# taz.de -- Fußball lesen: Der letzte seiner Art | |
> Miroslav Klose war Zimmermann, dann ist er doch noch Fußballweltmeister | |
> geworden. Ronald Reng macht sein Leben zum Roman. | |
Bild: Miroslav der Junge: Stürmer Klose im Jahr 2003 | |
Ein gepflegter [1][Schnauzbart] ist aus der Geschichte des deutschen | |
Fußballs nicht wegzudenken. Da ist das Oberlippengestrüpp von Klaus | |
Schlappner, einst Trainer bei Waldhof Mannheim, der den Beweis angetreten | |
hat, dass man in Deutschland bei einer Kommunalwahl für die NPD antreten | |
und dennoch den Ehrentitel Kulttrainer tragen darf. | |
Da ist der Walrossbart des einstigen Stuttgarters Fritz Walter, der mit | |
seinem Träger die Torjägerkanone der Saison 1991/92 gewinnen konnte. Und da | |
ist der gepflegte Oberlippenbart, den Olaf Marschall getragen hat, als er | |
1998 den [2][1. FC Kaiserslautern] zur deutschen Meisterschaft geschossen | |
hat. Womit wir schon fast beim Thema wären. | |
Denn hier soll es ein wenig um Kaiserslautern gehen, ein bisschen um Olaf | |
Marschall und ein klein wenig um einen Schnauzbart. Einen solchen hat Erich | |
Berndt getragen, einst Trainer diverser Teams bei der SG | |
Blaubach-Diedelkopf. Über den schreibt der Autor Ronald Reng: „Der Fußball | |
schien sogar sein Aussehen zu formen. Erich Berdt hatte massive | |
Oberschenkel in o-förmigen Beinen und im Gesicht den ewigen Ausweis eines | |
echten Fußballmannes: einen Schnauzer.“ | |
„Miro“ heißt das Buch, in dem sich dieser Satz findet. Es ist die Biografie | |
eines schier unglaublichen Fußballerlebens. Erich Berndt hat darin die | |
Rolle eines früheren Förderers von Miroslav Klose. Das Leben des Mannes, | |
der als Bub mit seinen Eltern aus Polen ins pfälzische Kusel gezogen ist, | |
um als Fußballer vier Weltmeisterschaften zu erobern, ist ein wahres | |
Rührstück. | |
Klose ist Zimmermann, als er zum Aufstieg von der achten Liga in die | |
Champions League ansetzt. Als er seine Karriere beendet, gibt ein keinen | |
mehr in der DFB-Auswahl, der nicht eine bestens ausgestattete | |
Jugendakademie besucht hat. Reng meint: Miroslav Klose ist der Letzte | |
seiner Art. Dass er das so aufschreibt, ohne dass allzu viel Schmalz aus | |
den Seiten quillt, macht die Lektüre zu einem wahren Vergnügen. | |
## Mann ohne Spannstoß | |
Viel ist bekannt über Kloses Leben. Und doch gibt es wahre Schätze, die | |
Reng heben konnte. Womit wir wieder bei Olaf Marschall wären. Den hat Klose | |
noch als Fan von der Kurve aus bewundert und stand später im Training bei | |
Kaiserslautern fassungslos neben dem Stürmer, um dessen Schusstechnik zu | |
bewundern. Die war zu DDR-Zeiten, die Marschall als Spieler von Lok Leipzig | |
erlebt hat, mit wissenschaftlichen Methoden vermessen und optimiert worden. | |
„Von zehn Schüssen flogen bei Olaf neun perfekt platziert aufs Tor“, sagt | |
Klose in dem Buch. | |
Er selbst konnte das nicht. Auch weil er jahrelang mit einem nicht | |
behandelten, immer wieder aufbrechenden Bruch im Mittelfuß gespielt hat, | |
setzte er nur selten zum satten Spannstoß an. Es bemerkenswert, mit welcher | |
Leidensfähigkeit Klose durch seine Karriere geschritten ist. Dass ihn auch | |
Lebensfreude angezogen hat, beweist seine Freundschaft mit Luca Toni, dem | |
ehemaligen Kollegen beim FC Bayern, jenem „Abbild eines Heiligen aus einem | |
Michelangelo-Gemälde“, wie Reng schreibt. | |
Kloses Leben ist eigentlich lesenswert genug, wie Reng es beschreibt, macht | |
es zum Roman. | |
10 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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