# taz.de -- Kommentar Julia Klöckner und Nestlé: Kuscheltier der Industrie | |
> Das Video der Verbraucherministerin mit einem Nestlé-Manager ist | |
> symptomatisch für ihre Politik: Ihr fehlt die Distanz zur | |
> Lebensmittelindustrie. | |
Bild: Julia Klöckner präsentiert Produkte | |
Bundesernährungsministerin Julia Klöckner ist das Kuscheltier der | |
Lebensmittelindustrie. Das hat die CDU-Politikerin gerade erst, deutlich | |
wie selten, in einem [1][Video] gezeigt, in dem sie mit einem | |
Nestlé-Manager posiert. Breit lächelnd berichtet sie, dass man sich „über | |
die Philosophie“ des weltgrößten Lebensmittelkonzerns unterhalten habe. Und | |
darüber, dass das Unternehmen Zucker, Salz und Fett in seinen | |
Fertigprodukten reduziere. Nestlé-Deutschland-Chef Marc-Aurel Boersch darf | |
außerdem seinen Arbeitgeber dafür loben, dass er „in den letzten Jahren“ | |
die kritischen Stoffe um etwa 10 Prozent gesenkt habe. Das Video wirkt | |
durch das Dauerlächeln und die fehlende Distanz der Ministerin wie ein | |
Werbevideo für Nestlé. | |
Das passt zu Klöckners Kuschelkurs gegenüber der Industrie. Statt | |
verbindliche Zielvorgaben zu machen, lässt sich die Ministerin mit | |
freiwilligen Selbstverpflichtungen abspeisen. Die sind zu lasch, zu langsam | |
und keiner kann garantieren, dass die Konzerne sie überhaupt einhalten. Der | |
Zuckergehalt von Erfrischungsgetränken für Kinder soll um lediglich 15 | |
Prozent sinken – und das erst bis 2025. Richtig wäre bei solchen | |
Zuckerbomben eine Reduktion um die Hälfte – und warum nicht schon im | |
kommenden Jahr? | |
Weil es [2][Nestlé und Konsorten] Geld kosten würde. Zucker ist ein | |
billiger Rohstoff, auf den die Industrie ihre Kundschaft leicht | |
konditionieren kann. Klöckner vertritt eben die Interessen der Unternehmen, | |
nicht der Verbraucher oder der Gesellschaft. Die aber leidet darunter, dass | |
[3][laut Robert Koch-Institut] 53 Prozent der Frauen und 62 Prozent der | |
Männer in Deutschland [4][übergewichtig sind]. Eine der Ursachen sind | |
Fertigprodukte mit viel verstecktem Zucker, Fett und somit Kalorien. | |
Solche Lebensmittel sollten viel deutlicher als ungesund gekennzeichnet | |
werden – zum Beispiel durch Ampelfarben. Klöckner aber lehnt das ab. | |
[5][Andere eindeutige Kennzeichnungsmodelle] verzögert sie. Sonst würde | |
Nestlé ja wirklich weniger solcher Produkten verkaufen und Umsatz | |
verlieren. | |
6 Jun 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/bmel/status/1135553266476040192 | |
[2] /Plastikverpackungen-fuer-Lebensmittel/!5583556 | |
[3] https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Themen/Uebergewicht_Adi… | |
[4] /Arzt-zu-kindlichem-Uebergewicht/!5594843 | |
[5] /Ernaehrungsqualitaet-auf-einen-Blick/!5592910 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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