| # taz.de -- Rapper zu „Wir bleiben mehr“-Konzert: „Aus dem Osten etwas ma… | |
| > Chemnitz lädt zum „Wir bleiben mehr“-Festival. Mit dabei: Rapper Testo | |
| > von „Zugezogen Maskulin“. Ein Gespräch über Ostdeutschland und die AfD. | |
| Bild: Im September 2018 besuchten mehr als 65.000 Leute das „Wir sind mehr“… | |
| taz: Testo, am Donnerstag beteiligen Sie sich am Kosmos-Festival in | |
| Chemnitz. Das Motto: „Wir bleiben mehr“. Warum wollen Sie hier ein Zeichen | |
| setzen? | |
| Testo: Durch die Geschehnisse im letzten Jahr ist die Stadt zu einem Symbol | |
| eines Osten geworden, mit dem irgendetwas nicht stimmt. Aber in Chemnitz | |
| gibt es auch Menschen, die sich dem entgegenstellen und zusammen eine | |
| Zivilgesellschaft aufbauen, die es ganz lange im Osten so nicht gab. | |
| Das Festival knüpft an das [1][„Wir sind mehr“-Konzert vom September 2018] | |
| an, als 65.000 Leute nach Chemnitz kamen – nachdem dort Rechte | |
| marschierten. Braucht es mehr politisches Engagement der Musikszene? | |
| Ich hätte nichts dagegen. Aber ich finde es auch anmaßend, wenn ich Leuten | |
| vorschreibe, was sie mit ihrer Kunst anstellen sollen und für was sie sich | |
| hergeben. Wenn jemand nicht politisch in Erscheinung treten möchte, ist das | |
| seine freie Entscheidung. | |
| Für Sie ist es wichtig, gegen Rechte zu mobilisieren. Wieso? | |
| Ich kann bis zu einem gewissen Punkt auch rechte Meinungen tolerieren. Aber | |
| es gibt Positionen, die man bekämpfen muss. Gerade wenn es darum geht, | |
| Andersaussehende, Andersliebende und sonst nicht der Mehrheitsgesellschaft | |
| angepasste Menschen zu schaden. | |
| Sie selbst sind [2][in Leipzig geboren und im Osten aufgewachsen]. Wie | |
| blicken Sie auf die Landtagswahlen im Herbst? | |
| Ich finde es spannend und verfolge es. Ich hoffe, dass zumindest die Grünen | |
| da etwas bewegen, kann mir aber alle Ausgänge vorstellen. Auch, dass | |
| wirklich die ganz schlimme Katastrophe eintritt und es große AfD-Erfolge | |
| gibt. | |
| Hat die AfD nicht jetzt schon Ostdeutschland verändert? | |
| Ja, schon. Mit Pegida und der AfD ist der Osten plötzlich Thema geworden. | |
| Die Wut, die sich da fehlgerichtet gegen Geflüchtete kanalisiert, hat ja | |
| eigentlich einen anderen Kern. Nach der Wende ist der Osten durch die | |
| De-Industrialisierung und den massenweisen Wegzug ausgeblutet. Und die DDR | |
| hat immer noch Auswirkungen auf die Menschen. Selbst ich merke irgendwie | |
| eine Prägung. | |
| Wie denn? | |
| Ich habe schon immer erlebt, dass rechte Äußerungen hier oft | |
| unwidersprochen blieben. Und jetzt ist das Problem noch größer geworden. | |
| Die AfD geriert sich dabei als ostdeutsche Kümmererpartei und hat | |
| Ostdeutschland ein komisches Selbstbewusstsein gegeben. Eben dieses: „Ey, | |
| ihr seid nicht so verkommen wie der Westen, sondern noch das echte | |
| Deutschland.“ | |
| Hat diese Fixierung auf den Osten nicht auch etwas Unfaires? | |
| Ja, das ist eine absolute Heuchelei. Im Osten ist der Rechtsextremismus | |
| gerade einfach sichtbarer. Ich hab aber auch in Berlin genug solcher | |
| Äußerungen bemerkt. Auch in der Musikindustrie kamen Sätze wie: „Ja, die | |
| schwarze Künstlerin, die finde ich ganz heiter, ich hatte auch mal | |
| Dschungelfieber.“ Es zieht sich eben durch die Gesellschaft. Aber natürlich | |
| ist es auch Quatsch zu sagen, dass rechte Tendenzen im Osten kein | |
| besonderes Problem seien. | |
| Was kann man dagegen tun? | |
| Ich fürchte, es gibt nicht die eine Lösung und dann wählen die Leute im | |
| Osten endlich wieder so wie wir das wollen. Man muss dieses Ausbluten dort | |
| irgendwie stoppen. Veranstaltungen wie das ‚Wir bleiben mehr‘ sind ja ein | |
| Ausdruck, dass es Leute gibt, die nicht weggehen, sondern hier Angebote | |
| schaffen und aus dem Osten wieder etwas machen. | |
| 4 Jul 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Julian Schmidt-Farrent | |
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