# taz.de -- Auf den Philippinen ermordete Anwälte: Seine Kritiker leben gefäh… | |
> Menschenrechtsanwälte, die Präsident Duterte kritisieren, werden als | |
> „Kommunisten“ diffamiert. Seit seinem Amtsantritt wurden 38 Anwälte | |
> ermordet. | |
Bild: Präsident Rodrigo Duterte betreibt die „red tagging“ genannte Brandm… | |
MANILA taz | Es sieht nach einem klassischen Auftragsmord aus: Benjamin | |
Tarug Ramos, Gründungsmitglied der Nationalen Vereinigung der Volksanwälte | |
(NUPL), wurde am 6. November 2018 in Kabankalan im Westen der | |
zentralphilippinischen Zuckerinsel Negros von Männern auf einem | |
vorbeifahrenden Motorrad erschossen. Drei Kugeln trafen den 56-jährigen | |
Anwalt. | |
Auf dem Weg zur Beerdigung seines Freundes und Kollegen fürchtete Ephraim | |
Cortez, das nächste Attentatsopfer zu werden. „Wir wurden von Männern auf | |
Motorrädern verfolgt. Sie haben uns demonstrativ ihre Waffen sehen lassen“, | |
erzählt NUPL-Generalsekretär Cortez im schmucklosen Büro seiner | |
Organisation in Manila. „Wie sich später zeigte, waren es Armeeangehörige�… | |
sagt Cortez. „Sie waren angeblich zu unserem Schutz abgestellt.“ Die mehr | |
als 400 Anwälte der 2007 gegründeten NUPL vertreten pro bono Bauern, | |
Ureinwohner, Arme, Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten, deren Rechte von | |
Polizei, Armee, Behörden, Politikern und Unternehmen mit Füßen getreten | |
werden. | |
Seit dem Amtsantritt von Präsident Rodrigo Duterte 2016 fielen bereits 38 | |
Menschenrechtsanwälte Attentaten zum Opfer. Die Täter bleiben meist | |
straflos. NUPL-Anwälte werden zudem in den sozialen Netzwerken beschimpft | |
und bedroht. Präsident Duterte betreibt die „red tagging“ genannte | |
Brandmarkung von Menschenrechtlern, Umweltaktivisten, [1][kritischen | |
Journalisten], Oppositionspolitikern und Gegnern des Drogenkriegs als | |
„Rote“ oder „Kommunisten“. Im Dezember verstieg er sich gar zum Mordauf… | |
gegen katholische Bischöfe, die seinen „Drogenkrieg“ kritisieren. | |
Einen offiziellen „Schießbefehl“ gibt es nicht. Sprecher des Präsidenten | |
tun seine Mordaufrufe auch immer wieder als „Witz“ ab. Doch | |
NUPL-Generalsekretär Cortez kennt die Wirkung solcher „Witze“. „Einen Tag | |
nach Dutertes Amtsantritt bezog sich die Polizei in einem Memorandum zur | |
Drogenbekämpfung auf eine Rede Dutertes, in der er den Drogen den Krieg | |
erklärt hat.“ Seitdem sind nach offiziellen Angaben 6.000 angebliche | |
Drogenkriminelle von der Polizei und nach Schätzungen von Bürgerrechtlern | |
weitere 27.000 von Todessschwadronen auf offener Straße erschossen worden. | |
## Proteste gibt es viele | |
Eine neue Stufe der Kommunistenhatz ist die vom Regime vor einigen Wochen | |
verbreitete „Matrix“ als Beweis für einen angeblichen Putsch gegen Duterte. | |
Auf diesem Stück Papier, das wie ein Schnittmuster aus einer | |
Frauenzeitschrift anmutet, sind Namen von NUPL-Anwälten und kritischen | |
Journalisten mit Linien verbunden. Das soll die Verbindungen zwischen den | |
angeblichen „Verschwörern“ untereinander suggerieren. „Sie haben einfach | |
die Namen aus einer unserer Broschüren abgeschrieben“, sagt Cortez. „Man | |
könnte darüber lachen, würde es nicht an die Listen von Regierungskritikern | |
zu Beginn der Diktatur von Ferdinand Marcos erinnern.“ | |
Proteste gegen die Morde an den Anwälten gibt es viele. „Die Serie | |
unaufgeklärter Verbrechen an Anwälten hat einen dunklen Schein von Angst | |
erzeugt, der die wichtigste Stütze des Justizsystems paralysiert“, klagte | |
die Anwaltskammer der Philippinen nach dem Mord an Ramos. Anfang Juni | |
protestierten Anwälte und Juraprofessoren aus den Philippinen, Europa, | |
Afrika und den USA gegen die „Zunahme der Angriffe auf Mitglieder der NUPL. | |
„Insbesondere sind wir besorgt über die Etikettierung (als Rote) sowie die | |
Anschuldigungen und Drohungen gegen die National Union of Peoples’ | |
Lawyers.“ | |
Ende Dezember 2018 verabschiedete das oberste Gericht der Philippinen einen | |
Erlass zum Schutz der Anwälte. „Das ist nur ein Stück Papier“, sagt Cortez | |
bitter. Bedeutungslos ist auch das Gesetz zum Schutz von | |
Menschenrechtsaktivisten, das Ende Mai vom Repräsentantenhaus verabschiedet | |
wurde. Um in Kraft zu treten, muss der Senat zustimmen. Der aber ist | |
[2][seit der Wahl] vom 13. Mai dieses Jahres fest in der Hand von Dutertes | |
Gefolgsleuten. | |
Maria Sol Taule ist die Anwältin der im Herbst 2018 deportierten Nonne | |
Patricia Fox. Die seit fast 30 Jahren auf den Philippinen als Missionarin | |
und Menschenrechtlerin aktive Australierin hatte Duterte wegen seiner | |
Menschenrechtsverletzungen kritisiert und sich damit seinen Zorn zugezogen | |
– und den seiner Anhänger. „Mir wurde in den sozialen Medien mit Mord und | |
Vergewaltigung gedroht“, erzählt Taule. „Auf der Straße halte ich immer | |
meine Umgebung im Auge. Aber ich versuche, so normal wie möglich zu leben, | |
und lasse mich nicht einschüchtern.“ Taule lebt das Motto der Volksanwälte: | |
„Wir haben mutige Mandanten. Sie verdienen mutige Anwälte.“ | |
18 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Michael Lenz | |
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