Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Studie über Primark in Sri Lanka: Harte Arbeit für billige Mode
> Die Bedingungen in manchen Zulieferfabriken von Primark sind schlechter,
> als der Textildiscounter verspricht. Das belegt eine aktuelle Studie.
Bild: Viel einkaufen für wenig Geld geht nur, wenn andere viel arbeiten für w…
Berlin taz | Die Textilkette [1][Primark] ist ein Phänomen. Viele
Kleidungsstücke kosten fast nichts. Da gibt es „schwarze Kleider“ für 8
Euro oder „schwarz-beige Schlüpfschuhe“ für 6 Euro. Gleichzeitig erklärt
das Unternehmen mit Sitz im irischen Dublin: „Das Wohlergehen der
Arbeitskräfte ist uns wichtig. Wir erwarten gerechte Löhne und sichere
Arbeitsbedingungen.“ Dass niedrige Preise und hohe Sozialstandards nicht
unbedingt zusammenpassen, [2][zeigt nun eine neue Studie, die der taz
vorliegt]. Die fast ausschließlich weiblichen Arbeiterinnen in den Fabriken
von [3][Sri Lanka] erhalten demnach höchstens bei extrem langen
Arbeitszeiten ausreichend Lohn, um die Lebenshaltungskosten für Familien
decken zu können.
Die Studie im Auftrag der Christlichen Initiative Romero (CIR) in Münster
erscheint zum 50-jährigen Jubiläum der Eröffnung der ersten Primark-Filiale
in Irland. Untersucht wurden unter anderem die Arbeitsverhältnisse in
mehreren Fabriken, in denen das Unternehmen fertigen lässt.
Während der staatliche Mindestlohn für Frauen in Sri Lanka knapp 80 Euro
monatlich beträgt, bekommen die Arbeiterinnen in den Primark-Fabriken 100
oder 120 Euro. Allerdings liegen die durchschnittlichen
Lebenshaltungskosten für Familien in Sri Lanka nach staatlichen Erhebungen
bei rund 150 Euro monatlich, die gewerkschaftliche Organisation Asia Floor
Wage Campaign nennt fast 300 Euro.
So viel müssten die Primark-Arbeiterinnen also eigentlich verdienen, um
vernünftig leben zu können. „Ich würde diese Arbeit keinem empfehlen.
Unsere Löhne sind so niedrig, wir können nicht einmal genug Lebensmittel
kaufen“, berichtete eine der befragten Beschäftigten.
Wenn die Frauen trotzdem ausreichende Gehälter erzielen wollen, müssen sie
laut Studie sehr lange Arbeitszeiten in Kauf nehmen. Einige würden 60
Stunden pro Woche schuften, wobei die maximale Beschäftigungszeit
gesetzlich auf 57 Stunden beschränkt ist. Teilweise kommen auch bis zu 80
Stunden vor. „In keiner der untersuchten Fabriken wird der Verhaltenskodex
eingehalten, den Primark seinen Herstellern auferlegt“, sagte Isabell
Ullrich von der Christlichen Initiative Romero.
Unzureichende Bezahlung und zu lange Arbeitszeiten seien an der
Tagesordnung, weil in den Fabriken meist keine Gewerkschaften aktiv sind,
die die Interessen der Beschäftigten vertreten. Ein Unternehmenssprecher
räumte „eine kleine Anzahl von Problemen an drei Standorten“ ein. Diese
werde man angehen und die „Fortschritte überwachen“. Grundsätzlich seien
die Arbeitsbedingungen aber okay.
## Problemfall „schnelle Mode“
Ullrich macht für die Missstände unter anderem das Geschäftsmodell der
„schnellen Mode“ („fast fashion“) verantwortlich. Primark bringt teilwe…
im Wochenrhythmus neue Kleidungsstücke heraus, um seiner jungen Kundschaft
im schnellen Wechsel günstige Produkte anzubieten. Die entsprechenden
Aufträge müssen die Lieferanten kurzfristig abarbeiten. Überstunden am
Abend nach den regulären Schichten oder zusätzliche Einsätze an Wochenenden
sind dann nötig. „Durch ihr Einkaufsverhalten entsteht eine kurzfristige
und unstete Auftragslage in den Fabriken und hoher Zeit- und Preisdruck“,
schreiben die Kritiker*innen.
