| # taz.de -- Hamburger Verfassungsschutzbericht 2018: Rechts nicht mehr blind | |
| > Nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke will | |
| > Innensenator Grote die rechtsextreme Szene im Internet stärker | |
| > beobachten. | |
| Bild: Sieht mit dem rechten Auge bald mehr als nur Innensenator Grote (l.): VS-… | |
| Hamburg taz | Das Landesamt für Verfassungsschutz will sich verstärkt um | |
| die Beobachtung des Rechtsextremismus kümmern. „Rechtsextremismus ist die | |
| größte Bedrohung, mit der wir es aktuell zu tun haben“, sagte Innensenator | |
| Andy Grote (SPD) am Montag bei der Vorstellung des | |
| [1][Verfassungsschutzberichts]. Der Chef des Verfassungsschutzes, Torsten | |
| Voß, lenkte das Augenmerk überdies auf das Phänomen der „Entgrenzung“: | |
| Extremistische Gruppen aller Couleur versuchten, ihre Botschaften in den | |
| politischen Mainstream einsickern zu lassen. | |
| Innensenator Grote bezog sich mit seiner Äußerung auf den Mord an dem | |
| Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU). Der Rechtsextremist | |
| Stephan Ernst hatte dazu ein Geständnis abgelegt, das er später aber | |
| widerrufen hat. Bisher seien öffentliche Amtsträger nur bedroht worden. Die | |
| Tötung Lübckes habe die Situation gravierend verändert. „Das zielt auf den | |
| freien demokratischen Diskurs“, sagte Grote. | |
| Zwar sei die rechtsextreme Szene in Hamburg schwach und es habe auch keine | |
| auffälligen Veränderungen gegeben. Trotzdem wolle der Verfassungsschutz | |
| jetzt die Beziehungen unter den Rechtsextremen im Internet tiefer | |
| ausleuchten. „Wir werden dazu eine Spezialeinheit aufbauen“, kündigte der | |
| Senator an. Fünf Leute sollen dafür eingestellt werden. | |
| Grote und Verfassungsschutzchef Voß warnten davor, dass | |
| verfassungsfeindliche Gruppen versuchten, ihre politischen Positionen in | |
| die Mitte der Gesellschaft zu tragen und die Grenzen zwischen Mainstream | |
| und Extremismus zu verwischen. Dies geschehe „insbesondere über die | |
| gezielte strategische Besetzung gesellschaftlich breit diskutierter oder | |
| akzeptierter Themen“ unter Nutzung des Internets. | |
| Ein Beispiel dafür sei die gewaltorientierte Organisation Hizb-ut Tahrir, | |
| die in Wilhelmsburg den inzwischen wieder aufgelösten Fußballverein | |
| [2][Adil] gegründet habe. Unter der Bezeichnung „[3][Realität Islam]“ habe | |
| sie außerdem eine Petition an den Bundestag gegen ein [4][mögliches | |
| Kopftuchverbot] für unter 14-Jährige lanciert, die von 170.000 Menschen | |
| unterzeichnet wurde. | |
| Die extreme Rechte suche in ähnlicher Weise mit ihrem Konzept des | |
| „Ethnopluralismus“ Anschluss. Dahinter verberge sich mitnichten | |
| Pluralismus, sondern die Vorstellung vieler ethnisch homogener Staaten. | |
| Die Interventionistische Linke und die [5][Antifa Altona-Ost] wiederum | |
| hätten versucht, an die Fridays-for-Future-Bewegung anzudocken. Allgemein | |
| täten sich Linksextreme leichter mit der Entgrenzung, weil ihre Themen – | |
| Klimaschutz, Engagement gegen rechts, Flüchtlingspolitik – gesellschaftlich | |
| eher vermittelbar seien. Das „schleichende Gift der Entgrenzung“ sei die | |
| „größte Bedrohung für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung“, | |
| warnte Voß. | |
| Der Verfassungsschutz verzeichnet ein Anwachsen der linksextremistischen | |
| Szene von 1.220 Personen 2017 auf 1.335 im vergangenen Jahr, wovon jeweils | |
| 770 und 935 als gewaltbereit eingestuft werden. „Der Anstieg hat damit zu | |
| tun, dass wir eine Vielzahl von Menschen demaskiert haben“, sagte Voß mit | |
| Blick auf die Ermittlungen zu den G20-Krawallen. | |
| Die Zahl politisch links motivierter Delikte, wie sie von der Polizei | |
| erfasst werden, ist dagegen unter das Niveau der Zeit vor dem G20-Gipfel | |
| gesunken. Voß erkannte hier eine „physische Zurückhaltung“. Allerdings sei | |
| es vermehrt zu Farbanschlägen und Ähnlichem auf Repräsentanten der | |
| öffentlichen Ordnung gekommen (siehe Kasten). | |
| Die Zahl der Islamisten stagniert nach Erkenntnissen des | |
| Verfassungsschutzes bei rund 1.600, die der Extremisten mit Auslandsbezug | |
| wie etwa Kurden bei 850. Die Zahl der Scientology-Anhänger hat sich in den | |
| vergangenen zehn Jahren halbiert. | |
| 9 Jul 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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