# taz.de -- Proteste im Sudan: Hametti wird zum starken Mann | |
> Der Vizepräsident des Militärrats stellte sich anfangs hinter die | |
> Demonstranten. Jetzt lösten seine Truppen die Proteste gewaltsam auf. | |
Bild: General Hametti bei einer Rede | |
NAIROBI taz | Mohamed Hamdan Dagolo ist der Haupterbe von 30 Jahren | |
Militärherrschaft im Sudan unter dem gestürzten Diktator Omar Hassan | |
al-Bashir. Der 43-Jährige, besser bekannt unter dem Spitznamen Hametti, ist | |
als Nummer zwei [1][des regierenden Militärrats der zweitmächtigste Mann in | |
Sudan]. Vielleicht sogar der Mächtigste hinter den Kulissen. Er ist das | |
Beispiel dafür, wie man mit wenig Schulbildung reich und furchterregend | |
werden kann. | |
Hametti entstammt einem kleinen arabischen Clan aus dem Nachbarland Tschad, | |
der in den 1980er-Jahren vor Krieg und Dürre nach Darfur im Westen des | |
Sudan floh. Die nichtarabische Volksgruppe der Fur nahm sie auf. Aber schon | |
wenig später kämpften sie um Wasserquellen und Land – ein Vorspiel für den | |
mörderischen Krieg des sudanesischen Regimes in Darfur, der Hamettis | |
Karriere begründete. | |
Hametti sagt von sich, dass er nach drei Jahren Grundschule keine Lust mehr | |
auf Unterricht hatte und beschloss, Kamelhändler zu werden. Als 2003 eine | |
Rebellion in Darfur gegen Sudans Regierung anfing, schloss er sich den | |
Janjaweed an. Diese arabische Reitermiliz griff im Regierungsauftrag Fur | |
und andere nicht arabisierte Völker in Darfur an. | |
Sudans Diktator Bashir bevorzugte es bei Rebellionen immer, nicht direkt | |
die Armee gegen eine Guerilla loszuschicken, sondern lokale Milizen | |
aufzustellen, die die Drecksarbeit machen. Die Janjaweed wüteten in Darfur | |
jahrelang. Sie ermordeten Männer und vergewaltigten tagelang Mädchen und | |
Frauen. Dörfer und Nahrungsspeicher wurden verbrannt, das Vieh gestohlen. | |
## Die Angst der EU vor Geflüchteten | |
Hametti entwickelte sich zum gefürchteten Kriegsherr mit unendlich viel | |
Blut an den Händen. Die Janjaweed gerieten außer Kontrolle. Bashir | |
versuchte, sie zu entwaffnen. Als das nicht gelang, wurde Hametti vor sechs | |
Jahren zum Kommandanten der Miliz befördert, die mittlerweile Rapid Support | |
Forces (RSF) hieß. | |
Unter Hametti exportierte die RSF ihre Gewalt in andere Teile des Sudan. Er | |
wurde Brigadegeneral und sorgte dafür, das die RSF die dritte Säule der | |
Streitkräfte wurde, neben Armee und Geheimdienst. 2016 wollte die EU, dass | |
Sudan den Strom von Flüchtlingen aus Ländern wie Eritrea nach Libyen und | |
Europa aufhält. | |
## Jetzt nennt Hametti die Proteste Chaos | |
Die RSF stoppte Migranten und zeigte sie im Fernsehen, um die EU zu | |
überzeugen, dass sie die Richtigen seien. Hametti drohte, Migranten wieder | |
durchzulassen, wenn er nicht bezahlt werde für die „harte Arbeit“. Er war | |
mittlerweile reich, weil er Darfurs Goldminen kontrolliert. | |
Hametti blieb Bashir lange treu, bis Anfang dieses Jahres die Proteste | |
gegen die Diktatur immer lauter wurden. Er gerierte sich als Beschützer der | |
Demonstranten und hielt dadurch seine Machtstellung, nachdem Bashir | |
gestürzt war. [2][Aber seit einiger Zeit nennt er die Proteste „Chaos“] – | |
und jetzt waren seine RSF-Truppen bei der gewaltsamen Auflösung der | |
Proteste an vorderster Front. | |
Es scheint, dass Hametti den Sturz Bashirs für sich ausgenutzt hat. Wird | |
sein nächster Schritt sein, die Macht komplett zu ergreifen? | |
5 Jun 2019 | |
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## AUTOREN | |
Ilona Eveleens | |
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