Interessanterweise ist der Billiganbieter Primark Mitglied im
Textilbündnis, das Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) initiierte.
Neben Unternehmen wie Adidas, KiK oder Otto arbeiten darin
Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und kritische Organisationen mit,
darunter die Kampagne für Saubere Kleidung, der die Christliche Initiative
Romero angehört. Unter dem Druck der Politik soll das Bündnis die Zustände
in den Produktionsländern verbessern. Auch die langfristige Durchsetzung
existenzsichernder Löhne gehört zu den Zielen. Von den versprochenen
Verbesserungen ist bei den Beschäftigten der Fabriken in Asien, Afrika und
Lateinamerika bisher allerdings fast nichts angekommen.
Primark ist auch Mitglied bei der Organisation Act, in der eine Gruppe
globaler Konzerne wie H&M und Inditex mit dem internationalen
Gewerkschaftsbund Industriall kooperiert. Ziel ist es, erstmals gemeinsame
Tarifverhandlungen in einem Produktionsland – Kambodscha – zu führen. Wenn
das funktioniert, könnten von diesem Mechanismus später auch die
Beschäftigten in Sri Lanka profitieren.
11 Jun 2019
## LINKS
[1] /Primark/!t5010983
[2] https://www.ci-romero.de/50-jahre-primark-kein-grund-zu-feiern/
[3] /Sri-Lanka/!t5024333
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Primark
Sri Lanka
Textilindustrie
Textil-Discounter
Ausbeutung
Arbeit
Fast Fashion
Sri Lanka
Textil-Bündnis
Sri Lanka
Menschenrechte
Tee
Mode
Arbeitsbedingungen
Textil-Bündnis
Fast Fashion
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden: Union-Busting bei Primark
Der hannoversche Modehändler versucht, den Betriebsratsvorsitzenden
loszuwerden – weil der im Homeoffice seinen privaten Laptop nutzte.
Parlamentswahl in Sri Lanka: Der Rajapaksa-Clan kann hoffen
Kein Weg führt vorbei am buddhistisch-nationalistischen Präsidenten
Gotabaya Rajapaksa und Bruder Mahinda Rajapaksa. Ihre Macht dürfte wachsen.
Frauenrechtlerin über NäherInnen: „Die Krise ist eine Chance“
Die Näherinnen in Indien und Bangladesch schuften für Kleidung, die wir
nicht brauchen. Jetzt ist der Moment, diese Praxis zu hinterfragen.
Präsidentschaftswahl in Sri Lanka: Manche nennen ihn Terminator
Gotabaya Rajapaksa wird Sri Lankas neuer Präsident. Er wird für seine
Vergangenheit als Verteidigungsminister sowohl gefürchtet als auch
gefeiert.
Arbeitsbedingungen bei Zulieferern: Gute Firmen, schlechte Firmen
Künftig müssen deutsche Unternehmen nachweisen, dass Lieferanten aus dem
Ausland Menschenrechte einhalten. Wie das kontrolliert wird, ist aber
unklar.
Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung: Teurer Tee, billige Arbeitskraft
Eine Studie kritisiert die Situation von Pflückerinnen in der indischen
Region Darjeeling. Firmen in Deutschland widersprechen den Vorwürfen.
Film über Mode: Als Mode noch politisch war
Krude Mode ist im Kapitalismus Kommerz, in der DDR war sie rebellisch.
Davon erzählt Marco Wilms' Dokumentarfilm „Ein Traum in Erdbeerfolie“.
Tchibo-Managerin über Textilbündnis: „Freiwilligkeit Einzelner reicht nicht…
Nanda Bergstein unterstützt den Gesetzentwurf für Sorgfaltspflichten von
Firmen. Beim staatlichen Textilsiegel „Grüner Knopf“ hat sie Bedenken.
Bezahlung in Bekleidungsfabriken: Textilhersteller zögern beim Tariflohn
In Kambodscha wollen Zulieferer deutscher Unternehmen zeigen, dass höhere
Löhne möglich sind. Doch nicht alle machen mit.
Giftige Stoffe in der Modeindustrie: Fast Fashion macht Detox
Die Textilindustrie gehört zu den Hauptverschmutzern von Trinkwasser. Aber
immer mehr Firmen verzichten auf giftige Chemikalien.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.