# taz.de -- Prepper-Netzwerk mit Feindesliste: Betroffene werden informiert | |
> Ein Polizist und ein Anwalt aus Mecklenburg-Vorpommern sollen Todeslisten | |
> ausgestellt haben. Jetzt werden die ersten Betroffenen davon in Kenntnis | |
> gesetzt. | |
Bild: Mecklenburgs Innenminsterium hielt die Unterrichtung der Betroffenen bish… | |
BERLIN taz | Seit vergangenem Freitag haben mehrere Personen in | |
Mecklenburg-Vorpommern Post vom Bundeskriminalamt bekommen. „Zeugenladung“ | |
steht darin als Betreff. Und dann die Straftat, wegen der ermittelt wird: | |
„Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.“ Es | |
geht um rechtsextremistische Terrorpläne. Wie nach einer Sitzung des | |
Landesinnenausschusses in Mecklenburg-Vorpommern am vergangenen Donnerstag | |
bekannt wurde, sollen 29 Personen betroffen sein. | |
Die Ermittler werfen einem Anwalt aus Rostock und einem Kriminalpolizisten | |
aus West-Mecklenburg vor, Listen angelegt zu haben mit Politikern, | |
Aktivisten, Personen aus dem linken Spektrum. Die, so der Vorwurf, wollten | |
die beiden Männer [1][an einem Tag X töten]. Was in dem Brief nicht steht: | |
Die Zeugen werden nicht nur geladen, weil sie etwas über die geplante Tat | |
wissen könnten. Sie gehören zu denjenigen, die auf der Liste gestanden | |
haben. | |
Seit zwei Jahren ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen die beiden Männer | |
in Norddeutschland, bekannt wurden die Vorwürfe, als das Bundeskriminalamt | |
im August 2017 Razzien bei den Beschuldigten und vier Zeugen durchführte. | |
Neben einer nicht näher benannten Menge an Waffen und Munition hatten die | |
Ermittler auch eine Sammlung von Personendaten gefunden, Auszüge aus | |
öffentlichen Registern, Internetrecherchen, teils mit handschriftlichen | |
Vermerken versehen. | |
Diese als „lose Blattsammlung“ beschriebene Liste soll von dem Rostocker | |
Rechtsanwalt Jan-Hendrik H. stammen. Der zweite Beschuldigte, der | |
Kriminalpolizist Haik J., steht im Verdacht, seinen Dienstrechner genutzt | |
zu haben, um diese Personen zu recherchieren. Jan-Hendrik H. ist ein Anwalt | |
aus Rostock, der auch ein Mandat im Stadtparlament hatte. Unter den | |
Personen, die jetzt vom BKA informiert wurden, sind nach taz-Informationen | |
Landtagsabgeordnete der Linkspartei, mehrere Abgeordnete des | |
Stadtparlaments sowie Sachverständige, die in Ausschüssen, in denen H. | |
Mitglied war, eingeladen waren. | |
Linke fordert Aufklärung | |
„Ich erwarte eigentlich schon von einem Innenminister, der ja auch | |
Landtagskollege ist, Antworten darauf, wie man mit solchen Listen umgeht“, | |
sagt Eva-Maria Kröger von der Linkspartei. „Wir haben mehrfach nachgefragt, | |
wer da draufsteht, aber keine Informationen bekommen. Das finde ich äußerst | |
problematisch.“ Sie ist eine von mehreren Abgeordneten des Landtags, die | |
nun vorgeladen wurde. Auch Personen, die Jan-Hendrik H. nach eigener | |
Auskunft nicht persönlich kennen, wurden nun vorgeladen. | |
Sie engagieren sich in einem Rostocker Bürgerbündnis gegen rechts. Andere | |
Betroffene organisieren das Gedenken für das verstorbene NSU-Opfer Mehmet | |
Turgut, der in Rostock erschossen wurde. Jan-Hendrik H. soll laut einer | |
Zeugenaussage anlässlich einer Feier einen Schießwettbewerb veranstaltet | |
haben – als Gewinn gab es einen Trophäe, die nach Mehmet Turgut benannt | |
war. Die beiden Beschuldigten sind Teil eines Netzwerks sogenannter | |
Prepper, Personen also, die sich auf Katastrophen vorbereiten. | |
Dafür hatten sie sich mit etwa 30 anderen Gleichgesinnten getroffen, mal um | |
Wasseraufbereitung zu üben oder sich von Türmen abzuseilen. Darüberhinaus | |
hatten sie sich in Chatgruppen vernetzt. Bekannt unter den Namen „Nord“, | |
[2][„Nordkreuz“] oder „Vier gewinnt“. Sie sind Teil eines bundesweiten | |
Netzwerks mit ähnlichen Chatgruppen, die von einer zentralen Person | |
geleitet wurden. Sein Name: André S. Auch bekannt als [3][Hannibal.] | |
Das besondere an dieser Gruppe: Unter den Mitgliedern sind Polizisten, | |
Soldaten, Reservisten und Behördenmitarbeiter – Menschen also, deren | |
