# taz.de -- Kommentar Gewalteskalation im Sudan: Wem Menschenleben egal sind | |
> Wochenlang galt Karthum als Herz der Revolution. Nun geht das Militär | |
> gegen Demonstranten vor. Das könnte im Bürgerkrieg enden. | |
Bild: Sudan als Spielfeld für den Größenwahn von Diktatoren? Die Sudanesen h… | |
Die [1][Eskalation in Khartum] war abzusehen. Ob auf dem Tahrirplatz in | |
Kairo oder dem Perlenplatz in Bahrain im Jahr 2011 oder auch drei Jahre | |
später auf dem Maidan in Kiew – autoritäre Systeme halten es nie sehr lange | |
aus, wenn das Volk sich einen zentralen städtischen Raum in Besitz nimmt | |
und daraus einen Freiraum für eine neue Politik und eine neue Gesellschaft | |
macht. | |
Der Platz vor dem Militärhauptquartier in Sudans Hauptstadt war jetzt | |
immerhin fast zwei Monate lang das Herz der sudanesischen Revolution. | |
Solange dieses Happening unangetastet blieb, war die [2][Hoffnung auf einen | |
„neuen Sudan“] noch lebendig. | |
Nun machen die Gewaltherrscher, denen Menschenleben im Sudan schon immer | |
egal waren, Tabula rasa. Der Zeitpunkt ist symbolträchtig: Nach dem | |
Ramadan, wenn das Leben nach einem Monat nächtlichen Ausschweifens in | |
geordnete Bahnen zurückkehrt, soll auf den Straßen wieder Ordnung | |
herrschen. | |
Dass an vorderster Front gegen die Protestbewegung jetzt die [3][RSF-Miliz] | |
steht, an deren Händen das Blut aus dem Krieg in Darfur vor fünfzehn Jahren | |
klebt, ist ein ebenso deutliches Zeichen. Der brutalste Gewaltakteur Sudans | |
ergreift die Initiative – und erhebt damit zugleich einen klaren | |
Machtanspruch innerhalb des in rivalisierende Fraktionen gespaltenen | |
Militär- und Sicherheitsapparats. | |
Für Sudan brechen damit wohl düstere Zeiten an. Die Revolutionäre werden | |
nicht klein beigeben, die Generäle auch nicht. Schlimmstenfalls droht ein | |
Bürgerkrieg nach syrischem Muster, aber mit von Anfang an verworrenen | |
Fronten, da es kein allseits anerkanntes und geeintes staatliches | |
Machtzentrum mehr gibt. Und das wäre ein ideales Terrain für die Autokraten | |
in Kairo und Riad, Sisi und Salman. | |
Sie könnten in die Versuchung geraten, sich am Nil als regionale | |
Ordnungsmächte zu profilieren, nachdem ihre aktuellen Versuche in Libyen | |
und Jemen permanent schiefgehen. Sudan als Spielfeld für den Größenwahn | |
arabischer Diktatoren? Die Sudanesen hätten das Nachsehen. Aber sie galten | |
ja schon immer als Araber zweiter Klasse. | |
4 Jun 2019 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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