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# taz.de -- Billigticket nach Wiener Modell: Hoppla, ich bin auch noch da
> Der Regierende Bürgermeister Michael Müller spricht sich für ein
> 365-Euro-Jahresticket aus. Warum ausgerechnet jetzt? Ein Wochenkommentar.
Bild: Könnte man sich sparen, gäbe es ein billiges 365-Euro-Jahresticket …
Der Vorschlag kam für alle überraschend. Während einer Dienstreise im
Ausland hatte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zu
Beginn der Woche ein verkehrspolitisches Zeichen setzen wollen. Das
Jahresticket für den Berliner Nahverkehr, so Müller, solle statt bisher 735
Euro für ein AB-Ticket nur 365 Euro kosten – also einen Euro pro Tag. In
Wien gibt ein so preisgünstiges Ticket schon seit 2012.
Geht es nach Michael Müller, soll nun also auch Berlin das „Wiener Modell“
übernehmen. Aber Berlin ist nicht Müller. Nicht nur die Opposition zeigte
sich angesichts des Vorstoßes skeptisch. So nannte der
CDU-Verkehrspolitiker Oliver Friederici die Idee zwar „interessant“,
erinnerte aber auch daran, dass im Doppelhaushalt 2020/21 kein Geld dafür
hinterlegt sei. Zurückhaltend war aber auch der Koalitionspartner von den
Grünen. Es müsse sichergestellt sein, dass der Nahverkehr dann auch
entsprechend leistungsfähig sei, meinte Fraktionschefin Antje Kapek.
Gut möglich, dass es Müller gar nicht um Verkehrspolitik ging, sondern um
seine schlechten Umfragewerte. In der jüngsten Umfrage der Berliner Zeitung
belegt der Regierende in der Beliebtheitsrangfolge nur Platz sechs. An
erster und zweiter Stelle stehen mit Klaus Lederer und Ramona Pop Senatoren
der mitregierenden Linken und der Grünen.
## Zeichen der Zeit
Auch deshalb fordern Stimmen in der SPD seit Monaten , Müller solle weniger
Rücksicht auf seine Koalitionspartner (aber auch auf seine eigene Partei)
nehmen und selbst als Person stärker in den Vordergrund treten. Mehr
Initiative über die Medien statt in den Gremien von Rot-Rot-Grün: das hat
Müller mit seinem Vorstoß nun in die Tat umgesetzt wie schon zuvor mit dem
solidarischen Grundeinkommen.
Michael Müller hat die Zeichen der Zeit also verstanden. Und es sind
dramatische Zeichen. Denn nicht nur ist nicht sicher, dass die SPD bei den
Wahlen zum Abgeordnetenhaus 2021 überhaupt wieder stärkste Partei wird.
Längst ist auch nicht ausgemacht, dass die SPD mit dem Regierenden als
Spitzenkandidaten antritt. Da ein paar Beliebtheitspunkte zu sammeln, ist
auch politischer Überlebenskampf.
Fragt sich nur, ob das bei diesem Thema nicht ein Schuss nach hinten war.
Denn nicht nur Grüne und SPD hat Müller überrascht, sondern auch den
Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB). Dürfen auch Pendler das Ticket
kaufen?, fragte eine VBB-Sprecherin zu Recht. Eine Berliner Insellösung
aber wäre das Letzte, was die Brandenburger Genossen im Wahlkampf brauchen
können. Egoismus war halt noch nie ein guter Ratgeber.
13 Jul 2019
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Mobilitätswende
ÖPNV
BVG
Michael Müller
SPD Berlin
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Öffentlicher Nahverkehr
Michael Müller
Thilo Sarrazin
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SPD-Basis
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