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# taz.de -- Tchibo-Managerin über Textilbündnis: „Freiwilligkeit Einzelner …
> Nanda Bergstein unterstützt den Gesetzentwurf für Sorgfaltspflichten von
> Firmen. Beim staatlichen Textilsiegel „Grüner Knopf“ hat sie Bedenken.
Bild: Die Baumwolle ist bio – aber wie sieht es mit den Rechten der Fabrikarb…
taz: Weniger giftige Chemikalien, besserer Brandschutz, höhere Löhne – seit
fünf Jahren will CSU-Entwicklungsminister Gerd Müller mit seinem
Textilbündnis [1][die Zustände bei den Zulieferern der Textilkonzerne
verbessern]. Ist bei den Arbeiterinnen und Arbeitern in Bangladesch,
Pakistan und anderen Ländern davon etwas angekommen?
Nanda Bergstein: Tchibo ist schon länger an dem Thema dran. Zusammen mit
anderen Firmen machen wir Fortschritte. Und es gibt zwei konkrete
Bündnisinitiativen, eine davon im indischen Bundesstaat Tamil Nadu. In 300
Textilfabriken und Spinnereien finden Trainings statt, damit Frauen und
Mädchen ihre Rechte durchsetzen, beispielsweise durch die Schaffung von
Beschwerdekomitees, deren Mitglieder geheim gewählt und danach durch das
Programm geschult werden. Das macht für die Beschäftigten einen echten
Unterschied.
Nur zwei Projekte in fünf Jahren – das klingt nach Theorie und
Beschäftigungstherapie.
Auch wir würden uns wünschen, dass mehr praktische Programme vor Ort
liefen. Aber zu wenig andere Mitgliedsfirmen ziehen mit.
Nun will Müller das neue, [2][staatliche Textilsiegel „Grüner Knopf“]
einführen. Kann das einen neuen Impuls geben?
Wir sind skeptisch, dass der Grüne Knopf allein schnell genug zu einer
Verbesserung der sozialen und ökologischen Bedingungen in den
Produktionsländern führt. Vielleicht kann er aber helfen, die Kundinnen und
Kunden mit auf den Weg zu nehmen. Wer das staatliche Siegel an einem
Kleidungsstück sieht, lässt sich möglicherweise eher zum Kauf nachhaltiger
Produkte animieren.
Warum bringt das Siegel keine [3][Fortschritte bei den Arbeitsbedingungen
in den Zulieferfabriken]?
Zertifikate halten nicht immer, was sie versprechen. Unternehmen können sie
erhalten, wenn sie beispielsweise erklären, die Gewerkschaftsfreiheit in
ihren Zulieferfabriken durchzusetzen. Tun sie das aber wirklich? Die
bescheinigten Standards entsprechen mitunter nicht der Realität. Tchibo
bemüht sich dagegen, zusammen mit dem internationalen Gewerkschaftsbund
IndustriAll, die Beschäftigten vor Ort zu stärken. Was ein Siegel wert ist,
hängt davon ab, ob es die Firmen ernst nehmen und was sie tun, um vor Ort
Dinge zu verändern.
Wird Tchibo beim Grünen Knopf mitmachen?
Wir können uns vorstellen, dass wir das Siegel bei den Kunden testen. Wenn
es in unserem Onlineshop als stärkerer Kaufanreiz wirkt als etwa das
Gots-Siegel für Biobaumwolle, wäre das ein Vorteil.
Tchibo unterstützt zwar Tarifverhandlungen in seinen Zulieferfabriken,
trotzdem bekommen viele Arbeiter*innen keine ausreichenden,
existenzsichernden Löhne. Warum?
Allein schaffen wir es nicht, die Bezahlung deutlich anzuheben. Deshalb
plädieren wir für flächendeckende Tarifverhandlungen in allen
Produktionsländern. Um das zu erreichen, kooperieren wir mit 20 weiteren
globalen Textilhändlern wie H&M, Inditex und Primark in der Organisation
ACT. Tchibo ist nicht der einzige Einkäufer in den Fabriken. Wenn wir
allein mehr zahlen, subventionieren wir nur die Wettbewerber, die nicht
mitziehen.
Bisher haben diese gemeinsamen Tarifverhandlungen mit den ACT-Firmen aber
noch nicht begonnen.
In Kambodscha bringen wir das erstmals auf den Weg. Es ist ein intensiver
Prozess. Der kambodschanische Arbeitgeberverband hat Sorge, dass unsere
Firmen nur 50 Prozent des Marktes repräsentieren und die anderen Einkäufer
die höheren Kosten nicht akzeptieren.
Auch einige Mitglieder des Textilbündnisses machen nicht mit.
Das muss sich ändern. Wir fordern Unterstützung. Daran wird sich zeigen, ob
das Textilbündnis mehr Wirkung für die Beschäftigten der Fabriken erzielen
kann als bisher.
Sie befürworten einen „systemischen Ansatz“. Nun hat Müllers Ministerium
ein Gesetz für Sorgfaltspflichten der Unternehmen entworfen. Was halten Sie
davon?
Wir begrüßen Regulierungen, die für alle Marktakteure in Europa gleiche
Bedingungen schaffen. Mit freiwilligen Initiativen einzelner Firmen allein
werden wir nicht schnell genug vorankommen. Damit die Regulierung sinnvoll
etwas in den Produktionsländern bewegt, brauchen wir in der Branche
gleichzeitig eine tiefere Diskussion darüber, welche Maßnahmen echte
Veränderungen bewirken.
Das Gesetz könnte auch Firmen verpflichten, dass diese Tarifverhandlungen
in ihren Zulieferfabriken, etwa in Kambodscha, ermöglichen müssen.
Ein verbindlicher Rahmen dafür würde der Umsetzung von ACT helfen.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil
(SPD) scheinen jedoch kein großes Interesse an dem Gesetz zu haben. Wird es
trotzdem irgendwann verabschiedet?
Ich hoffe es. Wir werben dafür. Staatliche Regulierung kann ein wichtiger
Schritt sein, um voranzukommen. Auch freie Marktwirtschaft braucht Regeln.
4 Apr 2019
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## AUTOREN
Hannes Koch
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