Oktober vergangenen Jahres das Feuer eröffneten. Die Landarbeiter hatten | |
sich auf der zentralphilippinischen Zuckerinsel Negros, die in dem | |
südostasiatischen Land wie keine andere Region für Großgrundbesitz und die | |
Verweigerung einer wirksamen Landreform gilt, an einer Landbesetzung | |
beteiligt. Die Angreifer setzten noch das Zelt der Besetzer in Brand, bevor | |
sie unerkannt fliehen konnten. Auch der Anwalt Benjamin Ramos, der | |
Opferfamilien vertrat, wurde wenige Tage später von mutmaßlichen | |
Auftragsmördern getötet. | |
Der Mord an den Zuckerrohrarbeitern und dem Anwalt beschreibt die britische | |
Organisation Global Witness in ihrem am Dienstag veröffentlichten | |
Jahresbericht. Darin zählt die Organisation, die sich für den Schutz der | |
Menschenrechte in Land- und Rohstoffkonflikten einsetzt, für das Jahr 2018 | |
weltweit 164 Morde an Umwelt- und Landrechtsaktivisten. [1][Das sind mehr | |
als drei Morde pro Woche.] Erstmals haben die Philippinen mit 30 Morden das | |
bisher stets führende Brasilien als gefährlichstes Land für Umwelt- und | |
Landrechtsaktivisten abgelöst. In Brasilien wurden 2018 laut Global Witness | |
noch insgesamt 20 Aktivisten getötet und damit sogar weniger als in | |
Kolumbien (24) und Indien (23). | |
So erfreulich der Rückgang in Brasilien von 57 im Jahr 2017 auf zuletzt 20 | |
ist, so geht Global Witness davon aus, dass er nur vorübergehend sein wird. | |
Denn der neue rechte Präsident Jair Bolsonaro will Reservate für Indigene | |
für Bergbau, Agrar- und Infrastrukturprojekte öffnen. Das dürfte zu noch | |
mehr Konflikten führen. Auch sollen die Rechte indigener Völker | |
eingeschränkt werden. | |
Auf den Philippinen sieht Global Witness eine Hexenjagd auf Aktivisten, die | |
von der Regierung von [2][Präsident Rodrigo Duterte als Kommunisten | |
abgestempelt] und damit indirekt zum Abschuss freigegeben werden. | |
Korruption und Straflosigkeit begünstigen die Morde ebenso wie die | |
Sicherheitskräfte selbst. Diese sollen eigentlich solche Morde verhindern, | |
sind in der Praxis aber oft Handlanger mächtiger Interessen und beteiligen | |
sich an der Einschüchterung von Landrechtsverteidigern und Umweltschützern, | |
so Global Witness. Ein Drittel aller Fälle im Land betraf die fruchtbare | |
und rohstoffreiche Südinsel Mindanao, wo der Wettbewerb um die Ausbeutung | |
der natürlichen Ressourcen besonders stark ist. | |
## Aktivisten werden als Kriminelle abgestempelt | |
Der Bergbausektor ist laut Global Witness für die meisten Morde (40) | |
verantwortlich. Es folgen der Agrarsektor (21) und der Bereich Wasser und | |
Staudämme (17) sowie Holzeinschlag (13). Einen Mordfall gab es sogar im | |
Zusammenhang mit Windenergie. | |
Global Witness erstellt seinen Bericht jährlich seit 2012 und verzeichnet | |
jetzt gegenüber dem Rekordjahr 2017, als 201 Mordfälle registriert wurden, | |
sogar einen Rückgang. Den führt die Organisation auf verstärkte Aktivitäten | |
indigener Gemeinschaften, von Nichtregierungsorganisationen, der UNO und | |
der verstärkten Berichterstattung durch die Medien zurück. | |
Die Organisation fürchtet aber nicht nur für Brasilien wieder einen | |
Anstieg, sondern auch global. Sie verzeichnet zugleich wachsende Versuche, | |
Umwelt- und Landrechtsaktivisten durch juristische Verfahren auszuschalten. | |
Starke Anstiege konnten bereits in Guatemala registriert werden (von 3 auf | |
16 Morde) sowie im Kampf um Wasserressourcen (von 4 auf 17). Das größte | |
Massaker gab es in Indien im Konflikt um eine Kupferschmelze im südlichen | |
Bundesstaat Tamil Nadu. Hier erschoss die Polizei im Mai 2018 13 | |
Demonstranten. | |
Kritik übt Global Witness an Investoren und Entwicklungsbanken, die | |
umstrittene Projekte förderten. Sie schürten so Gewalt, versagten aber | |
nicht beim Schutz bedrohter Aktivisten. [3][Mordopfer sind oft Indigene], | |
die ihr Land verteidigten. „Es ist ein Phänomen, das weltweit beobachtet | |
wird: Land- und Umweltschützer, von denen viele Eingeborene sind, werden | |
als Terroristen, Schläger oder Kriminelle bezeichnet, weil sie ihre Rechte | |
verteidigen“, erklärte die UN-Sonderberichterstatterin für indigene Völker, | |
Victoria Tauli-Corpuz von den Philippinen. Sie selbst wird von der | |
Regierung als Angehörige einer maoistischen Guerilla diffamiert. | |
30 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] /NGO-Bericht-ueber-getoetete-Naturschuetzer/!5523314 | |
[2] /Auf-den-Philippinen-ermordete-Anwaelte/!5604156 | |
[3] /Kommentar-Gewalt-gegen-Aktivisten/!5426920 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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