# taz.de -- Profifußball in Russland: Traditionell rassistisch | |
> Gleich im ersten Spiel für seinen neuen Klub Zenit St. Petersburg lassen | |
> Fans den Brasilianer Malcom spüren, was sie von Schwarzen halten. | |
Bild: Neu in Russland: der brasilianische Stürmer Malcom | |
Kaum ist er da, soll er schon wieder weg. Es geht um Malcom Filipe Silva de | |
Oliveira. Zenit St. Petersburg hatte den brasilianischen Stürmer gerade | |
erst für 40 Millionen Euro vom FC Barcelona gekauft, da gibt es schon die | |
ersten Gerüchte, nach denen die Russen den jungen Mann (22) im Januar, wenn | |
sich das nächste TransferFenster öffnet, schon wieder verticken könnten. | |
Die Nachrichtenagentur Ria Nowosti will das von einer nicht genannten | |
Quelle in Brasilien erfahren haben. | |
Wundern müsste man sich nicht, wenn Malcom gleich wieder die Flucht aus St. | |
Petersburg ergreifen würde. Gleich zu seiner Premiere auf dem Feld bekam er | |
den Rassismus von Zenit-Fans zu spüren. Die zeigten beim Spiel gegen den FK | |
Krasnodar (1:1) ein Banner, auf dem zu lesen stand. „Vielen Dank an die | |
Führung für die Wahrung der Traditionen“. Was mit dieser kryptischen | |
Botschaft gemeint war? Es geht um die Tradition, keine schwarzen Spieler zu | |
verpflichten. | |
Einen Bruch mit dieser Tradition hat es schon des öfteren gegeben. 2012, | |
bei der Verpflichtung des früheren brasilianischen Nationalspielers Hulk | |
zum Beispiel. Der war 2012 zusammen mit dem Belgier Axel Witsel | |
verpflichtet worden. Damals veröffentlichten Fans ein Manifest, in denen | |
stand, dass ihr Protest nichts mit Rassismus zu tun habe, sondern einzig | |
und allein der Traditionspflege gelte. | |
Die Fans schafften es damals nicht, die Spieler zu vergraulen. Doch die | |
Stimmung war so vergiftet, dass sich sogar der Präsident des Landes, der | |
Petersburger Wladimir Putin in die Debatte eingeschaltet hat und die | |
Verpflichtung der beiden für richtig erklärt hat. | |
## Alles nur Fake News? | |
Es dürfte also kaum Zweifel daran bestehen, was mit dem Transparent der | |
Fans am vergangenen Wochenende gemeint war. Alexander Medwedew, der | |
Generaldirektor von Zenit St. Petersburg, glaubte wohl, dass sich in der | |
weiten Welt niemand mehr an die Fälle Hulk und Witsel erinnern würde und | |
beschuldigte westliche Medien, die über das Transparent berichtet hatten, | |
der Verbreitung von Fake News. „Es gab keinen Konflikt. Die westlichen | |
Medien verbreiten wieder einmal falsche Informationen. Leider geschieht | |
dies nicht nur im Sport“, ließ sich Medwedew von russischen Medien | |
zitieren. | |
Die legen seither täglich nach, um zu belegen, dass es bei Zenit keinen | |
Rassismus gibt. Da kommt etwa Flavia de Oliveira, Malcoms Mutter, zu Wort | |
und sagt, sie habe ihrem Sohn angerufen und gefragt, ob denn stimme, was da | |
berichtet wird. Der Sohn habe gar nicht gewusst, wovon sie gesprochen habe. | |
Überhaupt werde er sehr gut behandelt in St. Petersburg, besonders nett sei | |
Medwedew selbst. Auch Hulk, der vier Jahre lang bei Zenit gespielt hat, | |
wurde zu Malcom befragt. | |
Hulk hat demnach nur gute Erinnerungen an seine Zeit in Russland. „St. | |
Petersburg ist eine Stadt mit einer wunderbaren Atmosphäre, | |
aufgeschlossenen Menschen und einer großen Liebe zum Fußball. Ich habe vier | |
unvergessliche Jahre in Russland verbracht, ich möchte ihm sagen, dass es | |
sehr gastfreundliche und aufrichtige Menschen gibt“, meinte er. | |
Malcom selbst soll seinen ersten Auftritt in der Liga fantastisch gefunden | |
haben, erinnert sich vor allem an den Applaus, mit dem ihn die meisten der | |
über 50.000 Fans begrüßt hätten. Am Montag sei er durch St. Petersburg | |
spaziert. Sogar Russisch habe er schon gelernt – ein Wort könne er schon: | |
Spasibo für Danke. Solche Geschichten sind es, die auf russischen | |
Sportwebsites gerne erzählt werden. Das Thema Rassismus wird dabei diskret | |
umschifft. | |
7 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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