Aufgabe es ist, den Staat zu schützen und aufrechtzuerhalten. Stattdessen | |
sorgen sie für dessen Zusammenbruch vor. Manche von ihnen sollen scheinbar | |
zudem geplant haben, den Zusammenbruch zu nutzen – um ihre Feinde zu | |
internieren und zu töten. | |
Informationsfluss stockt | |
Die Ermittler hatten im Anschluss an die Durchsuchung Daten nach | |
Mecklenburg-Vorpommern weitergegeben und eine Gefährdungseinschätzung | |
abgegeben. Seither oblag es dem Innenministerium und den untergeordneten | |
Sicherheitsbehörden in Mecklenburg-Vorpommern, die aufgelisteten Personen | |
über eine mögliche Gefährdung zu informieren. | |
Das Landesinnenministerium von CDU-Minister Lorenz Caffier hatte stets | |
betont, dass anhand der vorhandenen Informationen eine Benachrichtigung | |
nicht als nötig erachtet wurde, da keine Gefährdung ersichtlich sei. In | |
Bayern hingegen wurde beispielsweise mindestens eine Person informiert. | |
Jetzt erfahren die betroffenen Personen in Mecklenburg-Vorpommern von einer | |
Bundesbehörde, dass ihre Daten gesammelt wurden. | |
Erst in der vergangenen Woche [4][hatte es Durchsuchungen im | |
Nordkreuz-Umfeld] gegeben: Vier ehemaligen und aktiven Beamten des | |
Mecklenburger Sondereinsatzkommandos SEK wird vorgeworfen, Munition aus | |
Polizeibeständen gestohlen zu haben. Bei den Durchsuchungen wurden mehrere | |
Zehntausend Schuss Munition bei einem der Beschuldigten gefunden sowie eine | |
Maschinenpistole des Typs Uzi. | |
Der Mann ist bereits bekannt: Marko G., er hatte die Nordkreuz-Gruppe | |
gegründet und administriert. Bei den Ermittlungen gegen Jan-Hendrik H. war | |
der frühere Fernspäher und spätere Polizist als Zeuge durchsucht worden. | |
Schon damals fanden das BKA zahlreiche Waffen und Munition. Er sitzt | |
derzeit in Untersuchungshaft, ebenfalls ein weiterer Beschuldigter. | |
17 Jun 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Rechte-Umsturz-Aufrufe/!5599939&s=Prepper/ | |
[2] /Rechte-in-Mecklenburg-Vorpommern/!5602749&s=Prepper/ | |
[3] /Archiv-Suche/!5577823&s=Hannibal&SuchRahmen=Print/ | |
[4] /Archiv-Suche/!5602690&s=hannibal&SuchRahmen=Print/ | |
## AUTOREN | |
Christina Schmidt | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
Prepper | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
Rechtsextremismus | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
Alternative für Deutschland (AfD) | |
Rechtsextremismus | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
Schwerpunkt Hannibals Schattennetzwerk | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommission zur rechten Prepperszene: Schlecht prepperiert | |
2017 geraten „Prepper“ in Mecklenburg-Vorpommern unter Terrorverdacht. Sind | |
sie gefährlich? Die taz wertet interne Unterlagen aus. | |
Rechte Prepper-Gruppe „Nordkreuz“: Betroffene tappen weiter im Dunkeln | |
Nach zwei Jahren werden Personen auf der „Nordkreuz“-Feindesliste nun doch | |
benachrichtigt. Mit einem rätselhaften Schreiben. | |
Rechter Terror in Deutschland: Auf der Feindesliste | |
Mitglieder der Preppergruppe Nordkreuz sollen geplant haben, politische | |
Gegner zu töten. Was tut der Staat gegen rechten Terror? | |
Essay rechte Netzwerke: Herbeigesehnter Bürgerkrieg | |
Was hat Höckes AfD mit der Hannibal-Affäre und dem Lübcke-Mord zu tun? Eine | |
historische und aktuelle Spurensuche. | |
Rechte Umsturz-Aufrufe: „Schließt euch an!“ | |
Rechte sehen einen „Tag X“ aufkommen – und rufen Polizisten, Soldaten und | |
Verfassungsschützer zum Widerstand auf. | |
Rechte in Mecklenburg-Vorpommern: Razzia bei Nordkreuz-Administrator | |
Polizisten in Mecklenburg-Vorpommern sollen Munition vom LKA gestohlen | |
haben. Einer ist Mitglied der früheren Prepper-Gruppe „Nordkreuz“. | |
MAD-Prozess in Köln: Hannibal schaffte Computer weg | |
Neue Erkenntnisse im Fall Uniter: Vor einer Razzia der Bundesanwaltschaft | |
ließ der Soldat einen Laptop verschwinden. | |
Verfassungsschützer bei Hannibal-Verein: Verbindung enger als bekannt | |
Das Innenministerium in Stuttgart bestätigt: Uniters Gründungschef war | |
schon damals beim Geheimdienst. |