# taz.de -- Kommentar zum Fall Walter Lübcke: Das muss ein Wendepunkt sein | |
> Immer wieder wird auch bei schwerster rechtsextremer Gewalt gezögert, das | |
> Wort Terrorismus in den Mund zu nehmen. | |
Bild: Es gibt wohl einen „rechtsextremen Hintergrund“: der Sprecher der Bun… | |
Noch immer ist vieles unklar im Fall Walter Lübcke. Aber immer deutlicher | |
zeichnet sich ab: Der Mord könnte zu einem Fanal werden. Sollte die | |
Erschießung des CDU-Politikers tatsächlich aus einem [1][rechtsextremen | |
Motiv heraus] erfolgt sein, wovon die Ermittler derzeit ausgehen, dann ist | |
das eine Ungeheuerlichkeit. Wir müssen über rechten Terror sprechen, und | |
zwar ganz anders als bisher. | |
Bereits in den vergangenen Jahren hatte sich die Stimmung im Land stetig | |
hochgeschaukelt. Pegida, AfD und Anti-Asyl-Demonstranten schmähten | |
Politiker als „Volksverräter“, riefen zum „Widerstand“ auf. Im Netz li… | |
Rechtsextreme ihren Gewaltfantasien freien Lauf. In Köln attackierte ein | |
Rechtsextremer die Oberbürgermeisterkandatin Henriette Reker mit einem | |
Messer, in Altena den [2][CDU-Bürgermeister Andreas Hollstein]. Beide wegen | |
ihrer Flüchtlingspolitik. | |
Auch Walter Lübcke hatte sich klar positioniert – für die Aufnahme von | |
Geflüchteten. Ob dies nun Auslöser für den Mord war, bleibt abzuwarten. | |
Klar aber ist: In dieser Gesellschaft ist etwas losgetreten, was sich nun | |
nur noch schwer einfangen lässt. Wie entfesselt die Hetze inzwischen ist, | |
zeigt sich daran, dass Lübcke selbst nach seinem Tod weiter aufs Infamste | |
beleidigt wurde. | |
Es gab und gibt Widerspruch, ja. Aber offensichtlich nicht laut genug. | |
Immer wieder wird auch bei schwerster rechtsextremer Gewalt gezögert, das | |
Wort Terrorismus in den Mund zu nehmen – wo es an anderer Stelle schnell | |
gebraucht wird. Dabei haben Rechtsextreme nie einen Zweifel daran gelassen, | |
dass sie ihren Worten auch Taten folgen lassen. Auf Asylunterkünfte flogen | |
Brandsätze, der NSU mordete zehnfach, und militante Neonazis, etwa von | |
Combat 18, trafen sich zu Schießtrainings. | |
Bei all dem blieb der Eindruck, dass der [3][NSU-Schock] bereits wieder | |
Geschichte ist. Combat 18 bleibt bis heute weitgehend unangetastet. | |
Betroffene auf rechten Feindeslisten wurden von den Behörden über die | |
Bedrohung nicht informiert. Erst nach Chemnitz, als plötzlich Rechtsextreme | |
mit Bürgern zu Tausenden auf der Straße standen und sich eine Kleingruppe | |
mutmaßlich als Rechtsterroristen formierte, schienen die | |
Sicherheitsbehörden aufzuwachen. Vielleicht zu spät. | |
Diese Halbherzigkeit und Stille müssen jetzt aufhören. Es braucht nicht nur | |
klare Worte, wie sie zuletzt der amtierende Bundespräsident immerhin zu der | |
rechten Hetze gegen Lübcke fand. Es braucht auch ein rigoroses Vorgehen | |
gegen militante Rechte und ihre Strukturen – und auch gegen den digitalen | |
Mob und die verbalen Einpeitscher von Pegida bis AfD. Dieser Fall muss ein | |
Wendepunkt sein. | |
18 Jun 2019 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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